Südorkneys werden von Mückenlarven gedüngt | Polarjournal
Diese Larven stammen von einer Kriebelmückenart, die in der Lage ist, auf durchschnittlich 2°C kalten Böden zu leben. Bild: Chris Gilbert

Der Boden einer Insel unweit der antarktischen Halbinsel ist der Schauplatz einer grossen Veränderung. Eine vom Menschen eingeschleppte Insektenlarve produziert Mineralien, die für Pilze und fremde Pflanzen neuen Nährboden bilden.

Die kleine Insel Signy liegt im Süden der subantarktischen Südorkney-Inselgruppe. Dieses Stück Festland im Südlichen Ozean beherbergt eine Insektenart, die in Südgeorgien beheimatet ist und in den 1960er Jahren eingeschleppt wurde. Die Kriebelmücke Eretmoptera murphyi fliegt nicht, ist aber aktiv genug, um die Beschaffenheit des Bodens massiv zu verändern. Forschende entdeckten 2018 an Standorten, die sie besiedelte, dass das Gewicht aller Individuen der Art das Gewicht der einheimischen Gliedertiere überstieg. Die Menge an Kriebelmücken und ihren Larven war dabei zwischen zwei- fünfmal so gross wie diejenige der restlichen Arthopoden. Diesen Monat zeigt eine in Soil Biology and Biochemistry veröffentlichte Studie, dass die Larven die organische Substanz des Bodens derart schnell abbauen, dass die an die Forschungsstation der Insel angrenzenden Hänge eine ebenso hohe Stickstoffkonzentration aufweisen wie bei Robben- und Sturmvogelkolonien.

Hinter der Station des British Antarctic Survey in der Factory Cove haben Dr. Jesamine Bartlett vom Norwegian Institute for Nature und der Universität Birmingham und ihre Kolleginnen und Kollegen den Mineralgehalt der Hänge gemessen. „Die Böden in der Antarktis sind sehr nährstoffarm, weil die Geschwindigkeit, mit der organisches Material abgebaut wird, sehr gering ist“, erklärt Dr. Jesamine Bartlett gemäss der British Antarctic Survey. „Die Nährstoffe sind zwar vorhanden, aber es bedurfte erst dieser invasiven Art auf Signy Island, um sie freizusetzen. Sie ist [ce moucheron] eine bodenbildende Art, die mit den Regenwürmern in den Böden gemäßigter Regionen vergleichbar ist.“

Die Forschenden zählten bis zu 83 000 Larven der Krieblemückenart pro Quadratmeter. Eigentlich sind sie nur wenige Millimeter groß, beeinflussen aber ihre Umgebung im grossen Stil. Sie wurden in den 1960er Jahren von Forschenden eingeführt und haben sich mit den Stiefeln vor allem des Stationspersonals und Forschenden auf der ganzen Insel ausgebreitet. Weil die Larve durchaus in der Lage ist, dem Meerwasser für einige Zeit zu widerstehen, kann sie sich auf benachbarte Inseln ausbreiten.

Die Auswirkungen der kleinen Larven und Krieblmücken sind enorm: Im Boden benachteiligt diese Beschleunigung des Stickstoffkreislaufs Bakterien und mikroskopisch kleine Algen zugunsten von Pilzen. Dies könnte historische Holzbauten beeinträchtigen (siehe PolarJournal-Artikel zu diesem Thema), aber vor allem andere Bodentiere wie Springschwänze und Milben, die sich von Pilzen ernähren. Einerseits. könnte diese Düngung den einheimischen Pflanzen neue Räume bieten.

Das antarktische Gras Deschampsia antarctica ist eine kleine Gefäßpflanze, die unter anderem auf Signy beheimatet ist und sich bis zur antarktischen Halbinseln ausgebreitet hat. Bild: Lomvi2

Doch der immer häufiger verfügbare Stickstoff ist ein Segen für andere importierte Pflanzenarten, die invasiv werden könnten. Sie werden derzeit noch durch den Mangel an fruchtbarem Boden behindert. Dr. Peter Convey, Ökologe und Mitautor der Studie, stellt fest: „Diese Forschungsarbeit zeigt, dass ein sehr kleines Tier eine enorme Wirkung haben kann.“

Camille Lin, PolarJournal

Link zur Studie : Bartlett, J.C., Convey, P., Newsham, K.K., Hayward, S.A.L., 2023. Ecological consequences of a single introduced species to the Antarctic: terrestrial impacts of the invasive midge Eretmoptera murphyi on Signy Island. Soil Biology and Biochemistry 180, 108965. https://doi.org/10.1016/j.soilbio.2023.108965

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