CH-Kunst- und Wissenschaftsprojekt in Island dank Grímsson Stipendium | Polarjournal
Im isländischen Ísafjörður fliessen Themen wie Nachhaltigkeit, menschgemachte Umweltveränderungen, Wissenschaft und Kunst in einem ganz besonderen Projekt ineinander. Dahinter stecken ein Wissenschaftler und eine Illustratorin aus der Schweiz. Bild: Stürlast Wiki Commons CC BY-SA 4.0

Bei Themen zum Klima und der Umwelt finden sich immer wieder Projekte, bei denen sich Wissenschaft und Kunst miteinander verbunden haben. Auch bei Projekten, die sich mit den Auswirkungen auf die polaren Regionen auseinandergesetzt haben, sind solche Verbindungen zwischen den zwei Feldern entstanden. Eine solche Verbindung planen nun eine Schweizer Illustratorin und ein Nachhaltigkeitswissenschaftler des Wasserforschungsinstituts EAWAG der ETH Zürich in den Westfjorden Islands, nahe am Polarkreis.

Das Ehepaar Elisa Debora Hofmann und Dr. Benjamin Hofmann werden als erste aus der Schweiz kommende Gewinner des neuen Grímsson-Stipendiums der Frage nachgehen, wie Wissenschaft auf menschgemachte Umweltveränderungen Antworten geben und den Wandel nachhaltig steuern kann. Dazu will Dr. Hofmann diese Frage in Islands Westfjorden, genauer im Hauptort Ísafjörður, untersuchen. Doch das Projekt soll nicht nur eine reine sozialwissenschaftliche Arbeit sein, die am Ende als Publikation in einer Fachzeitschrift die Ergebnisse veröffentlicht. Seine Ehefrau Elisa Debora Hofmann wird als Illustratorin das Projekt visuell umsetzen. «Wir werden transdisziplinär arbeiten und die Perspektive erweitern, um so einen zusätzlichen Zugang zum Thema zu schaffen», erklärt die Illustratorin im Gespräch mit uns. «Geplant ist, dass am Ende ein visueller Essay und eine digitale Ausstellung mit Bild und Text entstehen, um so die breite Öffentlichkeit, aber auch die verschiedenen Interessenvertreterinnen und -vertreter abzuholen», fügt Dr. Hofmann hinzu. «Wir wollen nicht nur Fakten zeigen, sondern mithilfe der Bilder auch Emotionen wecken.»

Konkret ist geplant, dass die beiden Schweizer im Juli 2024 sich während vier Wochen in Islands aufstrebender Ortschaft Ísafjörður aufhalten werden und ihr Projekt in drei Schritten durchführen werden. «Als ersten Schritt wählen wir konkrete Forschungs- und Innovationstätigkeiten in den Westfjorden aus und betrachten, wie darin die Wissenschaft ihren Beitrag zum Finden von Antworten auf menschgemachte Umweltveränderungen leisten kann», erklärt Dr. Hofmann. Dazu arbeitet er eng mit dem lokalen Universitätszentrum zusammen, um mehr zu solchen Tätigkeiten zu erfahren. Ein Beispiel ist das Biotechunternehmen Kerecis, welches aus Fischhaut nachhaltige biomedizinische Produkte herstellt und dabei vom Zustand des umliegenden Nordatlantiks abhängig ist. «Ísafjörður ist sehr vielfältig und es existieren auch Projekte zu Themen wie Lawinen oder Algenkultivierung, die mit Umweltveränderungen zusammenhängen», meint Dr. Hofmann weiter.

Wie kann die Wissenschaft im Anthropozän den Wandel durch menschgemachte Umweltveränderungen in Politik und Praxis gestalten?

Dr. Benjamin Hofmann, EAWAG

In einem zweiten Schritt werden für die identifizierten Projekte repräsentative Objekte ausgewählt und visuell dargestellt. «Ich werde dabei die Objekte sehr detailliert skizzieren, deren haptische Oberfläche zweidimensional auf Papier festhalten, also hineinzoomen», sagt Elisa Hofmann. «Dagegen wird mein Mann die Projekte viel mehr nach oben heben, das heisst, durch einen Zoom-Out in einen grösseren Kontext, besonders in denjenigen der Arktis, bringen und die Rolle der Wissenschaft in den Projekten hervorheben.» Dr. Hofmann fügt an, dass so gezeigt werden soll, wie die Wissenschaft im Anthropozän, also in diesem von uns so stark geprägten Erdzeitalter, den Wandel in Politik und Praxis nachhaltig gestaltet. Die bildliche Darstellung soll vor allem mittels Graphit- und Bleistiftzeichnungen erfolgen, die dann in einem dritten Schritt als visuelle Bausteine dienen werden, die seziert werden, um daraus neue Bilder zu kreieren. «Diese sezierten Teile sollen zu Bildern zusammengestellt werden, die dann die sozialwissenschaftlichen Perspektiven zeigen sollen», sagt Elisa Hofmann. «Während wir die ersten beiden Schritte parallel zueinander, aber jeder für sich, durchführen, soll der dritte im Dialog kreativ erstellt werden.»

Die Idee eines gemeinsamen Projektes hatte das Ehepaar schon länger. Doch erst die Ausschreibung des Grímsson-Stipendiums, auf die Dr. Hofmann gestossen war, lieferte den konkreten Anstoss zum eingereichten Projekt. Mit Erfolg, denn das Ehepaar konnte sich gegen 250 Bewerbungen aus 60 Ländern durchsetzen, die ebenfalls Projekte eingereicht hatten. Insgesamt 5 Projekte aus verschiedenen Forschungsrichtungen wurden für 2024 ausgewählt.

In der Arktis wirken die klimatischen Veränderungen bis zu viermal schneller als im Rest der Welt. Das steht exemplarisch für andere Regionen auf der Erde.

Elisa Debora & Dr. Benjamin Hofmann

Die Stipendiaten, die Island schon aus früheren Reisen kennen, dürfen ihren Aufenthalt damit noch krönen, dass sie im Geburtshaus des ehemaligen Präsidenten von Island, Ólafur Ragnar Grímsson verbringen dürfen. Eine Tatsache, die in das kreative Schaffen von Elisa Hofmann vielleicht einfliessen wird, wie sie selber sagt.

Was sicherlich viel stärker die beiden beeinflussen könnte, ist Islands Nähe zur Arktis. «Hier wirken die klimatischen Veränderungen bis zu viermal schneller als im Rest der Welt», sagt Benjamin Hofmann nachdenklich. «Das steht exemplarisch für andere Regionen der Welt», fügt seine Frau an. «Wir können dieses grosse Thema, dem wir uns stellen, nämlich die Rolle der Wissenschaft beim Umgang mit zukünftigen Umweltveränderungen aufzuzeigen, nur auf lokaler Ebene anschneiden. Aber ich glaube, dass es zumindest ein Anfang ist, den wir dort machen werden», erklärt Dr. Hofmann.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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