Astronaut besucht Grönland zur Förderung von dessen Weltraumpotential | Polarjournal
Der ESA-Astronaut Andreas Mogensen mit einem Handball auf der Internationalen Raumstation im August 2023. Im Hintergrund sind die drei Flaggen der dänischen Föderation zu sehen, die er vertrat, darunter die grönländische Erfalasorput (links). Foto: Rumrejsen2023.dk
Der ESA-Astronaut Andreas Mogensen mit einem Handball auf der Internationalen Raumstation im August 2023. Im Hintergrund sind die drei Flaggen der dänischen Föderation zu sehen, die er vertrat, darunter die grönländische Erfalasorput (links). Foto: Rumrejsen2023.dk

Fünf einzigartige Faktoren könnten dazu beitragen, dass Grönland Teil der wachsenden globalen Raumfahrtindustrie wird, so der Astrophysiker gegenüber Polar Journal AG.

Letzte Woche wurde Daniel Thorleifsen, dem Direktor des Grönländischen Nationalmuseums, vor einem jubelnden Publikum die grönländische Flagge, Erfalasorput, überreicht. Ein Artefakt, von dem man annehmen sollte, dass das Museum es bereits in Hülle und Fülle besitzt.

Doch diese Flagge war etwas Besonderes. Denn sie war zuvor sechs Monate im Weltraum und wurde ihm von dem Mann überreicht, der sie zur Erde zurückgebracht hatte.

In dieser Woche befand sich der dänische Astronaut Andreas Mogensen, der am 22. März nach sechs Monaten im All zurückgekehrt war, in Grönland. Ziel seiner Reise war es, das gesamte dänische Königreich zu besuchen, das er in der Internationalen Raumstation vertreten hatte.

Aber was noch wichtiger ist, so der Astrophysiker und Chefberater Michael Linden-Vørnle von der Raumfahrtabteilung der Technischen Universität Dänemark (DTU Space), er war dort, um Aufmerksamkeit für Grönlands Potenzial als Raumfahrtnation zu erregen.

„Wir hatten eine Konferenz organisiert, die sich an die Geschäftswelt des Landes richtete. Ziel war es, die verschiedenen Wachstumsmöglichkeiten im Raumfahrtsektor zu diskutieren, damit auch Grönland an der Raumfahrtindustrie teilhaben kann, die in anderen Teilen der Welt schnell wächst“, erklärt Michael Linden-Vørnle, der auf der Konferenz ebenfalls aufgetreten war.

Im Folgenden skizziert Michael Linden-Vørnle fünf Gründe, warum der grönländische Raumfahrtsektor Wachstumspotenzial hat.

Andreas Mogensen (rechts) überreicht Daniel Thorleifsen auf der Bühne des Katuaq-Kulturzentrums in Nuuk die Flagge, die im Weltraum gewesen war. Der Astrophysiker Michael Linden-Vørnle war ebenfalls dabei, direkt unter der linken Hand von Andreas Mogensen. Foto: Kommuneqarfik Sermersooq
Andreas Mogensen (rechts) überreicht Daniel Thorleifsen auf der Bühne des Katuaq-Kulturzentrums in Nuuk die Flagge, die im Weltraum gewesen war. Der Astrophysiker Michael Linden-Vørnle war ebenfalls dabei, direkt unter der linken Hand von Andreas Mogensen. Foto: Kommuneqarfik Sermersooq

1. Die Lage zwischen den Kontinenten

Als erstes nennt er die Lage Grönlands zwischen Europa und Amerika. Derzeit existiert in dieser Ecke des Globus eine Lücke, die sich gut ausnutzen lässt.

„Es gibt viele Stationen auf Svalbard und in Nordamerika, die Daten von Satelliten empfangen können, aber in Grönland existiert nichts. Das ist besonders wichtig für die Satelliten, die die Pole passieren, und davon gibt es viele“, sagt Michael Linden-Vørnle.

Mit den neuen Datenerfassungsstationen in Grönland könnten also einige Daten die Erde früher erreichen. Das ist beispielsweise wichtig für Überwachungsdaten, aber auch für Wetterdaten.

„Je früher man die Daten auf der Erde hat, desto besser“, erklärt er.

2. Die unbewohnten Gebiete

Der zweite Grund, den Michael Linden-Vørnle anführt, sind die riesigen unbewohnten Gebiete in Grönland. Diese Gebiete bedeuten, dass Genehmigungen für Raketenstarts in Grönland leichter zu bekommen sind, da die Gefahr bei Unfällen, Gebäude, Infrastruktur und Menschen zu treffen, geringer ist.

