Das Sea Life Sydney Aquarium musste kürzlich Abschied nehmen von einem seiner wohl bekanntesten Bewohner: dem Eselspinguin Sphen. Seine gleichgeschlechtliche Partnerschaft mit Magic sorgte weltweit für Schlagzeilen und machte das Paar in der ganzen Welt berühmt.
Sphen und Magic: Sechs Jahre lang waren die beiden männlichen Eselspinguine ein Paar und erfolgreiche Eltern von zwei Küken, Sphengic und Clancy. Nachdem im Jahr 2018 ihre gleichgeschlechtliche Partnerschaft bekannt wurde, wurden sie als das ‘Penguin Power Couple’ weltberühmt. Rund um den Globus begeisterten sie die Menschen mit ihrer ‘Liebesgeschichte’ sowie als Symbol für Vielfalt und Gleichberechtigung, insbesondere in der LGBTQIA+ Gemeinschaft. Vergangene Woche ist Sphen mit knapp 12 Jahren im Sea Life Sydney Aquarium gestorben.
Aber ist ‘Liebe’ wirklich das korrekte Wort, um die Beziehung zwischen den beiden Pinguinen zu beschreiben? Wir Menschen neigen dazu, menschliche Emotionen und Eigenschaften auf Tiere zu projizieren — ein Phänomen, das als Anthropomorphismus bezeichnet wird. Das ist nur allzu verständlich: In einer Welt, die viel zu sehr von schockierenden, traurigen und beunruhigenden Geschehnissen geprägt ist, berührt und erwärmt eine Geschichte wie die von Sphen und Magic unsere Herzen besonders. Aber welche Auswirkungen hat die menschliche Interpretation des Verhaltens von Tieren beispielsweise auf die Erhaltung von gefährdeten Arten?
Wie alle Tiere zeigen Pinguine Verhaltensweisen, die durch eine Kombination aus biologischen, Umwelt- und sozialen Faktoren gesteuert werden. Während ihre Bindungen stark und beständig sein können, kann das Zuschreiben menschlicher Motive diese Verhaltensweisen vereinfachen und falsch darstellen.
Im Artenschutz kann Anthropomorphismus sowohl ein Werkzeug als auch eine Falle sein. Einerseits fördert er Empathie und hilft Menschen, eine emotionale Bindung zur Tierwelt aufzubauen und ein Verantwortungsbewusstsein sowie ein Gefühl der Dringlichkeit in Bezug auf den Naturschutz zu entwickeln. Andererseits kann er zu Missverständnissen über die Bedürfnisse und das Verhalten von Tieren führen, wie beispielsweise bei ‘Rettungsmaßnahmen’, die zwar gut gemeint aber nicht notwendig sind und im schlimmsten Fall mit dem Tod des Tieres enden können. Man denke nur an scheinbar verlassene Robbenbabies am Strand oder Rehkitze in der Wiese.
Die Geschichte von Sphen und Magic brachte in jedem Fall Aufmerksamkeit für die vielfältigen sozialen Bindungen innerhalb von Pinguinkolonien, wenngleich gleichgeschlechtliche Partnerschaften im Tierreich und auch bei Pinguinen bereits bekannt waren. Während wir uns über diese besonderen Tiere freuen, ist es jedoch wichtig, ihre Geschichten mit einem auf Biologie und Ökologie basierenden Verständnis zu betrachten und zu erkennen, dass ihr Verhalten oft mehr mit Überleben als mit den romantischen Erzählungen zu tun hat, die wir ihnen möglicherweise zuschreiben möchten.
Eselspinguine — ein Kurzportrait
Eselspinguine (Pygoscelis papua) gehören zur Gattung der Langschwanzpinguine, wie auch Adélie- und Zügelpinguine, und sind unter ihnen die Art, mit dem am weitesten nach Norden reichenden Verbreitungsgebiet. Man findet sie vor allem auf den subantarktischen Inseln und auf der Antarktischen Halbinsel. Mit einer geschätzten Größe der globalen Population von mindestens 384.000 Paaren, etwa ein Viertel davon auf der Antarktischen Halbinsel, gehören Eselspinguine nicht zu den gefährdeten Arten.
Die subantarktischen Populationen sind eher ortstreu und unternehmen im Gegensatz zu ihren Artgenossen von der Antarktischen Halbinsel keine langen Wanderungen. Letztere schwimmen im Winter die argentinische Küste entlang nach Norden oder landen als Irrgäste vereinzelt auf Tasmanien und in Neuseeland.
Mit einer Größe von 70 – 90 Zentimetern und einem Gewicht von 4,5 – 8,5 Kilogramm sind sie die drittgrößten Pinguine, nach Kaiser- und Königspinguinen. In der Antarktis ernähren sich Eselspinguine vorrangig von Krill, den sie bei Tauchgängen bis in 54 Meter Tiefe erbeuten. Die Pinguine der subantarktischen Populationen machen eher Jagd auf kleine Fische und Krustentiere, für die sie bis in 136 Meter Tiefe tauchen.
Wie andere Pinguinarten auch, paaren sich die Eselspinguine normalerweise jedes Jahr mit demselben Partner. Auf einem Nest aus Steinchen und Federn brüten sie in der Regel zwei Eier aus. Oft überlebt jedoch nur das Küken, das zuerst geschlüpft ist, insbesondere auf den nördlicheren Inseln. Im ersten Monat nach dem Schlüpfen bleiben die Jungen im Nest und werden abwechselnd von beiden Elterntieren gefüttert. Danach finden sich die Küken der Kolonie in ‘Kindergärten’ zusammen, solange ihre Eltern auf Nahrungssuche sind.
Ein Leben in Gefangenschaft verkürzt die Lebensdauer
Die Lebenserwartung von Eselspinguinen in freier Wildbahn liegt bei 15 – 20 Jahren. Allerdings stehen sie zahlreichen Herausforderungen wie Raubtieren, ungünstigen Wetterbedingungen oder Nahrungsmangel gegenüber, die alle zu einer Verkürzung der Lebensdauer beitragen.
Im Gegensatz dazu führen Eselspinguine in Gefangenschaft ein risikoarmes Leben ohne Fressfeinde, mit einer regelmäßigen Nahrungsversorgung sowie medizinischer Versorgung. Dennoch erhöht dieses «All inclusive»-Paket nicht unbedingt ihre Lebenserwartung. Während es Berichte von Pinguinen gibt, die in Zoos ein Alter von weit mehr als 20 Jahren erreicht haben, liegt die allgemeine Lebensdauer von Pinguinen in Gefangenschaft mit etwa zehn Jahren deutlich unter der ihrer wilden Artgenossen, wobei sicherlich der Stress durch Besucher, der Mangel an Platz und Bewegungsmöglichkeiten, Lärm und die im Vergleich zu einem Leben in Freiheit reizarme Umgebung eine Rolle spielen.
Welche Faktoren im Fall von Sphen zu seinem vergleichsweise frühen Tod führten, wird sich kaum ergründen lassen. Das Sea Life Sydney Aquarium berichtete nur, dass er eines natürlichen Todes gestorben sei.
Sein Partner Magic steht nun vor seiner ersten Brutsaison ohne Sphen und beginnt laut Aussage des Aquariums bereits mit dem Nestbau.
Julia Hager, Polar Journal AG