Walkadaver sorgen für Nahrungsquelle über Jahre | Polarjournal
Ein toter Bartenwal in über 1’000 Meter Tiefe – ein Festmahl für Aasfresser in der Tiefsee. (Foto: OET/NOAA)

Es gibt nur wenige Tiere die so starke Emotionen auslösen wie Wale. Wale begeistern – Wale erregen aber auch die Gemüter, wenn es um den Walfang geht. Immer wieder erreichen uns Bilder von gestrandeten Walen, welche höchstwahrscheinlich durch Umwelteinflüsse und Lärm von ihrem Weg abkommen. Wale können zudem je nach Art weit über 100 Jahre alt werden.

Kaum jemand macht sich aber Gedanken was mit einem Wal nach seinem Ableben geschieht. Die allermeisten Wale sterben von Menschen unbemerkt im Ozean. Nach ihrem Tod sinken die Tiere auf den Meeresgrund. Ihr Leben endet zwar, aber ihre Kadaver bedeuten für zahlreiche andere Tiere und Mikroorganismen eine wertvolle Nahrungsquelle. Beim Tod von Walen handelt es sich sogar sehr wahrscheinlich um einen wichtigen evolutionären Faktor für die Ozeane. Gestrandete Wale werden mittlerweile in Australien und anderen Ländern ins tiefe Wasser gezogen, um dort zu verwesen.

Walsturz im Monterey Bay National Marine Sanctuary, einem Meeresschutzgebiet in Kalifornien. In 3’240 Metern Tiefe schwärmen Oktopusse und andere Meeresbewohner um den abgesunkenen Kadaver. (Foto: OET/NOAA)

Ein toter Wal sinkt im freien Fall, oft mehrere tausend Meter in die Tiefen des Ozeans bis er schließlich auf dem Meeresgrund ankommt. Das Phänomen nennt sich Walsturz. Lange dauert es jedoch nicht, bis er Gesellschaft bekommt. Kleine und große Fische, Oktopusse und andere Meeresbewohner machen sich über seinen Kadaver her.

In den nährstoffarmen Gewässern der Tiefsee bietet jeder Walsturz einen gebündelten Reichtum an Nährstoffen und dient als Nahrungsangebot für zahlreiche Lebensformen.

Überreste von Walen und anderen Meeresbewohnern sind eine wichtige Nahrungsquelle für viele Aasfresser. Wie lange die Tiere für die Skelettierung eines bis zu über 100 Tonnen schweren Wal-Kadavers brauchen, ist unklar. Sicher ist nur, dass der Tisch für die versammelten Aasfresser für längere Zeit reich gedeckt ist.

Walkadaver am Davidson Seamount in 3’240 Metern Tiefe

Generell bekommen Menschen einen Walsturz nur selten zu Gesicht. In der Tiefsee ist der Wasserdruck sehr hoch und es herrscht absolute Dunkelheit. Ein gutes Beispiel was nach dem Tod eines Wales geschieht zeigen Aufnahmen der NAUTILUS-Expedition mit einem ferngesteuerten Unterwasserfahrzeug (ROV) vom Oktober 2018.

Die US-Forschenden der Expedition waren regelrecht aus dem Häuschen, als im Scheinwerfer-Kegel ihres U-Bootes ein vier bis fünf Meter langes Walskelett auftauchte. Die Skelettreste des auf dem Rücken liegenden Wals werden auf eine Länge von 4 bis 5 Metern geschätzt. 

Rings herum wimmelte es nur so von Aasfressern. Das Video zeigt Aalmuttern, Tintenfische und Polychaeten (mehrborstige Würmer), wie die knochenfressenden Osedax-Würmer. Insgesamt zeigte sich eine für die Tiefe hohe Artenvielfalt und, was noch spannender war, eine hohe Dichte an Organismen. Dies zeigte dem Forschungsteam, dass solche Kadaver echte Oasen bilden.

Nahaufnahme des Walsturzes, der seit 2009 von Wissenschaftlern des «Ocean Networks Canada» immer wieder mit Kameras besucht wird. (Foto: ONC)

Walkadaver – Nahrungsquelle über Jahre

Der jüngste Besuch der Forscher des «Ocean Networks Canada» bei einem etwa 16 Meter langen, bislang nicht konkret identifizierten Wal zeigt, dass er auch 14 Jahre nach seiner Entdeckung noch Nahrung und Lebensraum für Fische, Krabben und Schnecken liefert. Konkret konnten die Forschenden unter anderem Granadierfische, die zu den Dorschartigen gehören, Riesenasseln und sogenannte Röhrenwürmer nachweisen. Letztere haben sich auf dem linken Kieferknochen des Wals eingenistet und leben dort nachweislich schon seit 2009.

Heiner Kubny, PolarJournal

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