„Beim Start einer Rakete werden die Behörden eine allgemeine Risikobewertung durchführen. Bewilligungen für Raketen, die keine giftigen Chemikalien enthalten, die die unberührte Natur Grönlands verschmutzen könnten, werden leichter zu bekommen sein“, ist er der Meinung.

Allerdings sind nicht alle Satelliten für einen Start von Grönland aus geeignet. Einige Satelliten profitieren davon, dass sie in der Nähe des Äquators gestartet werden, wo sie von der Erdrotation unterstützt werden. Doch für Satelliten in einer polaren Umlaufbahn, also solche, die von Norden nach Süden oder umgekehrt fliegen, spielt dieser Effekt keine Rolle.

Es sind diese Satelliten, die von Grönland aus gestartet werden könnten, wie Michael Linden-Vørnle betont.

Michael Linden-Vørnle hat am Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen in Astrophysik promoviert, hat aber auch Preise für seine Fähigkeiten in der Wissenschaftskommunikation gewonnen. Foto: artebooking.dk
Michael Linden-Vørnle hat am Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen in Astrophysik promoviert, hat aber auch Preise für seine Fähigkeiten in der Wissenschaftskommunikation gewonnen. Foto: artebooking.dk

3. Die saubere Energie

Als dritter Grund steht die Tatsache, dass in vielen Teilen des Landes Wasserkraft zur Verfügung steht; Strom, der aus aufgestauten Flüssen erzeugt wird, die aus dem grönländischen Eisschild fließen.

Dies mag paradox erscheinen, da Raketenstarts normalerweise mit großen Mengen an fossilen Brennstoffen verbunden sind. Doch Michael Linden Vørnle verweist auf eine neue Starttechnologie namens Spin Launch. Diese Technologie nutzt die Zentrifugalkräfte, um kleine Satelliten in den Weltraum zu bringen, indem sie einfach gedreht werden, bis sie die Fluchtgeschwindigkeit erreichen.

„Die einzigen zwei Dinge, die diese Technologie benötigt, sind viel Platz und Zugang zu billiger Energie. Beides ist in Grönland vorhanden“, fügt er an.

Wie Michael Linden-Vørnle hielten auch Andreas Mogensen und mehrere andere Raumfahrtakteure letzte Woche Vorträge auf der Konferenz in Nuuk. In den folgenden Tagen reiste er zu anderen Orten in Grönland, darunter Ilulissat. Foto: Kommuneqarfik Sermersooq
Wie Michael Linden-Vørnle hielten auch Andreas Mogensen und mehrere andere Raumfahrtakteure letzte Woche Vorträge auf der Konferenz in Nuuk. In den folgenden Tagen reiste er zu anderen Orten in Grönland, darunter Ilulissat. Foto: Kommuneqarfik Sermersooq

4. Vorhersagen von schlechtem ‚Weltraumwetter‘

Die letzten beiden Punkte von Michael Linden-Vørnle betreffen Themen, an denen er selbst geforscht hat. Jahrelang haben Forschungsteams der DTU Space, seiner Arbeitsstelle, den Weltraum von ihren Einrichtungen in den grönländischen Städten Kangerlussuaq und Sisimiut aus untersucht.

Diese Studien betreffen zwei verschiedene Arten von Bedrohungen aus dem Weltraum; die erste ist die Bedrohung durch schlechtes ‚Weltraumwetter‘.

„Die Aktivitäten der Sonne verursachen eine Vielzahl verschiedener Störungen. Sie stört die Funkkommunikation, die für den Flugverkehr wichtig ist, und sie stört die Signale von Navigationssatelliten. Man kann das nicht verhindern, aber durch unsere Forschung in Grönland können wir es immer besser vorhersagen“, erklärt er.

5. Prävention von Bedrohungen durch Weltraummüll

Sein fünfter und letzter Grund hat mit der wachsenden Menge an Trümmern zu tun, die die Erde umkreisen. Verschiedene Organisationen und Länder befassen sich auf unterschiedliche Weise mit diesem Problem. Doch in dieser Frage könnte Grönland den Vorteil seiner Lage auf einem hohen Breitengrad nutzen.

Diese nördliche Lage ermöglicht es den Forschenden, Objekte, die über den Pol fliegen, leichter zu beobachten. Es erlaubt ihnen, wenn die Sicht nicht vom ewigen Sonnenschein des Sommers verdeckt ist, in eine andere Richtung ins All zu schauen, so Michael Linden-Vørnle.

„Wir haben ein Forschungsprojekt laufen, bei dem wir diesen Sommer ein Teleskop nach Grönland bringen werden, das sowohl nach Weltraummüll als auch nach Asteroiden suchen wird“, meint er zum Schluss.

Ole Ellekrog, Polar Journal AG

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