Mikroplastik im Bauch von Pinguinküken | Polarjournal
Eselspinguine auf King George Island füttern ihre Jungen vor allem mit Antarktischem Krill, der ebenfalls Mikroplastik mit seiner Nahrung aufnimmt. So werden die Partikel von der Basis des Nahrungsnetzes bis zu den großen Raubtieren an der Spitze weitergereicht. Foto: Julia Hager

Noch keine vier Wochen auf der Welt, haben Eselspinguinküken bereits eine enorme Menge an Mikroplastik in ihrem Verdauungstrakt, insbesondere Polyethylen, wie eine Studie zeigt. Die hohe Anzahl an Partikeln — durchschnittlich 27 pro Küken — überraschte selbst das koreanische Forschungsteam.

Während Eselspinguine viel Energie in die Aufzucht ihrer Küken investieren, um ihnen einen guten Start ins Leben zu ermöglichen, geben sie ihnen unwissentlich, möglicherweise sogar mit jeder Krillmahlzeit, auch eine Portion Mikroplastik mit. 

Das Forschungsteam, bestehend aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Seoul National University und des Korea Institute of Analytical Science and Technology, untersuchte die Kadaver von 14 Eselspinguinküken, die es im Süd-Sommer 2018/2019 in der Kolonie bei Narebski Point auf King George Island der Südlichen Shetlandinseln sammelte. Im Labor untersuchten sie jeweils den gesamten Verdauungstrakt auf Mikroplastikteilchen (Plastik zwischen 1 Mikrometer und 5 Millimetern Größe) und fanden durchschnittlich 27 Partikel pro Küken, in einem der Küken sogar 81 Teilchen.

Ihre kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Scientific Reports erschienene Studie zeigt, dass die Anzahl der im Verdauungstrakt verbleibenden Mikroplastikpartikel deutlich höher ist, als frühere Studien anhand der Analyse von Kotproben vermuten ließen.

Das Forschungsteam sammelte die Kadaver der Pinguinküken in der Kolonie bei Narebski Point auf King George Island, die zu den Südlichen Shetlandinseln nördlich der Antarktischen Halbinsel gehört. Entlang der Küste wurde einige Jahre zuvor mehrfach das Müllaufkommen entlang der Küste dokumentiert (blaue Linie). Die roten Schattierungen zeigen die Dichte des angespülten Mülls. Karte: Kim et al. 2023

Eselspinguine füttern ihre Jungen bis zu einem Alter von etwa 100 Tagen. Doch die vom Forschungsteam untersuchten Küken waren lediglich zwischen 12 und 26 Tagen alt. Die Anzahl an Mikroplastikteilchen setzt das Team jedoch nicht mit dem Alter der Küken in Zusammenhang: Die Forschenden fanden zum Beispiel in einem nur 16 Tage alten Küken 42 Partikel, während ein 25 Tage altes Jungtier neun Partikel in seinem Verdauungstrakt aufwies. Am häufigsten fanden sie Fragmente aus Polyethylen und 94 Prozent der Partikel hatten eine Größe von weniger als 300 Mikrometer.

Im Gegensatz dazu berichteten frühere Studien, die Kotproben analysiert hatten, von größeren Partikeln. Die Autorinnen und Autoren der aktuellen Studie vermuten daher, dass vor allem die größeren Teilchen wieder ausgeschieden werden, während die kleineren und leichteren möglicherweise an der Darmschleimhaut und den Oberflächenstrukturen des Magen-Darm-Trakts haften bleiben.

Die Forschenden versuchten auch, die Quellen der Verschmutzung mit Mikroplastik zu identifizieren, indem sie ihre Ergebnisse mit Daten von der Erfassung des Müllaufkommens an Stränden nahe der Pinguinkolonie kombinierten. Bei diesen Überprüfungen, die allerdings bereits in den Jahren 2013/2014 und 2014/2015 stattgefunden hatten, registrierte das Team entlang einer Strecke von etwa sieben Kilometern 151 angespülte Müllteile, davon knapp 80 Prozent Plastik: Fragmente, Leinen, Styropor, Schaumstoffisolierungen und anderes. Über deren Herkunft können sie zwar nur spekulieren,vermuten aber, dass der Eintrag von nahegelegenen Stationen und Schiffen (Fischerei, Tourismus) stammt oder von Strömungen in die Region transportiert wurde. 

Auch wenn diese Daten über den angespülten Müll bereits zehn Jahre alt sind, zeigen sie doch, dass die Gewässer vor King George Island, in denen die Pinguine auf Nahrungssuche gehen, mit (Mikro-)Plastik verschmutzt sein dürften. Dies dürfte die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass erwachsene Eselspinguine belasteten Krill fangen und an ihre Küken verfüttern. In früheren Studien wurde bereits belegt, dass Krill ebenfalls Mikroplastik aufnimmt. 

Welche Auswirkungen die Aufnahme und der Verbleib von Mikroplastikteilchen im Körper für die Pinguine und andere Arten an der Spitze des Nahrungsnetzes hat, ist noch immer nicht ausreichend geklärt. Neben physiologischen Problemen, Entzündungen oder inneren Verletzungen können auch die am Plastik haftenden Schadstoffe negative Effekte auf den Organismus haben.

In jedem Fall ist mehr Forschung nötig und das Autorenteam ruft darüber hinaus dazu auf, die Anstrengungen zur Reduzierung der Plastikverschmutzung in der Antarktis zu verstärken.

Julia Hager, PolarJournal

Link zur Studie: Kim, Y., Kim, H., Jeong, MS. et al. Microplastics in gastrointestinal tracts of gentoo penguin (Pygoscelis papua) chicks on King George Island, Antarctica. Sci Rep 13, 13016 (2023). https://doi.org/10.1038/s41598-023-39844-6

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