Zwei winzige Satelliten der NASA liefern bald genaue Daten über die Wärmemenge, die Arktis und Antarktis in den Weltraum abstrahlen. Einer der beiden «CubeSats» wird heute auf die Reise geschickt.
Für Satelliten sind sie extrem klein — der NASA zufolge jeweils nicht größer als ein Schuhkarton — doch die zwei sogenannten «CubeSats» (Würfelsatelliten) werden Daten liefern, die für das Verständnis des Treibhauseffekts an den Polen und die Verbesserung von Klimamodellen entscheidend sind. Ihre Mission: Das Ausmaß der Wärmestrahlung ermitteln, die die sich rasant erwärmenden Polarregionen in das Weltall abgeben, und deren Einfluss auf unser Klima, erklärte Professor Tristan L’Ecuyer, Leiter der Atmospheric Radiation and Climate Research Group an der University of Wisconsin-Madison und Projektleiter von PREFIRE (Polar Radiant Energy in the Far-InfraRed Experiment), in einer Pressekonferenz vergangene Woche.
Der erste Mini-Satellit wird heute an Bord einer Rocket Lab Electron-Rakete ins All starten, der Starttermin für den zweiten wird kurz nach dem Start des ersten bekanntgegeben.
Das PREFIRE-Projekt der NASA zielt insbesondere darauf ab, das Verständnis zu verbessern über die Fähigkeit von Wasserdampf, Wolken und anderen Elementen der Erdatmosphäre, Wärme zu speichern und deren Abstrahlung ins All zu verhindern. Die beiden identischen CubeSats werden erstmals vollständige spektrale Messungen der Fern-Infrarotstrahlung (FIR) durchführen. Dabei wird das gesamte Spektrum der arktischen Strahlungsenergie mit Wellenlängen zwischen 3 und 54 Mikrometer erfasst, die bisher nie systematisch gemessen worden sind aber 60 Prozent der arktischen Infrarotemissionen ausmachen.
Das Wissenschaftsteam unter der Leitung der University of Wisconsin-Madison und dem NASA Jet Propulsion Laboratory (JPL) erwartet, dass die neuen Daten eine große Wissenslücke über den arktischen Energiehaushalt schließen werden. Auch zwei Klimamodellierer sind Teil des Teams, die die direkten Messungen sofort in ihre Modelle integrieren werden. Bislang können die Modelle nur mit Annahmen über die Ferninfrarotstrahlung in den Polargebieten arbeiten. Doch mit echten Daten werden die aktualisierten Klima- und Eismodelle dann genauere Vorhersagen über die Veränderungen des Wetters, des Meeresspiegels sowie der Schnee- und Eisbedeckung in einer sich erwärmenden Welt liefern können.
«Das Ziel ist die Zusammenarbeit mit dem Klimamodellierungsteam. […] Sobald wir die Beobachtungen gemacht haben, geben wir ihnen sie direkt weiter, damit wir diese Aspekte des Klimamodells verbessern und sicherstellen können, dass das Modell das tut, was wir aus dem Weltraum beobachten. Und dann können die Klimamodellierer ihre üblichen Experimente durchführen, bei denen sie das künftige Klima in hundert Jahren oder in fünfzig Jahren simulieren, wenn das Kohlendioxid um weitere hundert Teile pro Millionen Teile (Abk. ppm) zunimmt. Sie können dann sehen, wie sich die neuen Informationen auf die Temperatur in der Arktis, die Geschwindigkeit, mit der die Gletscher in der Arktis schmelzen, und die Geschwindigkeit, mit der der Meeresspiegel steigt, ausgewirkt haben», erklärte Professor L’Ecuyer.
Weltweit können diese verbesserten Informationen essentiell sein bei Entscheidungen, die mit Anpassungsstrategien an den Klimawandel zusammenhängen.
Die Satelliten werden auf zwei asynchronen polnahen Umlaufbahnen in 525 Kilometern Höhe für etwa ein Jahr die Erde umkreisen und pro Tag mehrere Beobachtungen der Oberflächen und Wolken in der Arktis und der Antarktis liefern. «Ein einziger Satellit, der dieselbe Region der Erde alle paar Tage überfliegt, kann saisonale Veränderungen überwachen, die Forscher zur Verbesserung von Klimamodellen nutzen können. Um jedoch die Wechselwirkungen zwischen der Erdoberfläche und der Atmosphäre zu verfolgen, wie z. B. die zeitweilige Auswirkung der Wolkendecke auf die Temperatur des darunter liegenden Gebiets, sind häufigere Messungen erforderlich. Zwei Satelliten auf asynchronen, nahezu polaren Umlaufbahnen, die einen bestimmten Punkt der Erde zu unterschiedlichen Zeiten überfliegen und dasselbe Gebiet im Abstand von wenigen Stunden beobachten, könnten einige dieser kurzfristigen Phänomene erfassen», heißt es in einer Pressemitteilung der NASA.
Das PREFIRE-Team erwartet, die ersten vorläufigen Daten bereits nach fünf bis sechs Tagen zu erhalten. Nach ungefähr einem Monat könnte es die ersten Bilder geben. Die Daten werden für die Öffentlichkeit über das Atmospheric Science Data Center der NASA frei verfügbar sein.
Julia Hager, Polar Journal AG
Link zum PREFIRE-Projekt: https://prefire.ssec.wisc.edu/