Ein antarktischer Hoffnungsschimmer in 95 Metern Tiefe gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs | Polarjournal

Bei Laborversuchen in Brasilien verlangsamten filamentöse Pilze von der Insel Deception (Antarktis) die Vermehrung von Krebszellen.

Im Ozean herrschen 3°C, 70°C heiße Rinnsale an den Ufern, Dampf und Fumarolen steigen in dem überfluteten ehemaligen Krater von Deception Island auf. „In den Meeressedimenten der Insel finden Sie weniger Pilze als hier in Brasilien“, meint Michel Passarini, Polar-Mikrobiologe an der Föderalen Universität für Lateinamerikanische Integration, über Zoom. Dennoch sind sie gegen den Krebs ein Hoffnungsträger. Michel Passarini und seine brasilianischen Forschungskollegen und -kolleginnen ( Jorge Ruiz, Luz Rosa und Karine Camacho) haben auf Deception Island zwei filamentöse Pilzarten mit therapeutischen Eigenschaften isoliert. Am 27. März veröffentlichten sie in der Zeitschrift Extremophiles ermutigende Ergebnisse für die Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Diese Krankheit betraf im Jahr 2022 über eine Million Menschen, Männer wie Frauen. Bis 2030 könnte sie zum zweittödlichsten Form von Krebs weltweit werden.

„Die Antarktis ist eine kaum untersuchte Umgebung, in der es wenig Nährstoffe gibt, lange Schmelz- und Frostperioden, ultraviolette Strahlung … die mikrobielle Gemeinschaft dort ist anders und kann nützliche Stoffwechselkomponenten zur Bekämpfung von Krankheiten produzieren“, erklärt er. Um neue Lebensformen und noch unbekannte Substanzen zu finden, erforschen Mikrobiologenteams alle Oberflächen dieses Kontinents.

Landschaft im Norden der Antarktischen Halbinsel. Bild: Camille Lin

Im Jahr 2018 nutzte eine brasilianische Expedition zwei Schiffe, die nur einen Steinwurf von der brasilianischen Wissenschaftsstation Comandante Ferraz auf King George Island entfernt, geankert hatten. Der Eisbrecher Ary Rongel begleitete das ozeanografische Schiff Almirante Maximiano bis nach Deception Island. Von Deck aus versenkten das Forschungsteam und Seeleute einen Stahlkasten in diesem zum Ozean hin offenen Vulkankrater, um Sediment aus 95 Metern Tiefe zu entnehmen.

Nach ihrer Rückkehr nach Brasilien gelang es dem Team, zwei neue Pilzarten der Gattungen Pseudogymnoascus und Penicillium zu isolieren. Um ihr therapeutisches Potenzial zu testen, züchteten sie diese und testeten sie an menschlichen Bauchspeicheldrüsenkrebszellen. Die beiden Fadenpilze hemmten das Wachstum der Tumorzellen, indem sie ihnen Nährstoffe entzogen, zeigten jedoch keine toxische Wirkung auf Nicht-Tumorzellen.

Einer der untersuchten Pilze gehört zu einer Gattung, die sich in den Haaren um die Nasen von Fledermäusen herum entwickeln kann. Daherr bleiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vorsichtig. Bild: Wikimedia Commons

„Der nächste Schritt ist die Isolierung der aktiven Komponenten“, erklärt der Biologe. „Dann können wir feststellen, ob es sich um ein neues Molekül handelt oder ein bekanntes mit neuen Eigenschaften.“ Außerdem müssten ihre Gene identifiziert werden, die von Fadenpilzen auf Hefe übertragen werden könnten, um das Heilmittel industriell herzustellen.

Camille Lin, PolarJournal

Link zur Studie: Camacho, K.F., de Melo Carlos, L., Bernal, S.P.F., de Oliveira, V.M., Ruiz, J.L.M., Ottoni, J.R., Vieira, R., Neto, A., Rosa, L.H., Passarini, M.R.Z., 2024. Antarctic marine sediment as a source of filamentous fungi-derived antimicrobial and antitumor compounds of pharmaceutical interest. Extremophiles 28, 21. https://doi.org/10.1007/s00792-024-01339-1.

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