Erebus und Terror segeln wieder im Südlichen Ozean dank zwei Brüdern | Polarjournal
Das Bruderpaar Ollie (l) und Harry (r) Ferguson und die von ihnen gebauten Replikas der berühmten Schiffe «Erebus» und «Terror», mit denen James Clark Ross zwischen 1839 und 1843 den Südlichen Ozean bereiste. Das werden die Nachbildungen nun auch tun. Bild: MacNeill Ferguson

Die Geschichten rund um die frühen Polarforscher wie James Weddell und James Clark Ross beflügeln auch heute noch die Fantasie von Menschen. Die beiden Brüder Ollie (13) und Harry (11) Ferguson aus Schottland gehören auf jeden Fall dazu, denn die beiden haben in einem eigenen Projekt die legendären Schiffe von Ross wiederaufleben lassen und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.

Rund 20’000 Kilometer rund um die Antarktis segeln und dabei ozeanographische Daten sammeln, die der Wissenschaft zur Verfügung gestellt werden wird, hört sich nach einem Projekt an, das heutzutage oft unternommen wird. Doch «Projekt Erebus» ist ganz anders: die beiden Schiffe, die bereits auf die Reise geschickt wurden, sind nur gerade einen Meter lang und wiegen rund 25 Kilogramm, bestehen aus Ulmenholz und sind sehr genaue Nachbildungen von zwei der berühmtesten Schiffe der Polarforschung, der HMS Erebus und HMS Terror. Was das Ganze noch bemerkenswerter macht, ist die Tatsache, dass die Köpfe und Hände hinter dem Projekt der 13-jährige Ollie und der 11-jährige Harry Ferguson sind.

Die beiden Jungen aus dem schottischen Turriff, rund 50 Kilometer nordwestlich von Aberdeen gelegen, waren begeistert von der Ross-Expedition in Antarktika. Daraus entstand der Plan, die beiden legendären Schiffe wiederauferstehen zu lassen und sie noch einmal auf die Reise rund um Antarktika zu schicken. Dabei sollten sie aber nicht einfach nur aussehen wie die beiden Schiffe und im Ozean treiben, sondern wie einst das Original, im Dienst der Wissenschaft stehen und Daten auf ihrer Reise aufnehmen. Also sammelten die beiden jungen Abenteurer alle möglichen Informationen zu den beiden Schiffen und setzten ihren Plan um.

Die Schiffsrümpfe wurde aus einer 192 Jahre alten Ulme gefertigt, demselben Material wie die Originalschiffe. «Von Beginn des Baus an haben wir mit Originalmaterialien gearbeitet und nur dort Kompromisse gemacht, wo es notwendig war», erklären die beiden. «Mit der Hilfe von Freunden und großzügigen Handwerkern haben wir eine Sperrholzschablone aus den originalen Admiralitätszeichnungen von 1839 erstellt, um die Rümpfe auszuschneiden und dann zu formen.» Sogar an die Takelage wurde beim Bau gedacht, musste aber wieder entfernt werden, da sie die Bedingungen im Südlichen Ozean kaum überstehen würde. Auch an den Schutz des Rumpfes vor Bewuchs während der langen Reise wurde gedacht und mittels einer Kupfer-/Harz-Lackierung gelöst, um umweltschädliche Chemikalien zu vermeiden. Zur Stabilisierung der Schiffe im Wasser, wurde ein Ballastsystem und ein kreuzförmiger Kiel entwickelt.

Für den technischen Teil der Idee, nämlich das Nachverfolgen der beiden Schiffe und das Sammeln von ozeanographischen Daten im Verlauf der Reise, nahmen die Fergusons Kontakt mit der Firma Icoteq auf, die spezialisiert sind auf kabellose Übermittlungstechnologien. «Nachdem wir die Hintergründe zu den Abenteuern der Jungen gehört hatten, waren wir begeistert, ihnen zu helfen, indem wir die Tracking-Geräte kostenlos entwickelten», erklärt Craig Rackstraw von Icoteq. «Wir entwickelten ein massgeschneidertes Ortungs- und Datenüberwachungsgerät, das einen GPS-Empfänger, Luft- und Meerestemperatursonden, eine pH-Sonde zur Messung des Säuregehalts im Meer und eine nach vorne gerichtete Kamera enthält. Die Position und die wissenschaftlichen Daten werden über eine ARGOS-Satellitenverbindung an uns zurückgesendet.»

Die Hauptprobleme waren einerseits der Energieverbrauch, bzw. die Versorgung, andererseits die Robustheit des Systems. Das Expertenteam der Firma fand jedoch auch dafür eine Lösung und entwickelte eine Batterie, die bis zu sechs Jahre lang Energie liefern dürfte. Gleichzeitig fand sich auch eine Lösung für die Datenübermittlung. «Wir zerlegen jedes Bild und senden es Pixel für Pixel mit jeder Satellitenübertragung.  Wenn die Pixel empfangen werden, werden sie wieder zu einem endgültigen Bild zusammengesetzt, das über einen Zeitraum von mehreren Wochen aufgebaut wird,» erklärt Craig Rackstraw.

Ein grosser Moment, als die beiden Schiffe endlich ihrer Bestimmung folgten und ausgesetzt worden sind. Mittlerweile haben sie mehr als 100 Kilometer zurückgelegt. Auf der Projektseite kann der Fortschritt live nachverfolgt werden. Video: Pharos

Nach zwei Jahren Planung, Bau und Probefahrten war es endlich soweit, die Schiffsmodelle konnten auf die Reise geschickt werden. Mit der Hilfe von Freunden wurden die Modelle via Falklandinseln auf das Patrouillenschiff Pharos   gebracht und am 11. Juli rund 300 Kilometer westlich von Südgeorgien ausgesetzt. «Es ist ein großartiges Gefühl, wir haben zwei Jahre lang versucht, es zu erreichen, und jetzt haben wir es endlich geschafft, und es fühlt sich großartig an», meint Harry Ferguson gegenüber britischen Medien.

Unterstützt bei ihrem Abenteuer werden sie von ihrem Vater, MacNeill Ferguson, einem Ökologen, Buchautor und Lehrspezialisten. Er half ihnen, die Expertinnen und Experten zu kontaktieren, half mit seiner Umweltexpertise selbst bei der Entwicklung und fördert den Abenteuergeist der beiden seit je her. « Dies war bei weitem das aufwändigste und schwierigste Abenteuer, das wir je zu bestehen hatten», sagt er. «Es ist einfach eine Freude zu sehen, wie die Jungen lernen, diese Boote zu konstruieren, zu bauen und zu testen, und wie sie verstehen, wie all diese Dinge funktionieren.» für Ollie und Harry ist die Tatsache, dass sie auch der Forschung helfen werden, ein wichtiger Aspekt: «Wir sind daran interessiert, Daten über den Klimawandel zu sammeln und auch zu sehen, was mit den Booten und dem Endergebnis passiert, und – obwohl die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist – ob wir sie jemals wiedersehen werden.» 

Wir von PolarJournal drücken die Daumen, dass die beiden Nachbauten eher den Fussstapfen von James Clark Ross folgen werden  und heil ihre Mission beenden werden statt dem Schicksal von Sir John Franklin folgen, unter dessen Kommando die Erebus und die Terror ein eisiges Grab in der kanadischen Arktis fanden.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Link zur Projektseite von Icoteq

Link zur Facebookseite von Ollie und Harry

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