In der Antarktis ist Treibstoff teuer und muss von der Homebase der jeweiligen Betreiber um die halbe Welt transportiert werden. Einige Forschungsstationen betreiben schon heute Windkraft. Die belgische Station «Prinzess Elisabeth Antarctica» wird schon heute emissionsfrei betrieben.
Nun haben der niederländische Hersteller von Windkraftanlagen EWT und Antarctica New Zealand die Lieferung und Installation von drei DW54X-1MW-Turbinen mit 40 Metern Nabenhöhe auf Ross Island in der Antarktis vereinbart. Dabei handelt es sich um einen Ersatz durch leistungsfähigere Anlagen.
Zwei antarktische Forschungsstationen, die neuseeländische Scott Base und die McMurdo Station der Vereinigten Staaten, befinden sich auf Ross Island und sind nur wenige Meilen voneinander entfernt. Das Microgrid, das beide Stationen mit Strom versorgt, wird mit den Windkraftanlagen verbunden, die sich etwa in der Mitte zwischen ihnen auf Crater Hill befinden werden. Die Windturbinen sind Teil eines umfassenden Verbesserungsprogramms, das auch den Austausch von drei bestehenden 300-kW-Turbinen, ein riesiges Batterie-Energiespeichersystem (BESS), eine Aufrüstung des Hochspannungsnetzes und den Austausch der aktuellen Dieselgeneratoren der Scott Base umfasst.
Extreme Bedingungen
Das Wetter auf Ross Island ist wirklich schwierig. Die Jahresdurchschnittstemperatur des Standorts beträgt -19,5 °C, wobei die niedrigste jemals gemessene Temperatur bei -58,8 °C und die wärmste bei +4,5 °C lag.
Die Turbinen von EWT sind so geplant, dass bis zu Temperaturen von minus -40°C keine Unterbrüche des Betriebs zu befürchten seien. Die drei neuen hochmodernen Windkraftanlagen sollen zukünftig die Scott Base mit mehr als 90 % erneuerbarer Energie versorgen.
Aufgrund der extrem starken Windverhältnisse am Crater Hill ist der Standort mit der Windklasse IA mit hoher Luftdichte ausgewiesen. Antarctica New Zealand wird besser gerüstet sein, um diese Windbedingungen zu nutzen und den Anteil erneuerbarer Energien an ihrem gesamten (und steigenden) Energieverbrauch drastisch zu erhöhen, indem das Energiesystem der Insel modernisiert wird.
Frühling und Sommer
Ross Island ist nur im Frühjahr und Sommer von November bis März zugänglich. Für diejenigen, die Menschen und Waren von und zur Insel transportieren müssen, stellt dies erhebliche logistische Schwierigkeiten dar. Die Windkraftanlagen werden im Februar oder März 2024 mit einem gemieteten Schiff nach Ross Island geliefert, wo sie in einer Halle in der Nähe des Projektstandorts gelagert werden. Im November/Dezember 2024 wird die erste Windenergieanlage installiert, im Januar/Februar 2026 die beiden anderen. Um sicherzustellen, dass die Windenergieanlagen bei schlechtem Wetter sicher stehen, ist besondere Sorgfalt erforderlich.
Renovierung der Scott Base
Die EWT-Windkraftanlagen werden Bestandteil des umfassenden Renovierungsplans der Scott Base sein. Neue Einrichtungen, die in Neuseeland vorgefertigt wurden, werden nach Ross Island verlegt und anstelle aller derzeitigen Einrichtungen installiert. Die Fundamente für die Windkraftanlagen werden als sogenannte Spider-Frame-Fundamente vorgefertigt, eine Mischung aus einer grossen Stahlkonstruktion und vorgefertigten Betonblöcken, da es nicht möglich sein wird, die Fundamente auf dem Gelände zu betonieren.
Heiner Kubny, Polarjournal