Globale Erwärmung bedroht Meteoriten in Antarktika | Polarjournal
Ein kleines Stückchen Weltraum, gestrandet auf dem riesigen weißen Kontinent. Nahezu zwei Drittel der auf unserem Planeten gelandeten Meteoriten werden in Antarktika entdeckt. Aber die globale Erwärmung könnte sie verschwinden lassen. Bild: Katherine Joy / Programm zur Suche nach Meteoriten in der Antarktis / Case Western Reserve University

In der Antarktis sind die Meteoriten durch die globale Erwärmung bedroht. Eine Situation, die dazu führen könnte, dass wertvolle Informationen aus dem Weltraum für immer verschwinden.

Nach Gletschern, Meereis, Ozeanen, Flüssen, Permafrostböden, Menschen, Tieren und Pflanzenarten sind nun die Meteoriten an der Reihe, die Ursachen der globalen Erwärmung zu spüren. Laut einer am 8. April in Nature Climate Change veröffentlichten Studie eines belgisch-schweizerischen Forschungsteams könnte eine große Anzahl von Meteoriten für immer verschwinden und mit ihnen wertvolle Informationen über die Entstehung der Erde und anderer Himmelskörper.

Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz, Satellitenbeobachtungen und Klimaprojektionen ermittelte das Forschungsteam, dass für jedes Zehntel Grad Anstieg der globalen Lufttemperatur zwischen 5’100 und 12’200 Meteoriten in der Eiskappe verschwinden würden. „Gegenwärtig werden etwa 5’000 Meteoriten pro Jahr nicht mehr erreichbar (gegenüber ~1’000 Funden pro Jahr), und unabhängig vom Emissionsszenario werden rund 24% bis 2050 verloren gehen, was bei einem Szenario mit hohen Emissionen bis 2100 auf etwa 76% ansteigen könnte“, schreiben die Autorinne und Autoren in ihrer Studie.

Aufgrund ihrer dunklen Farbe und Zusammensetzung absorbieren Meteoriten das Sonnenlicht, erhitzen sich und schmelzen das Eis, auf dem sie ruhen, wodurch sie immer tiefer absinken. Durch die globale Erwärmung besteht die Gefahr, dass diese Gesteine aus dem Weltraum vollständig in der Eiskappe verschwinden. . “ […] Wenn die Temperaturen in der Atmosphäre steigen, erhöht sich die Oberflächentemperatur des Eises, was diesen Prozess verstärkt, da weniger Wärme von den Meteoriten benötigt wird, um das Eis lokal zu schmelzen.“, erklärt Veronica Tollenaar, Doktorandin am Laboratoire de Glaciologie der Université Libre de Bruxelles (ULB) und Mitautorin der Studie, in einer von der Universität veröffentlichten Pressemitteilung.

Während die Eisdecke abfließt, finden die Meteoriten ihren Weg zu Strandungszonen, den so genannten Blaueisgebieten, wo Wissenschaftler sie aufgrund ihrer dunklen Farbe, die im Kontrast zur antarktischen Umgebung steht, erkennen. Illustration: Tollenaar et al.

Ein echtes Problem, wenn man bedenkt, dass etwa 60 % der 80’000 auf der Erde gefundenen Meteoriten aus Antarktika stammen. Sie bietet mit ihren weiten weißen Flächen und dem Fehlen von Felsen optimale Bedingungen für das Auffinden von Meteoriten, deren durchschnittlicher Durchmesser nur wenige Zentimeter beträgt. Außerdem bleiben Meteoriten am besten unter niederschlagsarmen Bedingungen erhalten, weshalb sie im Allgemeinen in Wüsten zu finden sind. Antarktika bietet mit ihrer kalten, trockenen Luft und den geringen Niederschlägen ideale Bedingungen. Meteoriten können überall auf dem Kontinent einschlagen und sehr lange auf der Oberfläche ruhen: „Einmal an der Oberfläche ausgesetzt, können Meteoriten aufgrund des stagnierenden Eisflusses und der fehlenden Verwitterung unter den kalten, trockenen Bedingungen Tausende von Jahren dort bleiben“, schreiben die Autoren in ihrer Studie.

Angesichts der globalen Erwärmung, die die Kryosphäre schmelzen lässt und die gigantischen Eismassen Antarktikas bedroht, besteht dringender Handlungsbedarf, um diese wertvollen Informationen aus dem Weltraum zu erhalten. „Um dieses unschätzbare extraterrestrische Material zu sichern, müssen wir die Bergung von antarktischen Meteoriten intensivieren und koordinieren, bevor wir sie durch den Klimawandel verlieren.“ , sagt Harry Zekollari, Co-Leiter der Studie und Glaziologe an der ULB, dem SLF-Institut für Schnee- und Lawinenforschung und der ETH Zürich, in der Medienmitteilung. „Unsere Studie zeigt, dass der Verlust von Meteoriten eine unerwartete Auswirkung des Klimawandels ist, auf die wir reagieren müssen, ähnlich wie das Sammeln von Eiskernen aus schwindenden Gletschern oder das Beproben von Korallenriffen, bevor sie ausbleichen.

Nach Schätzungen von Fachleuten warten an der Oberfläche Antarktikas noch zwischen 300’000 und 850’000 Meteoriten auf ihre Entdeckung.

Link zur Studie: Tollenaar, V., Zekollari, H., Kittel, C. et al. Antarktische Meteoriten durch Klimaerwärmung bedroht. Nat. Clim. Chang. 14, 340-343 (2024). https://doi.org/10.1038/s41558-024-01954-y

Mirjana Binggeli, PolarJournal

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