Behandlung von E. coli-Infektionen – Eine Lösung aus der Kälte? | Polarjournal
In den eisigen Gewässern vor der Küste Spitzbergens entdeckte ein Forscherteam zwei Bakterien, die vielversprechend für die Bekämpfung von E. coli-Infektionen sind. Foto: Yannik Schneider

Während bakterielle Infektionen mit E. coli weiterhin grassieren, manchmal mit schwerwiegenden Folgen, wurden in arktischen Gewässern gerade zwei neue, vielversprechende Bakterien entdeckt.

Antibiotika waren ein bedeutender medizinischer Durchbruch, der bis heute Leben rettet. Sie verhindern, dass chirurgische Eingriffe oder einfache Verletzungen zu Infektionen führen. Allerdings hat der teils übermäßige Einsatz von Antibiotika zur Entwicklung bakterieller Resistenzen beigetragen, die insbesondere in Krankenhäusern schwerwiegende Konsequenzen haben können.

Einige Bakterien, die zunehmend resistenter werden, können nur schwer bekämpft werden. Gleichzeitig stockt die Forschung, weil es an der Entwicklung neuer Antibiotika mangelt.

Es scheint jedoch, dass die Arktis Bakterienstämme beherbergt, die das Potenzial haben, neue Antibiotika bereitzustellen. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die am 30. August in der Fachzeitschrift Frontiers in Microbiology veröffentlicht wurde.

T091-5 und T160-2, so der jeweilige Name der beiden entdeckten Verbindungen, stammen aus den Gattungen Rhodococcus (oben abgebildet) und Kocuria und könnten durchaus eine positive Wirkung auf E. coli-Infektionen haben. Foto: Wikipedia

Um diese Ergebnisse zu erzielen, reisten die Forscher der Universität Helsinki und der Norwegischen Arktis-Universität im August 2020 vor die Küste Spitzbergens. An Bord des norwegischen Forschungsschiffes Kronprins Haakon nahmen sie Proben von wirbellosen Meerestieren und isolierten die Bakterien, die sie in sich trugen. Und der Fang war ziemlich gut: „Wir haben eine Verbindung gefunden, die die enteropathogene Virulenz von E. coli (EPEC) hemmt, ohne das Wachstum zu beeinflussen, und eine wachstumshemmende Verbindung, beide in Actinobakterien aus dem Arktischen Ozean“, erklärte Dr. Päivi Tammela, Co-Autorin der Studie und Professorin an der Abteilung für pharmazeutische Biowissenschaften der Universität Helsinki, in einer Pressemitteilung der Universität Helsinki vom 30. August.

Abkürzung für Escherichia coli. Diese länglich geformte Bakterie verursacht regelmäßig mehr oder weniger schwere Infektionen und ist eine Plage in Krankenhäusern.

Die überwiegende Mehrheit der Stämme dieses Bakteriums ist in 95% der Fälle harmlos und kommt natürlicherweise im Mikrobiom des Darms von Menschen und Tieren vor. Es entwickelt sich in unserer Darmflora während unseres gesamten Lebens und ist die dominante Bakterienart, die sogar eine positive Rolle in unserem Immunsystem spielt.

Dieses Bakterium, der Star der wissenschaftlichen Forschung (es lässt sich leicht im Labor kultivieren und ist Gegenstand zahlreicher Forschungsarbeiten), hat jedoch auch eine dunkle Seite. 5% der E. coli-Stämme sind pathogen und verursachen Infektionen, die tödlich verlaufen können.

Eine Infektion heilt in den meisten Fällen spontan aus, kann sich aber manchmal zu einer schwereren Form, dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS), entwickeln. Bei besonders anfälligen Personen kann dies zum Tod führen.

Eine Ansammlung von E. coli-Bakterien. Normalerweise harmlos, kann es in bestimmten Fällen gefährlich werden. Die Behandlung wird oft durch die Resistenz der Bakterien gegen Antibiotika erschwert. Foto: AMI Images/Science Photo Library

Insbesondere der Stamm der enterohämorrhagischen E. coli (EHEC) verursacht blutige Diarrhöen und greift die Nieren an. Aufgrund seiner Gefährlichkeit müssen Behörden und Hersteller regelmäßig Lebensmittel zurückrufen, wenn dieser Erreger nachgewiesen wird.

In Krankenhäusern ist er für fast ein Viertel der nosokomialen Infektionen verantwortlich. Diese Infektionen werden häufig bei routinemäßigen medizinischen Eingriffen wie Intubationen oder dem Einführen von Sonden und Kathetern übertragen.

Antibiotika dürfen bei der Behandlung nicht eingesetzt werden, da sie eine vermehrte Freisetzung von Toxinen durch E. coli verursachen können. Stattdessen konzentriert sich die medizinische Behandlung darauf, den Zustand des Patienten zu stabilisieren und gleichzeitig nach Wegen zu suchen, die Virulenz der Bakterien zu verringern und den Heilungsprozess zu unterstützen.

Und genau hier könnten T091-5 und T160-2 eine Antwort bieten. Erste Tests scheinen zu zeigen, dass diese Verbindungen eine starke antivirulente Wirkung haben.

Bakterielle Infektionen werden hauptsächlich mit Antibiotika bekämpft, die von Actinobakterien oder Actinomyceten stammen, die typischerweise im Boden vorkommen. Allerdings sind viele natürliche Umgebungen noch nicht auf neue Actinomyceten untersucht worden.

Die Polarregionen könnten ein mögliches Reservoir für bisher unbekannte Bakterien oder organische Verbindungen darstellen, die medizinische Lösungen liefern könnten. So wurden in den letzten Jahren potenzielle Behandlungsmethoden mit Hilfe polarer Organismen entdeckt. Ein Beispiel ist ein antarktischer Meerespilz, der das Potenzial besitzt, gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs wirksam zu sein.

Link zur Studie : Pylkkö Tuomas, Schneider Yannik Karl-Heinz, Rämä Teppo, Andersen Jeanette Hammer, Tammela Päivi, Bioprospecting of inhibitors of EPEC virulence from metabolites of marine actinobacteria from the Arctic Sea, Frontiers in Microbiology, 15, 2024, DOI 10.3389.

Mirjana Binggeli, Polar Journal AG

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