IceNode: NASA-Roboter sollen unter antarktischen Eisschelfen das Schmelzen dokumentieren | Polarjournal
Der IceNode-Prototyp bei seinem ersten Einsatz im Jahr 2022 unter dem Eis im Lake Superior, Michigan. Foto: NASA / JPL-Caltech

Eine Flotte von autonomen Robotern soll bald unter antarktischen Eisschelfen wichtige Parameter erfassen, um die Schmelzprozesse an der Eis-Wasser-Grenze besser zu verstehen. Das Jet Propulsion Laboratory der NASA hat bereits einen ersten Prototyp in der Arktis getestet.

Wie schnell schmilzt das antarktische Schelfeis und wie schnell könnte dieses Schmelzen den globalen Meeresspiegel ansteigen lassen? Dies sind die zwei zentralen Fragen, die das Projekt «IceNode» des NASA Jet Propulsion Laboratory (JPL) helfen soll zu beantworten. Um an die dafür notwendigen Daten zu gelangen, entwickelt das Projektteam derzeit autonome Unterwasserroboter, die in der Lage sein sollen, in-situ-Schmelzraten an der Eis-Ozean-Grenzfläche an der Unterseite von Eisschelfen zu messen.

Kein einfaches Unterfangen: Die Gewässer unter den viele Kilometer in den Südlichen Ozean hineinragenden Eisschelfen gehören zu den unzugänglichsten Orten auf unserem Planeten. Erst im Januar dieses Jahres ging während einer Forschungsmission im Rahmen der International Thwaites Glacier Collaboration (ITGC) das autonome Unterwasservehikel «Ran» verloren. Glücklicherweise war die Mission im Jahr 2022 erfolgreich und «Ran» sammelte 27 Tage lang unter dem Dotson-Eisschelf wertvolle Daten über die Topographie von dessen Unterseite.

IceNode verfolgt ein anderes Konzept: Eine ganze Flotte von autonomen Unterwasserrobotern soll, verteilt über ein größeres Gebiet, langfristig und zeitgleich die Schmelzraten messen. Die Idee ist, einen Schwarm von IceNodes — jeder der Roboter ist 2,4 Meter lang und hat einen Durchmesser von 25 Zentimetern —  an der Schelfeiskante vom Forschungsschiff oder durch ein Bohrloch im Eis in den Ozean auszubringen. Da die Roboter über keinerlei Antrieb verfügen, sollen sie mithilfe künstlicher Intelligenz die Strömungen so nutzen, dass sie weit unter das Eis gelangen. «IceNodes verwenden fortschrittliche wahrscheinlichkeitsbasierte KI-Steuerungstechniken und modernste Meeresströmungsmodelle, um ihre Tiefe so zu kontrollieren, dass sie unterschiedliche Strömungsschichten ausnutzen und so unter ihr Ziel gelangen», heißt es auf der Projekt-Webseite.

Das Einsatzkonzept für IceNode. Abbildung: NASA / JPL-Caltech

Messungen dort, wo Eis, Wasser und Land aufeinander treffen

Die Forschenden haben als Zielregion insbesondere die Zone nahe der Grundlinie im Visier, dort wo schwimmendes Schelfeis, Ozean und Land zusammentreffen, sowie Höhlen oder Vertiefungen an der Unterseite des Eises, wo es möglicherweise am schnellsten schmilzt. 

Am Ziel angekommen, sollen die Roboter ihren Ballast fallen lassen, aufsteigen und mithilfe eines dreibeinigen «Landegestells» an das Eis andocken. Bis zu ein Jahr lang können sie unter dem Eis verbleiben und kontinuierlich messen, wie schnell warmes, salziges Ozeanwasser aufsteigt, um das Eis zu schmelzen, und wie schnell kälteres, weniger salzhaltiges Schmelzwasser absinkt.

Am Ende ihrer Mission sollen sich die IceNodes wieder vom Eis lösen, mit der Strömung in Richtung offener Ozean treiben und dort ihre Daten per Satellit übertragen.

«Diese Roboter sind eine Plattform, um wissenschaftliche Instrumente an die am schwersten zugänglichen Orte der Erde zu bringen», sagte Paul Glick, ein JPL-Robotik-Ingenieur und der leitende Forscher von IceNode, in einer Pressemitteilung. «Es soll eine sichere, vergleichsweise kostengünstige Lösung für ein schwieriges Problem sein.»

Weitere Vorteile dieses Konzepts sind, dass die IceNode-Flotte beliebig erweitert werden  kann und diese erstmals einen großräumigen Überblick über die Variabilität der Schelfeisschmelzrate und deren Einflussfaktoren liefern werden. Selbst ein relativ kleiner Schwarm von IceNodes könnte einen extrem hohen wissenschaftlichen Nutzen bringen, heißt es auf der Webseite.

Erste Tests erfolgreich

Ein Prototyp von IceNode hat seine Fähigkeiten bereits unter Beweis gestellt. Nach ersten Tests in der Monterey Bay in Kalifornien und im zugefrorenen Lake Superior, einer der Großen Seen, setzte das Projektteam im März dieses Jahres den Roboter erstmals unter Meereis ein. 

In der Beaufortsee führte er bis in 100 Meter Tiefe Messungen von Salzgehalt, Temperatur und Strömungen durch, jedoch (noch) nicht ohne eine Sicherheitsleine zur Oberfläche.

«Wir sind mit den Fortschritten zufrieden. Wir hoffen, die Entwicklung der Prototypen fortzusetzen, sie für künftige Tests unter dem Meereis in die Arktis zu bringen und schließlich die gesamte Flotte unter dem antarktischen Schelfeis einsetzen zu können», so Glick. «Dies sind wertvolle Daten, die die Wissenschaftler brauchen. Jeder Schritt, der uns diesem Ziel näher bringt, ist aufregend.»

Wann IceNode zum ersten Mal unter dem Schelfeis in der Antarktis eingesetzt werden kann, ist noch nicht bekannt.

Julia Hager, Polar Journal AG

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