Mehr Geld für Grönland aus dem Kreuzfahrtentourismus | Polarjournal
Pro Passagier von grossen Kreuzfahrtschiffen wird die Steuer um DKK50 (rund 7 Euro) erhöht. Das scheint nicht viel, spült aber Millionenbeträge pro Jahr in Grönlands Kasse durch das boomende Tourismusgeschäft. Kleinere Schiffe (wie im Symbolbild) sollen davon ausgenommen werden. Archivbild: Michael Wenger

Der zunehmende Kreuzfahrtentourismus in Grönland ist schon seit längerem Diskussionsthema sowohl in der Bevölkerung wie auch in der grönländischen Politik. Vor allem der Umgang mit dem Mehraufwand, den die steigenden Zahlen von Passagieren und Hafenanläufen verursachen, steht ganz oben auf der Themenliste. Der soll finanziell abgegolten werden, in dem die Kreuzfahrtenbetreiber höhere Abgaben pro Passagier und für die Infrastrukturnutzungen bezahlen sollen, und zwar schon ab nächstem Jahr.

Einen Aufschlag um 50 dänische Kronen (rund 7 Euro) pro Passagier und eine Verdoppelung der Hafensteuer für grosse Kreuzfahrtschiffe ab 1. Januar 2024 sind zwei der Punkte, die von der grönländischen Regierung dem Parlament zur Diskussion ab dem 22. September vorgelegt werden. Das schreibt das Ministerium für Finanzen und Gleichstellung in einer vor kurzem veröffentlichten Pressemitteilung. Weitere Punkte, die im Gesetzesentwurf stehen, sind die Befreiung von Hafengebühren für bestimmte Kreuzfahrtschiffe und eine Reduktion der Gebühren für die grossen Passagierschiffe in Nuuk vor. Ausserdem sollen kleinere Kreuzfahrtschiffe (Expeditionsschiffe) von der Erhöhung der Passagiersteuer nicht betroffen werden.

Ab dem 22. September werden die Abgeordneten im grönländischen Parlament übe den Vorschlag der Regierung debattieren. Dabei werden nicht alle mit dem Entwurf glücklich sein, besonders aufgrund der raschen Umsetzung im nächsten Jahr. Bild: Wikicommons CC BY-SA 3.0

Mehr Geld schafft nicht nur mehr Freude

Der Vorschlag der Regierung wird nicht bei allen Parteien für Freude sorgen, obwohl die Mehreinnahmen auf rund DKK 5 Millionen (rund 670’000 Euro) durch die Steuererhöhung und bis zu DKK 6 Millionen (rund 800’000 Euro) durch die Änderungen bei den Hafengebühren durchaus ein Argument sein dürften. Zu gross ist die Angst bei einigen Interessenvertreter, dass die rasche Umsetzung ab 1. Januar 2024 die Schiffsbetreiber abschrecken könnten.

Die Diskussion um die Änderungen ist auch nicht neu, sondern wird schon seit Anfang Sommer betrieben. Damals hatten die Gegner der Erhöhungen der Regierung das Vorschlag abgerungen, jegliche Änderungen und Erhöhungen nicht vor 2025 in Kraft setzen zu wollen. Der neue Vorschlag bedeutet jedoch eine Abkehr und dürfte sich wie ein Schlag ins Gesicht anfühlen. Warum die Regierung auf eine rasche Umsetzung drängt, dürfte aber klar sein. Denn erstens haben die meisten Schiffsbetreiber bereits ihre Fahrpläne für das nächste Jahr gemacht und veröffentlicht. Zweitens hat diese Kreuzfahrtensaison mit den fast 700 Besuchen der 19 Orte in Grönland gezeigt, dass die meisten Orte die Zahl an Besuchern pro Tag nur schwer bewältigen können. Die Infrastruktur ist schlicht nicht für tausende von Besuchern ausgelegt. Die Mehreinnahmen sollen das ändern.

Ein weiterer Punkt, der für Mehreinnahmen direkt bei den Orten sorgen soll, sind geplante Umweltabgaben, die von den Reedereien direkt bezahlt werden sollen. Besonders kleine und kleinste Orte wie Aappilattoq (Bild) in Südgrönland sollen davon profitieren können. Bild: Michael Wenger

Neue Umwelt- und Unterhaltsgebühr in grönländischen Gemeinden

Ein weiterer Punkt, der sowohl für Diskussionen, aber auch für Mehreinnahmen sorgen soll, ist die Einführung einer gemeindeabhängigen Umwelt- und Unterhaltsgebühr. Diese soll nach groben Schätzungen noch einmal DKK 15 Millionen (rund 2 Millionen Euro) insgesamt in die Kassen der Gemeinden spülen. Es obliegt nach den Ideen der Regierung an den Gemeinden selbst, die Höhe der Gebühren festzulegen. Damit sollen besonders die kleinen und kleinsten Gemeinden ein Instrument erhalten, von den steigenden Besucherzahlen zu profitieren und ihre Infrastruktur entsprechend ausbauen zu können, ohne dass die Regierung noch mehr Geld freigeben müsste. Bedenken zur Gebühr und vor allem zu ihrer Umsetzung kam schon bei deren Bekanntwerden Anfang Juli aus den Reihen der Expeditionskreuzfahrtenindustrie. Denn dort sieht man Schwierigkeiten beim administrativen Aufwand und bei der Planung für die Reedereien, da die Gebühr ganz unterschiedlich ausfallen wird, je nach Landungsort und Zahl der angelandeten Passagiere. Gerade für Expeditionsreisen, die von Improvisationen beim Routing aufgrund von sich rasch ändernden Bedingungen abhängig sind, entstehen so grosse Schwierigkeiten.

Ob die Rechnung am Ende aufgeht, wird sich noch zeigen. Finanz- und Gleichstellungsministerin Naaja H. Nathanielsen zeigt sich aber überzeugt davon. «Die Schätzung des Betrages im Vorschlag ist konservativ. Die zukünftige Entwicklung der Passagierzahlen, Schiffsanläufen und Ausschiffungen, wir auch davon abhängig sein, wie die Gemeinden die Gebührenhöhe und die Standorte wählen,» erklärt sie in einem Schreiben.

Die Erhöhung der Gebühren trifft in erster Linie die Betreiber der grossen Kreuzfahrtschiffe, was wahrscheinlich zu Kritik ihrerseits führen dürfte. Doch das steigende Interesse und Nachfrage von klassischen Kreuzfahrttouristen und die Aussichten, trotz der Erhöhung immer noch genügend Gewinn zu machen, dürfte diese Kritik rasch verstummen lassen. Denn allzu viele Ausweichmöglichkeiten besitzen die grossen Kreuzfahrtschiffe nicht mehr, wenn es darum geht, auch diesen Touristen eine arktische Region zeigen zu wollen.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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