Arbeitsgruppen des Arktischen Rates nehmen Tätigkeiten wieder auf | Polarjournal
Das Funktionieren des Arktischen Rates hängt sehr stark von den Arbeitsgruppen ab, da sie die Aktivitäten des Rates eigentlich durchführen und Projekte und Programme organisieren, die auf Ministerialebene beschlossen werden. (Foto: Arctic Council, Gunnar Vigfusson)

Seit dem Angriff von Russland auf die Ukraine war der Arktische Rat de facto fast gelähmt, denn zwischen Russland und den sieben anderen Mitgliedsstaaten herrschte weitgehend Eiszeit. Nun haben Ende Februar die Parteien beschlossen, dass zumindest auf der Ebene der Arbeitsgruppen wieder Leben aufkommen sollen, wenn auch vor allem virtuell.

Die Wiederaufnahme von Treffen auf der Ebene der Arbeitsgruppen haben die acht ständigen Mitglieder des Arktisrates gemeinsam mit den permanenten Vertretern indigener Organisationen beschlossen. Diese Treffen sollen vorerst aber nur auf virtueller Ebene stattfinden, um nicht die Reisebeschränkungen und Sanktionen gegen Russland zu umgehen. Trotzdem kann so sichergestellt werden, dass «der Rat weiterhin seinem Mandat als herausragendes Forum für zirkumpolare Zusammenarbeit in Fragen des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung in der Arktis gerecht werden kann», wie die Ratsmitglieder in einer gemeinsamen Mitteilung erklären. Die ersten Treffen sollen in den kommenden drei bis vier Monaten wieder beginnen.

Norwegen hält den Ratsvorsitz seit 2023 und wird durch Morten Høglund repräsentiert. Für ihn ist die Wiederaufnahme der Treffen ein grosser Erfolg. Doch Grund zu ausgeprägter Freude dürfte trotzdem keine aufkommen, denn wie es auf der Ministerialebene weitergehen wird, ist noch nicht klar. (Foto: Arctic Council)

Die Entscheidung, die Treffen zumindest wieder auf virtueller Ebene durchzuführen und damit die Arbeitsgruppen praktisch wieder handlungsfähig zu machen, wurde nach längeren Verhandlungen erreicht. Für Norwegen, das den Ratsvorsitz 2023 von Russland übernommen hat, und seinen Repräsentanten Morten Høglund ist das Ganze ein grosser Erfolg. Denn Norwegen übernahm einen Rat, der gespalten war und seit März 2022 keine Entscheidungen mehr fällen konnte und auch keine Lösungen für die dringenden Probleme, denen die arktischen Staaten gegenüberstehen finden. «Da der norwegische Vorsitz nur noch etwas mehr als ein Jahr andauert, freue ich mich sehr, dass die Arbeitsgruppen weitere Schritte unternehmen können, um ihre Projekte und Initiativen bis zum Ende unseres Vorsitzes voranzubringen. Dies ist von entscheidender Bedeutung, um den Rat in die Lage zu versetzen, wirksam auf den raschen Klimawandel und andere dringende Probleme zu reagieren, die sich auf die Region und darüber hinaus auswirken», erklärt Morten Høglund.

Der Arktisrat besteht neben den acht ständigen Ratsmitgliedern und den sechs permanent teilnehmenden indigenen Vertretungsorganisationen auch aus sechs Arbeitsgruppen. In diesen auch Vertreterinnen und Vertreter der Beobachterstaaten integriert, so dass diese indirekt in die Projekte und Pläne des Rates involviert sind. (Grafik: Arctic Council Secretariat)

Besonders die Vertreterinnen und Vertreter der indigenen Organisationen, die als permanente Teilnehmer im Rat sitzen, sind über diesen Schritt zu einem wieder arbeitsfähigen Rat erfreut. Denn sie benötigen dringender als jeder andere Vertreter im Rat diesen, um ihren Anliegen und Problemen Gehör verschaffen zu können und Lösungen zu erarbeiten, die langfristig und mit ihnen gemeinsam entwickelt worden sind. «Die Wiederaufnahme der virtuellen Treffen der Arbeitsgruppen des Arktischen Rates ist ein wichtiger Schritt, um die über Jahrzehnte aufgebauten starken Partnerschaften zu erhalten und voranzutreiben, sowie die volle und effektive Beteiligung der indigenen Völker der Arktis an der Arbeit des Arktischen Rates», meint Sara Olsvig, die Vorsitzende des Inuit Circumpolar Council.

Die Vertreterin der Schweiz im Arktisrat, Botschafterin Alexandra Baumann, ist sehr glücklich darüber, dass die Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Arbeitsgruppen wieder ihre wertvollen Beiträge einbringen können. Bild: EDA

Auch die Beobachterstaaten im Arktisrat dürften zufrieden mit der gegenwärtigen Lösung sein, da sie nun wieder ihre Beiträge zur Entscheidungsfindung bei den Problemen in der Arktis liefern können. Die Schweiz, die als letztes Land dem Arktisrat als Beobachter beitreten konnte, ist ebenfalls in mehreren Arbeitsgruppen mit Expertinnen und Experten vertreten. Botschafterin Alexandra Baumann, die Repräsentantin der Schweiz und Leiterin der Abteilung «Wohlstand und Nachhaltigkeit» im Eidgenössischen Bundesamt für auswärtige Angelegenheiten erklärt Polar Journal gegenüber: «Die Schweiz begrüsst den Entscheid, die offiziellen Treffen der Arbeitsgruppen des Arktischen Rates schrittweise wieder aufzunehmen, den die acht Arktisstaaten und die Vertreter der indigenen Völker im Konsens erzielt haben.»

«Im Rahmen des Beobachterstatus der Schweiz im Arktischen Rat sind mehrere Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den verschiedenen Arbeitsgruppen beteiligt. Ich freue mich, dass sie nach zweijähriger Unterbrechung ihre wertvollen Beiträge zu den dringenden Fragen in der arktischen Region wie Umweltschutzes oder nachhaltigen Entwicklung wieder aufnehmen können».

Ist der Arktisrat damit wieder handlungsfähig? Nicht so richtig, denn es obwohl zwei der drei Pfeiler des Rates, die indigenen Organisationen und die Arbeitsgruppen, ihre Tätigkeiten und den Austausch wieder aufnehmen und die dringenden Probleme angehen können, bleibt der Rat am Ende geteilt. Denn auf der politischen Ebene herrscht noch immer das Gegenteil von dem, was die Arktis am stärksten bedroht, nämlich Wärme.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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