Grönlands Flugverkehr steuert auf einen heissen Sommer | Polarjournal
Letztes Jahr weihte die grönländische Fluggesellschaft Air Greenland ihr neues Langstreckenflugzeug ein und man freute sich auf die Zukunft. Doch ein drohender Streik könnte die Maschine am Boden lassen. (Foto: Air Greenland)

Der Flugverkehr ist für Grönland essentiell, sowohl versorgungstechnisch wie auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Touristen und Einheimische sollen von besseren Services und Flugverbindungen und neuen Flughäfen profitieren. Doch nun zeichnen sich Schwierigkeiten am Horizont ab, die genau das Gegenteil darstellen und den Flugverkehr auf die grösste Insel der Welt ausbremsen könnte.

b dem 23. Juni 2023 könnte der Flugverkehr von und nach Grönland zum Stillstand kommen. Denn dann würden die Teile des Bodenpersonals, in erster Linie Mechaniker und Techniker, für mehr Lohn und bessere Bedingungen streiken anstatt die Maschine für die Transatlantikrouten zu warten. Diese Streikandrohung bestätigen sowohl die Fluggesellschaft wie auch die dänische Gewerkschaft Dansk Metal in entsprechenden Pressemitteilungen letzte Woche. Das wäre bereits die zweite Streikandrohung der Gewerkschaft nach letztem Jahr, auf die Ostertage hin die Arbeit niederzulegen, was am Ende aber durch die Einigung, sich in diesem Jahr zu treffen und die Löhne zu verhandeln, abgewendet worden war.

Die neue Streikandrohung folgt auf ein Lohnangebot der Fluggesellschaft, das man der Gewerkschaft vor einiger Zeit unterbreitet hatte. «In einer Zeit, in der die Inflation hoch ist und die Arbeitnehmer hart im Geldbeutel getroffen werden, müssen sich die Unternehmen, denen es gut geht, an die Tatsache gewöhnen, dass sie mehr zahlen müssen. Darum geht es im Grunde in diesem Konflikt», sagt Verhandlungsleiter Keld Bækkelund Hansen von Dansk Metal. Dagegen zeigt sich die Leitung von Air Greenland entsprechend verärgert über die erneute Drohung der Gewerkschaft. Mads Barlach Christensen, der Personalchef und Verhandlungsführer auf Seiten des Arbeitgebers erklärt in der Mitteilung: «Wir sprechen hier von einer Gruppe von Angestellten, die bereits guten Lohnbedingungen geniessen. Darüber hinaus haben wir eine sehr grosszügige Lohnerhöhung angeboten, die höher ist als was andere Berufsgruppen auf dem grönländischen Arbeitsmarkt erhalten.» Seiner Meinung nach sind die Forderungen der Gewerkschaft unrealistisch. «Ihre geforderten Lohnerhöhungen innerhalb eines Jahres entsprechen dem, was andere Berufsgruppen über 3 bis 4 Jahre erhalten haben.»

Der Streik wird nur die internationalen Flüge betreffen, aber genau zur sensibelsten Zeit, wenn das Tourismusgeschäft so richtig starten wird. Bild: Archiv

Die Mitarbeiter, die in den Streik treten werden, sind die Mechaniker und Techniker des neuen Airbus 330neo-800 «Tuukkaq», der die internationalen Routen bedient. «Wir wollen den Inlandsverkehr in Grönland nicht beeinträchtigen und haben deshalb nur einen Streik auf der transatlantischen Route angekündigt. Die grönländische Bevölkerung soll so wenig wie möglich betroffen sein», erklärt Keld Bækkelund Hansen. Das bedeutet, dass vor allem das lukrative Touristengeschäft vom Streik betroffen sein wird, da im Juni die Sommersaison so richtig Fahrt aufnehmen wird. Aber in den Augen von Air Greenland wird die Forderung der Gewerkschaft am Ende trotzdem auch auf die Menschen in Grönland zurückschlagen. «Es gibt nur eine Möglichkeit, die von Dansk Metal geforderte zusätzliche Lohnerhöhung durchzusetzen – und das sind die Ticketpreise, die die Kunden zu zahlen haben», erklärt Mads Christensen. Und zu diesen Kunden gehören auch diejenigen Personen, die jetzt für mehr Geld streiken wollen. Die verhärteten Fronten sollen nun vor einer Schlichtungsstelle wieder aufgeweicht werden und man wolle zu einer Einigung kommen, so beide Seiten.

Der geplante Flughafen von Grönlands Touristenmetropole Ilulissat soll nächstes Jahr direkt die Insel mit der Welt verbinden. Doch das Projekt kämpft an verschiedenen Fronten mit Problemen, was die Betreiberfirma, die staatliche Kalaallit Airports. Bild: Kalallit Airports

Nicht nur eine Streikandrohung erschüttert die Flugverkehrspolitik von Grönland. Auch eines der grossen Infrastrukturprojekte, der Bau des Flughafens Ilulissat, dürfte der Regierung Grönlands Sorgen bereiten. Denn an einem Treffen der Bertreibergruppe Kalaallit Airports wurde bekannt, dass der Bau massiv hinter dem Zeitplan liegt, der für das Prestigeprojekt aufgestellt worden ist. Ausserdem erwartet man ein ansteigendes Defizit von €20 Millionen im Jahr 2022 auf €32 Millionen in diesem Jahr. Für die Regierung in Nuuk klingeln die Alarmglocken und Regierungschef Muté B. Egede erklärte: «Als Besitzer hat die Gemeinde (Grönland, Anm. d. Red.) sehr viel in dieses Projekt investiert. Daher erwartet der Besitzer auch, dass das Projekt innerhalb der Fristen fertiggestellt wird, die von ihm für die Kapitalverteilung aufgestellt worden sind.»

Trotz der schlechten Nachrichten ist die Betreibergruppe immer noch optimistisch, dass die Fristen eingehalten werden. «Der Bau des Terminals und der Servicegebäude hat begonnen und macht rasche Fortschritte», schreibt Kalaallit Airports in einer Pressemitteilung. «Der Bau von Flughäfen in der Arktis ist nicht ohne Herausforderungen, aber die Projekte schreiten zügig voran, die Wirtschaftlichkeit sieht vernünftig aus und wir haben unseren ersten grossen Meilenstein erreicht. Alles in allem ist es ein zufriedenstellendes und solides Ergebnis, auf das wir stolz sind“, sagt der Vorstandsvorsitzende Kjeld Zacho Jørgensen. Geplant ist, dass Air Greenlands Flaggschiff «Tuukkaq» nächstes Jahr hier landen soll –  falls nicht wieder Streikandrohungen die Gemüter von Gewerkschaft und Fluggesellschaft aufheizen. Denn Hitze sieht Grönland schon genug.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Beitragsbild: Screenshot Youtube-Video Air Greenland

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