Ein 380 km² grosser Eisberg ist in den frühen Morgenstunden des 20. Mai 2024 vom Brunt-Eisschelf abgebrochen. Das Ereignis hat sich schon seit einigen Wochen angekündigt. Dies zeigten Risse, die sich in dem 150 Meter dicken Eisschelf gebildet hatten.
Der Eisberg kalbte, nachdem sich ein 14 km langer Spalt gebildet hatte, der im rechten Winkel zum bestehenden Halloween-Riss steht. Dies folgte einer langen Periode der Schwächung des Eises bei den McDonald Ice Rumples. Der Abbruch ist der drittgrösste Eisbergabbruch in den letzten vier Jahren im Gebiet, in dem sich die britische Forschungsstation Halley befindet. Der erneute Abbruch ereignete sich etwa ein Jahrzehnt, nachdem Wissenschaftler des British Antarctic Survey (BAS) erstmals das Wachstum riesiger Risse im Eis entdeckt hatten.
GPS-Überwachung des Eisberges
Dr. Oliver Marsh, ein Glaziologe, der vier Saisons lang für das British Antarctic Survey (BAS) auf dem Brunt-Eisschelf gearbeitet hat, entdeckte das Kalben erstmals mit GPS-Geräten: „Es handelt sich um Einfrequenz-GPS-Geräte, diese sind nicht besonders genau, aber sie sagen einem, wenn etwas Grosses passiert. Wir haben innerhalb einer Stunde eine Bewegung von einigen hundert Metern gesehen, was ein guter Hinweis darauf ist, dass der Eisberg abgebrochen ist. Satellitenbilder bestätigen dann die GPS-Daten“.
Das Brunt-Eisschelf Standort der Halley-Forschungsstation
Das Brunt-Eisschelf ist auch der Standort der Halley-Forschungsstation des British Antarctic Survey. Hier wurde 1985 das Loch in der Ozonschicht entdeckt. Aufgrund der Gefahr von Rissen wurde die Halley-Station 2016 um 23 Kilometer verlegt und ist im Winter nicht mehr besetzt.
Die Glaziologen des BAS, die das Verhalten des Eisschelfs beobachtet haben, sagen, dass sich die Geschwindigkeit des Eisschelfs, auf dem sich die Forschungsstation befindet, seit der letzten Kalbung im vergangenen Jahr stabilisiert hat und erwarten keine Reaktion auf dieses neue Ereignis.
In der Vergangenheit floss das Eisschelf mit einer Geschwindigkeit von 400–800 m (1.300–2.600 Fuß) pro Jahr. Mittlerweile bewegt es sich pro Jahr um etwa 1.300 m (4.300 Fuß).
Prof. Adrian Luckman, Professor an der Swansea University: „Die schwimmenden Eisschelfs der Antarktis wachsen allmählich durch den Eisfluss und schrumpfen periodisch durch das Kalben von Eisbergen. Das Gleichgewicht zwischen diesen beiden Prozessen beeinflusst ihre Fähigkeit, Eis an Land zurückzuhalten. Es ist daher besorgniserregend, dass selbst in diesem relativ kalten Teil der Antarktis in den letzten drei bis vier Jahren drei grosse Eisberg-Kalbungen stattgefunden haben. Das Brunt-Eisschelf liefert zahlreiche Daten, die uns helfen, den Kalbungsprozess zu verstehen und die zukünftige Entwicklung dieser wichtigen Eiskörper vorherzusagen.“
Heiner Kubny, PolarJournal
Nicht der Eisberg kalbt, sondern der Gletscher…