Wichtige Resultate und Erfolge beim Meeresschutz um Südgeorgien | Polarjournal
Wenn das kein Anlass ist, mit den Flippern zu schlagen: Die Population der Buckelwale rund um Südgeorgien hat sich soweit erholt, dass sie fast wieder auf dem Niveau wie vor der Walfang-Ära ist. (Foto: Julia Hager)

Für das Meeresschutzgebiet rund um Südgeorgien und die Südlichen Sandwichinseln steht wieder die 5-Jahres-Überprüfung an, die mit einem zweitägigen Wissenschaftssymposium begann. Dabei präsentierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einige wichtige Resultate und Erfolge aus den letzten fünf Jahren.

Etwa 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler trafen sich letzte Woche in Cambridge, Großbritannien, um die jüngsten Ergebnisse ihrer Forschungen im Meeresschutzgebiet um Südgeorgien und die Südlichen Sandwichinseln vorzustellen. Als Veranstalter des Symposiums fungierte die Regierung von Südgeorgien und den Südlichen Sandwichinseln (GSGSSI, Government of South Georgia and the South Sandwich Islands), die sich bei der Einrichtung des Schutzgebietes im Jahr 2012 dazu verpflichtet hat, die Schutzmaßnahmen im 5-Jahres-Rhythmus zu evaluieren. Forschung und Monitoring sind dabei integrale Bestandteile des effektiven Management des Meeresschutzgebietes.

Das diesjährige Symposium war darauf ausgerichtet, die seit der letzten Überprüfung hinzugewonnenen Forschungsergebnisse zu präsentieren, anhand derer die bestehenden Schutzmaßnahmen erneut bewertet werden sollen.

Das Meeresschutzgebiet um Südgeorgien und die Südlichen Sandwichinseln wurde im Jahr 2019 auf den gesamten Verwaltungsbereich (rot) ausgeweitet und umfasst jetzt eine Fläche von 1,2 Millionen Quadratkilometern, wovon 284’000 Quadratkilometer für die lukrative Fischerei komplett geschlossen sind (grün). Damit ist es das siebtgrößte aller Meeresschutzgebiete weltweit. Karte: British Antarctic Survey

Die Bandbreite der bearbeiteten Fragen war enorm und orientierte sich an den Wissenslücken, die bei der letzten Überprüfung identifiziert wurden. Die Beitragsthemen reichten von den Herausforderungen, die das Zählen hunderttausender Pinguine mit sich bringen, über die ersten Bilder von Tiefseebewohnern im Süd-Sandwich-Graben bis hin zu den Auswirkungen des Klimawandels und der menschlichen Präsenz im Schutzgebiet.

Dem Antarktischen Krill, der wichtigsten Art im Südlichen Ozean, widmeten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler besonders viel Aufmerksamkeit. Hinsichtlich seiner zentralen Stellung als Nahrungsgrundlage für 186 Arten von Wirbellosen, Fischen, Seevögeln und Meeressäugern sind die neuesten Erkenntnisse besorgniserregend. Simeon Hill vom British Antarctic Survey (BAS) zufolge beobachtet man das Auftreten sehr dichter Krillschwärme immer seltener. Auf diese sind jedoch Buckelwale und andere Bartenwale angewiesen. Ob die Populationszahlen des Krills abgenommen haben oder ob diese dichten Schwärme nur in andere Regionen gewandert sind, möchte man nun untersuchen. Dafür wäre vor allem ein Krill-Monitoring auch im Winter von entscheidender Bedeutung. Aufgrund der sich wegen des Klimawandels verändernden Umweltbedingungen geht Hill allerdings davon aus, dass sich die Qualität des Lebensraums für die bis zu sechs Zentimeter langen Krebstiere in diesem Jahrhundert verschlechtern wird. Die Auswirkungen für das restliche Nahrungsnetz wären sicher verheerend.

Unbekannter Südsandwicharchipel: Der östlichste Teil des britischen Überseegebietes SGSSI (im Bild Montague Island) ist noch weitgehend unerforscht. Insgesamt fünf Expeditionen haben aber etwas Licht in die Dunkelheit der Tiefsee gebracht. (Foto: Michael Wenger)

Ein weiterer Schwerpunkt galt den Südlichen Sandwichinseln, nachdem bei der letzten Überprüfung im Jahr 2018 festgestellt wurde, dass viel zu wenig über diesen Teil des Schutzgebiets bekannt ist. Seither steuerten fünf Forschungsexpeditionen den Archipel an, aus denen eine Fülle neuer Erkenntnisse und mehrere Publikationen hervorgingen, darunter die Spezialausgabe «South Sandwich Islands — an Understudied Isolated Archipelago» der Fachzeitschrift Deep-Sea Research II mit zehn Studien. Besonders bemerkenswert sind die ersten Aufnahmen der Fauna im Süd-Sandwich-Graben in Tiefen zwischen 6’000 und knapp 8’300 m. Für Heather Stewart und ihr Team vom BAS war dabei die Entdeckung einer bisher unbekannten Fischart einer der Höhepunkte. Weiter fingen sie mit der Kamera auch Flohkrebse, Schlangensterne, Seegurken, Schnecken, Schwämme und gestielte Seelilien ein.

Die zahlreichen verrostenden Anlagen der verschiedenen ehemaligen Walfangstationen auf Südgeorgien, wie hier in Grytviken, sind laut AWI-Forscherin Sabine Kasten eine ergiebige Quelle von Eisen, welches in den Ozean gelangt und das Wachstum des Phytoplanktons beeinflusst. (Foto: Julia Hager)

Das Symposium bot aber noch zahlreiche weitere Highlights an wissenschaftlichen Erkenntnissen:

  • Die Buckelwalpopulation hat sich seit dem Fangverbot regeneriert und beinahe wieder das  ursprüngliche Niveau erreicht.
  • Der Mikronährstoff Eisen gelangt von den zahlreichen verrostenden ehemaligen Walfanganlagen auf Südgeorgien in den Ozean und beeinflusst möglicherweise das Wachstum des Phytoplanktons.

Das Symposium schloss mit einem Ausblick der Forschenden auf die künftigen Vorhaben, die weitere Wissenslücken schließen sollen. Zum Beispiel sollen im Rahmen des Albatros-Aktionsplans die Gründe für den Populationsrückgang aller drei Albatrosarten (Wanderalbatros, Schwarzbrauenalbatros und Graukopfalbatros) im Schutzgebiet erforscht werden. Andere Forschungsteams planen, die Überwachung von Pinguinkolonien mittels Technologien wie Drohnen, Satelliten, Infrarotkameras und künstlicher Intelligenz zu verbessern. Schließlich startet in diesen Tagen ein Projekt zur Erforschung der Auswirkungen des Klimawandels auf eine für Südgeorgien und dessen Verwaltung wichtigste Art, den Antarktisdorsch. Denn er bildet eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Verwaltung des Archipels und damit auch die Zukunft für dessen Schutz.

Julia Hager, PolarJournal

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