Norwegen hilft Russland bei medizinischem Notfall nahe Nordpol | Polarjournal
Die russische Driftstation «Severny Polyus» (dt. Nordpol) war zum Zeitpunkt des Notfalles rund 440 km vom Nordpol entfernt und Svalbard war die nächstgelegene Such- und Rettungsstelle. Von hier aus startete die Evakuierung. Bild: Arctic and Antarctic Research Institute

Politisch herrscht in der Arktis zwischen Russland und den sieben anderen arktischen Nationen Eiszeit. Doch zumindest, wenn es um Such- und Rettungsmissionen geht, schaffen es die Lager, ruhig und sachlich zusammenzuarbeiten, wie jetzt ein Fall gezeigt hat.

Am Dienstagnachmittag ging vom Joint Rescue Coordination Centre for Northern Norway (JRCC) die Meldung aus, dass eine medizinische Evakuierung von der russischen Driftstation Severny Polyus gestartet worden sei. Die Anfrage zur Evakuierung kam von den Seerettungsbehörde in Murmansk, die selbst über einen medizinischen Notfall auf der Plattform vom dortigen Arzt informiert worden war. Über die Art des Notfalles oder Angaben zur Person bestehen bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Angaben. Sicher ist, dass die Station zum Zeitpunkt des Notfalles rund 440 Kilometer vom Nordpol auf etwa 86° Nord lag und die nächstgelegene Rettungsstation Longyearbyen war.

Die Verwaltung auf Svalbard betreibt zwei Superpuma-Hubschrauber für Such- und Rettungsmissionen. Die speziell dafür ausgerüsteten Hubschrauber können dank einer Reichweite von etwa 860 Kilometer weit über dem arktischen Ozean operieren. Dank Treibstoffdepot am nördlichen Ende Svalbards kann dies noch erweitert werden. Bild: Sysselmester via Wikicommons

Das JRCC organisierte gemeinsam mit den Sysselmester in Longyearbyen die Evakuierung. Dazu nutzte man einen der beiden dort stationierten Superpuma-Hubschrauber, die für derartige Missionen ausgerüstet sind. Diese Grossraum-Hubschrauber weisen eine normale Reichweite von rund 860 Kilometer auf. Da die Severny Polyus aber rund 925 Kilometer von Longyearbyen entfernt im Eis liegt, musste der Hubschrauber eine Zwischenlandung im Norden von Svalbard, in der Vindbukta an der Küste, einlegen, um Treibstoff zu tanken. Damit konnte der Hubschrauber die Plattform nach rund 5 Stunden Flugzeit erreichen und die Person zurück nach Longyearbyen bringen, wo sie nach Angaben des JRCC am Mittwochmorgen um 2 Uhr Ortszeit wieder landeten. Die Evakuierung der Person so nahe am Nordpol dürfte für die JRCC und die Sysselmester ein Rekord bedeuten, wie ein Sprecher erklärt. Noch nie war ein Hubschrauber von Longyearbyen aus derart weit in den Norden geflogen.

Die Driftstation der Russen befindet sich auf ihrer Jungfernfahrt und betreibt verschiedene wissenschaftliche Studien in der Nähe des Nordpols. Geplant war eine einjährige Forschungsfahrt. Doch Gerüchten zufolge ist geplant, ein zweites Jahr anzuhängen. Bild: Roshydromet

Die Evakuierung der Person durch die norwegischen Behörden in Zusammenarbeit mit Russland stellt per se kein Novum dar. Zwischen den beiden Ländern besteht ein Kooperationsabkommen im Bereich Such- und Rettungsmissionen. In der Vergangenheit hatten die beiden Behörden in Bodø und Murmansk immer wieder solche Situationen geprobt und auch in der Realität umgesetzt. Doch das Verhältnis der beiden Staaten aufgrund des Angriffes Russlands auf die Ukraine ist ambivalent: Einerseits rasseln beide Seiten mit militärischen Übungen, Abfangaktionen und Sanktionen. Andererseits konnte Norwegen ohne Probleme den Vorsitz des Arktisrates von Russland übernehmen.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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