Für einige Pinguinarten bilden die riesigen Krillschwärme im Südlichen Ozean die Lebensgrundlage. Besonders für die auffälligen Goldschopfpinguine die auf den subantarktischen Inseln leben und brüten, sind die kleinen Krebse die Hauptnahrung, egal in welchem Lebensabschnitt. Eine Studie zweier französischer Forscher hat nun gezeigt, welche Distanzen schon kaum flügge gewordene Goldschopfpinguine zurücklegen, um an die energiereiche Nahrung zu kommen.
Von den im Indischen Ozean liegenden Kerguelen-Inseln bis fast zur Küste Antarktikas ist es ein weiter Weg. Doch junge Goldschopfpinguine, die durch ihre auffälligen gelben Federn am Kopf auch als Macaronis bekannt sind, nehmen diese Reise gleich im ersten Jahr auf sich und schwimmen durchschnittlich rund 2’500 Kilometer weit hin zur sommerlichen Packeisgrenze vor der Küste. Dazu benötigen die Tiere auch nur gerade mal etwa 2 Monate und wandern wahrscheinlich weiter als die erwachsenen Vögel. Das haben Jean-Baptiste Thiebot und Charles-André Bost nach der Auswertung von Satellitendaten als Ergebnis erhalten und nun bei der Fachzeitschrift Marine Biology zur Begutachtung eingereicht.
Für ihre Studie hatten die beiden Forscher zehn Macaroni-Küken mit solarbetriebenen Sendern versehen, die den Aufenthaltsort via ARGOS-Satellitensystem übermittelten. Von den zehn Sendern lieferten neun genügend Daten über einen Zeitraum von mehreren Monaten und erlaubten es den beiden Forschern, die Routen genau aufzuzeichnen. Dabei zeigte sich, dass die jungen Vögel erst am Rand des Kerguelen-Plateaus, einer bis auf knapp 200 Meter aufsteigende Erhebung im Indischen Ozean, bleiben und erst danach innert rund 2 Monaten von der Antarktische Konvergenzzone hin zum Packeisrand in Ostantarktika schwimmen. Diese erreichen sie zwischen Mitte April und Anfang Mai. Was danach geschieht, ist aber noch unbekannt.
Ein Vergleich mit Beobachtungen und Aufzeichnungen sowohl von Schiffen aus wie auch von Stationen in der Ostantarktis zeigen, dass die Tiere aber wohl länger in einem Gebiet, das als «Drygalski-Gebiet» bekannt ist, bleiben und dass es sich nicht um Ausreisser handelt, sondern die Jungvögel wohl sehr gezielt die Region aufsuchen. «In Anbetracht der geschätzten Populationsgrösse von 1,8 Millionen Goldschopfpinguinpaaren auf den Kerguelen dürften sich Hunderttausende von Jungvögeln saisonal in diesem Gebiet verteilen», schreiben die beiden Autoren.
Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass Macaronis eigentlich keine eisliebenden Pinguine sind. Studien mit erwachsenen Tieren haben gezeigt, dass die Pinguine als Erwachsene das Meereis meiden. Tiere auf Südgeorgien wandern nach dem Brutgeschäft nach Norden und die Tiere auf den Kerguelen wandern erst an den Plateaurand, bevor sie zur Mauser zurück zum Archipel schwimmen. Dabei schlagen sie wohl dieselbe Richtung ein, wie die gerade flügge gewordenen Jungvögel, erklären die Autoren. Doch danach ziehen letztere alleine in Richtung Süden, ohne Führung durch erwachsene Tiere. «Dieses Element deutet stark auf die angeborene Eigenschaft dieser eisgebundenen Ausbreitung bei jungen Macaronis hin», schreiben Thibot und Bost weiter.
Leben am Packeisrand hat zwar den Vorteil eines reichgedeckten Tisches für die Vögel, birgt aber auch hohe Kosten. Vor allem im Bereich der Thermoregulation dürften für die jungen Vögel die Energiekosten, den Körper warm zu halten, sehr hoch sein. Doch das grosse Nahrungsangebot der Packeisrandzone wiegen diese Kosten wohl problemlos auf, da die Tiere hier nicht so tief tauchen müssen wie im Bereich der Kerguelen, und die Eisschollen bieten ideale Plattformen zwischen den Tauchgängen, argumentieren die beiden Forscher. Ausserdem dürfte die Konkurrenz mit erwachsenen Tieren um die Nahrungsressourcen wegfallen, was ein entscheidender Vorteil für das weitere Wachstum sein dürfte.
Obwohl Goldschopfpinguinen die häufigste Pinguinart ist und mit rund 12 Millionen Tieren eine gewaltige Masse darstellt, warnen die beiden Forscher vor einem möglichen Rückgang. Denn Krill steht nicht nur durch den Klimawandel unter Druck. Die kleinen Krebse sollen auch vermehrt gefangen und verarbeitet werden, unter anderem auch im Bereich der Ostantarktis. In der Drygalski-Region sollte auch eines der Schutzgebiete eingerichtet werden, die bei der letzten CCAMLR-Sitzung vor einigen Tagen, aber abgelehnt worden sind. Die Resultate der Studie zeigen, dass sich die jungen Macaronis nur teilweise in diesen Regionen aufhalten und so in Gefahr laufen, Opfer der Krillfischerei zu werden. «Jungvögel sind auch durch unregulierte menschliche Aktivitäten gefährdet, die in Gebieten ausserhalb der national Jurisdiktionen und außerhalb des Geltungsbereichs der CCAMLR durchgeführt werden oder entstehen können», schreiben die Autoren.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal
Link zur Studie: Thibot & Bost (2023) Mar Biol (under Review) Exploitation of distant Antarctic habitats by juvenile macaroni penguins: conservation implications