Während die globale Erwärmung in der Arktis hauptsächlich das Meereis schwinden lässt, verlieren in der Antarktis vor allem die Eisschelfe an Masse. Ein Übersichtsartikel befasst sich mit der Frage, weshalb das antarktische Meereis anders auf die steigenden Temperaturen reagiert als das arktische.
Zwei Forscher der chinesischen Sun Yat-sen University nahmen sich 100 wissenschaftliche Studien vor, um zu klären, weshalb das Meereis in der Arktis viel schneller und ausgeprägter auf den Klimawandel reagiert als das in der Antarktis, das bislang relativ stabil geblieben ist. Ihre Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Ocean-Land-Atmosphere Research veröffentlicht.
«Die unterschiedlichen Reaktionen lassen sich mit den geografischen, klimatischen und meteorologischen Unterschieden zwischen den beiden Regionen erklären. Das arktische Meereis befindet sich in der Polarregion und ist von Land umgeben, während sich das Meereis in der Antarktis weit entfernt von der Polarregion außerhalb des Südpolarkreises befindet», sagt Mohammed Shokr, Erstautor der Studie.
In der Arktis macht sich der Klimawandel vor allem durch den Rückgang des Meereises bemerkbar. Die Ursachen dafür werden seit Jahrzehnten umfassend durch Beobachtungen und Modellierungen erforscht.
Hingegen führt die Erwärmung in der Antarktis vorrangig zum Abschmelzen der Eisschelfe und zu einem beschleunigten Kalben von Eisbergen, was ebenfalls mit immensem Aufwand wissenschaftlich erforscht wird. Das Verhalten des antarktischen Meereises erhält den Autoren zufolge wegen der geringeren wirtschaftlichen und ökologischen Bedeutung für den Menschen allerdings weniger wissenschaftliche Aufmerksamkeit.
Shokr und sein Kollege Yufang Ye, Co-Autor der Studie, betonen deshalb in ihrer Arbeit, wie wichtig es ist, den Einfluss der zunehmenden Anzahl und Dynamik von Eisbergen als Süßwasserquellen auf das antarktische Meereis zu untersuchen.
«Es wird erwartet, dass das arktische Meereis das jahreszeitliche Verhalten des antarktischen Meereises nachahmt, d. h. sich im Winter bildet und im Sommer fast vollständig verschwindet», so Ye.
In den früheren Studien stießen sie häufiger auf die Frage, weshalb das antarktische Meereis nicht in gleicher Weise auf den Klimawandel reagiert wie das arktische, dessen Fläche und Dicke abnimmt. Ihrer Ansicht nach ist dies möglicherweise nicht die richtige Frage. Vielmehr sollte man in zukünftigen Studien versuchen zu beantworten, warum sich das Verhalten des arktischen Meereises im Jahresverlauf dem des antarktischen annähert.
Julia Hager, PolarJournal