Mikroben, die derzeit noch im Permafrost eingeschlossen sind, können offenbar auch Polyphenole abbauen — Kohlenstoffverbindungen, von denen bislang angenommen wurde, dass sie von Bodenmikroben in Abwesenheit von Sauerstoff nicht verstoffwechselt werden. Die Menge der aus auftauendem Permafrost entweichenden Treibhausgase ist somit höher als gedacht.
Mikroorganismen, die derzeit noch im Permafrostboden eingeschlossen sind, bauen nicht wie angenommen nur bestimmte Arten von Kohlenstoff ab, sobald sie auftauen, sondern auch Verbindungen, die bislang als toxisch galten, wie eine neue Studie unter der Leitung der Colorado State University (CSU) zeigt.
Bridget McGivern, PostDoc an der CSU und Erstautorin der in Nature Microbiology veröffentlichten Studie, untersuchte gezielt, ob die Permafrost-Mikroben in Abwesenheit von Sauerstoff auch Polyphenole abbauen können. Bereits während ihrer Doktorarbeit befasste sie sich mit diesem Thema: «Die Motivation für einen Großteil meiner Doktorarbeit war die Frage: Wie können diese beiden Dinge existieren? Organismen in unserem Darm können Polyphenole abbauen, aber Organismen im Boden können das nicht? Die Realität war, dass sich niemand im Bereich der Böden jemals wirklich damit befasst hatte», sagte Bridget McGivern in einer Pressemitteilung der Universität.
In einer Studie aus dem Jahr 2021 bestätigten Bridget McGivern und Kelly Wrighton, außerordentliche Professorin in der Abteilung für Boden- und Pflanzenwissenschaften des College of Agricultural Sciences, die Theorie mit Bodenproben aus Schweden.
In der Vergangenheit stellten einige Forschende die sogenannte «Enzymverriegelungstheorie» auf, die besagt, dass Polyphenole Mikroorganismen «ausschalten» könnten, wobei große Mengen an Kohlenstoff im Boden eingeschlossen würden. Jetzt zeigte das Forschungsteam, dass die Mikroorganismen im Permafrost, der wenig bis gar keinen Sauerstoff enthält, durchaus Polyphenole abbauen.
Wenn die noch tiefgefrorenen Böden — sie enthalten etwa 50 Prozent des weltweiten Bodenkohlenstoffs — auftauen, werden die Mikroben aktiv und beginnen den Kohlenstoff im Boden zu verwerten. Und da die Mikroorganismen Verbindungen der diversen Gruppe von Polyphenolen abbauen können, ist auch die Menge der Treibhausgase höher, die bei dem Auftauen der Böden entweicht.
Um quantifizieren zu können, wieviel Treibhausgasemissionen wegen des Polyphenolabbaus zusätzlich in die Atmosphäre gelangen, muss weitere Forschung zeigen, wie schnell der Stoffwechsel abläuft und was den Prozess einschränken könnte, so die Forschenden.
«Es geht darum, ein besseres Verständnis für die Vorhersage zu entwickeln, so dass wir einen Rahmen haben, den wir tatsächlich manipulieren können», sagt Kelly Wrighton. «Die Klimakrise, mit der wir konfrontiert sind, ist so schnell. Aber können wir sie modellieren? Können wir sie vorhersagen? Der einzige Weg, wie wir dorthin gelangen können, besteht darin, tatsächlich zu verstehen, wie etwas funktioniert.»
Julia Hager, Polar Journal AG