Eisschmelze in der Arktis langsamer dank Montreal-Protokoll | Polarjournal
Meereis in der Arktis würde ohne die Umsetzung des Montreal-Protokolls schneller schmelzen. Foto: Julia Hager

Das 1987 verabschiedete Montrealer Protokoll zum Schutz der Ozonschicht hat bis heute einen sehr willkommenen Nebeneffekt: Die strenge Regulierung Ozon-abbauender Substanzen bremst auch die globale Erwärmung und verzögert so das Auftreten des ersten eisfreien Sommers in der Arktis um bis zu 15 Jahre.

Auf der Basis aktueller Vorhersagen wird der erste eisfreie Sommer in der Arktis im Jahr 2050 erwartet, was vor allem auf die zunehmende Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre zurückzuführen ist. Dass der Rückgang des arktischen Meereises nicht noch schneller voranschreitet, ist neuen Untersuchungen zufolge insbesondere dem Montreal-Protokoll zu verdanken, das 1989 in Kraft trat. Ohne die strenge Regulierung der Ozon-abbauenden Substanzen würde es den ersten eisfreien Sommer in der Arktis wahrscheinlich schon 15 Jahre früher geben, so eine kürzlich in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichte Studie.

«Der erste eisfreie arktische Sommer — wobei der Arktische Ozean praktisch frei von Meereis ist — wird ein wichtiger Meilenstein im Prozess des Klimawandels sein, und unsere Ergebnisse waren für uns eine Überraschung,» sagt Lorenzo Polvani, Professor für Geophysik und Erd- und Umweltwissenschaften an der Columbia University und Co-Autor der Studie. «Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Nutzen des Montrealer Protokolls für das Klima nicht in ferner Zukunft liegt: Das Protokoll verzögert das Schmelzen des arktischen Meereises in diesem Moment. Das ist es, was ein erfolgreiches Klimaabkommen ausmacht: Es bringt messbare Ergebnisse innerhalb weniger Jahrzehnte nach seiner Umsetzung.»

Im Jahr 2020 erreichte das Ozonloch über der Antarktis die größte Ausdehnung der letzten Jahre. Animation: DLR / BIRA / ESA

Als das Abkommen verabschiedet wurde, war noch kaum bekannt, welche Auswirkungen es auf den Klimawandel haben würde. Mittlerweile weiß man, dass neben Kohlendioxid und Methan noch andere starke Treibhausgase zur Erwärmung und somit zum Verlust des arktischen Meereises beitragen, vor allem die Ozon-abbauenden Substanzen (ODS, ozone-depleting substances). Dazu gehören unter anderem Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs und HFCKWs), Halone und Methylbromid. Deren atmosphärische Konzentrationen sanken nach der strengen Regulierung durch das Montrealer Protokoll ab Mitte der 1990er Jahre.

Lorenzo Polvani und Mark England, Senior Research Fellow an der University of Exeter und Hauptautor der Studie, interessierte besonders die Auswirkungen der ODS, da sie in der Atmosphäre viel seltener vorkommen als Kohlendioxid, aber zehntausendfach stärkere Treibhausgase sind. Der Vergleich von verschiedenen Klimamodell-Simulationen ergab, dass ohne das Abkommen die geschätzte globale mittlere Oberflächentemperatur im Jahr 2050 um etwa 0,5°C und die der arktischen Polkappe um fast 1°C höher sein würde.

«Dieser wichtige Beitrag zum Klimaschutz beruht ausschließlich auf dem geringeren Treibhauseffekt durch die regulierten ODS, während das Vorhandensein von zusätzlichem Ozon keine Rolle gespielt hat,» so England. «Obwohl ODS nicht so häufig vorkommen wie andere Treibhausgase wie Kohlendioxid, können sie einen echten Einfluss auf die globale Erwärmung haben. ODS haben besonders starke Auswirkungen in der Arktis, und sie waren eine wichtige Triebkraft für den arktischen Klimawandel in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine wichtige Ursache für den Klimawandel in der Arktis. Diese Auswirkungen zu stoppen war zwar nicht das Hauptziel des Montrealer Protokolls, aber es war ein fantastisches Nebenprodukt.»

Dank des Vertrags scheint sich die Ozonschicht zu erholen, allerdings deuten jüngste Untersuchungen auf einen leichten Anstieg der ODS-Konzentrationen zwischen 2010 und 2020 hin. England und Polvani betonen daher, dass es wichtig ist, ein Auge darauf zu haben.

Nach der Entdeckung des Ozonlochs über der Antarktis im Jahr 1985 erarbeiteten Länder auf der ganzen Welt mit dem Montreal-Protokoll einen Vertrag zum Schutz der Ozonschicht, die die Erde und alle Lebewesen vor der schädlichen UV-Strahlung schützt. Es ist das einzige globale Abkommen der Vereinten Nationen, das von allen Ländern der Welt ratifiziert wurde. ODS wurden zum Beispiel in Kühlschränken, Klimaanlagen, Feuerlöschern und Aerosolen verwendet.

Julia Hager, PolarJournal

Link zur Studie: Mark R. England, Lorenzo M. Polvani. The Montreal Protocol is delaying the occurrence of the first ice-free Arctic summer. Proceedings of the National Academy of Sciences, 2023; 120 (22) DOI: 10.1073/pnas.2211432120

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