Seit Anfang dieses Monats wurden täglich dutzende tote Magellanpinguine an Uruguays Stränden gefunden. Man geht davon aus, dass insgesamt bis zu 2.000 Tiere angespült werden könnten. Nachdem die Vogelgrippe als Ursache ausgeschlossen werden konnte, machen Umweltgruppierungen und Expertenteams den Klimawandel und die Überfischung für den Tod der Tiere verantwortlich.
Die in Uruguay ansässige Nichtregierungsorganisation SOS Rescate Fauna Marina berichtete Mitte Juli von mehr als 100 Magellanpinguinen, die tot an Stränden zwischen Montevideo und Aguas Dulces gefunden wurden. Seither werden täglich dutzende weitere tote Pinguine sowie in geringerem Ausmaß auch andere Tiere wie Fische, Meeresschildkröten und Vögel an dem etwa 250 Kilometer langen Küstenabschnitt angespült. Bis Ende letzter Woche wurden etwa 1.300 tote Pinguine registriert und man rechnet mit insgesamt bis zu 2.000 Pinguinen.
Carmen Leizagoyen zufolge, Leiterin der Abteilung für Fauna im Umweltministerium von Uruguay, handelt es sich hauptsächlich um Jungtiere, die im Südatlantik starben und von Strömungen an die Küste Uruguays getragen wurden.
Angesichts der weltweit grassierenden Vogelgrippe war man anfangs besorgt, dass das hochansteckende H5N1-Virus für das massenhafte Sterben verantwortlich sein könnte. Kein einziger der toten Pinguine wurde jedoch positiv getestet.
Die Tiere wurden in einem sehr geschwächten und abgemagerten Zustand aufgefunden und zeigten Zeichen von Unterernährung. Bei Autopsien einiger Tiere wurde deutlich, dass sie keine Nahrung mehr aufgenommen hatten — ihre Mägen waren leer.
Richard Tesore, Leiter von SOS Rescate Fauna Marina, ist sich sicher, dass die Ursache für die große Zahl verendeter Pinguine nicht natürlich ist, sondern vielmehr bei der Übernutzung der Ressourcen und dem Klimawandel zu suchen ist, sagt er gegenüber der News-Plattform «El Observador». Dies habe zu einem Nahrungsmangel geführt. Einige der Tiere zeigten zudem Verletzungen durch Plastik, das im Meer treibt.
Gerardo Evia, Leiter der Nationalen Direktion für Biodiversität und Ökosystemleistungen (Dinabise), teilt diese Ansicht nicht. Gegenüber «El Observador» räumt er zwar ein, dass die Überfischung, der Klimawandel und die Verschmutzung mit Plastik zu Problemen führen und die Ressourcen der Pinguine beschränken können, aber das aktuelle Ereignis nicht dadurch verursacht wurde. Dennoch gebe es eine «gewisse Unsicherheit», da die Informationen unvollständig sind, zum Beispiel über die Population der Sardellen, die schon lange nicht mehr von uruguayischen Fischern gefischt werden.
Dabei sind die produktiven Gewässer über dem patagonischen Schelf im Südwest-Atlantik mit ihren einzigartigen Ökosystemen Ziel großer Fischereiflotten, vor allem aus China, Korea, Taiwan und Spanien. Eigentlich wäre in diesem als «Blue Hole» bekannten Hotspot genug für alle da — für Fischer und für Pinguine, Robben und Wale — wenn die Fischerei vollumfänglich überwacht werden würde. Die Region gehört allerdings zu den wenigen internationalen Gewässern, in denen die meisten Fischereien nicht von einer regionalen Fischereiorganisation reguliert werden. Laut eines Berichts von Greenpeace Andino operiert die Fischereiindustrie fernab von jeglicher Kontrolle, was diesen besonderen Ort und die von ihm abhängigen Arten gefährdet.
Die Fangflotten sind hauptsächlich auf die lukrativen Antarktisdorsche, Seehechte und Tintenfische aus, die zum Teil mit zerstörerischen Grundschleppnetzen gefangen werden. Auch zehntausende Tonnen Sardellen werden pro Jahr allein vor Argentinien gefischt. Tintenfische und Sardellen gehören aber ebenfalls zu den Beutetieren von Magellanpinguinen. Aufgrund der unregulierten und teilweise illegalen Fischerei könnte ihre Nahrung darum knapp werden.
Magellanpinguine gehören (noch) nicht zu den gefährdeten Arten und die weltweite Population wird auf 2,2 bis 3,2 Millionen erwachsene Tiere geschätzt. Aber auch sie bekommen die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren und der Bruterfolg ist in mehreren Kolonien stark rückläufig. Sie brüten im südlichen Sommer in großen Kolonien entlang der Küste Patagoniens und auf den Falklandinseln. Etwa im März, nach der Brutsaison, ziehen die Pinguine in Richtung Norden, um in den Gewässern vor Peru und Brasilien auf Nahrungssuche zu gehen.
Die aktuelle hohe Sterblichkeit könnte laut Evia auch im Zusammenhang mit einem sehr starken Sturm über dem Südatlantik stehen, der den bereits geschwächten Tieren zum Verhängnis wurde. Bis zu einem gewissen Grad sei der Tod hunderter Pinguine normal, so Evia. In der Vergangenheit kam es mehrfach vor, dass eine größere Zahl an Jungpinguinen die Reise nicht überlebte und ihre Überreste angespült wurden.
Julia Hager, PolarJournal