Das System des Antarktisvertrags hat in den letzten Jahren dazu tendiert, bei Umweltfragen ins Stocken zu geraten. Anaïs Rémont, Doktorandin in Geopolitik und internationalem Recht am Australian National Centre for the Study of Ocean Resources, analysierte dies für Polar Journal AG.
Die Frage einer UN-Verwaltung des weißen Kontinents ist seit vielen Jahren vom Tisch, doch wenn man nicht durch die Tür kommt, versucht man es eben durch das Fenster. Der Abschlussbericht der 46. Konsultativtagung des Antarktisvertrages (ATCM) wurde am 12. September in seiner vorläufigen Fassung veröffentlicht. Die Situation zwischen Russland und der Ukraine, die sich kaum verbessert, wird darin erwähnt und teilweise dazu benutzt, eine (neue) Bremse für den Status von Belarus als Konsultativmitglied zu legitimieren.
Bereits 2023 erinnerte die Ukraine daran, dass „der Antarktisvertrag im Rahmen des Systems von Verträgen und Regeln der Vereinten Nationen existiert“. Im letzten Bericht des Sekretariats des Antarktisvertrags unterstreicht der Verweis auf „die aktuellen politischen Umstände“ die Schwierigkeit, eine neutrale Position, wie sie vom Antarktisvertragssystem beansprucht wird, gegenüber den Geschehnissen auf der internationalen Bühne zu halten. Obwohl sich das System als offen und global versteht, ähnelt seine Funktionsweise eher einem besonders geschlossenen und komplexen regionalen System, während sein Umfeld durch externe Bedrohungen beeinträchtigt wird.
Während Belarus seine Absicht bekundete, dem begrenzten Kreis der Konsultativparteien ab 2019 beizutreten, ist fünf Jahre später immer noch kein Konsens erreicht. Diese Uneinigkeit und der Rückschlag für die Ukraine im Jahr 2023 stellen eine Frage in den Mittelpunkt der Diskussion: Welche Position hat das Antarktisvertragssystem gegenüber den Vereinten Nationen? Diese Debatte könnte durch den aktuellen Bericht in ein neues Licht gerückt werden, da ein heikler rechtlicher Präzedenzfall geschaffen werden könnte.
Die Charta der Vereinten Nationen, die bereits in der Präambel erwähnt wird, kommt als „sekundäres“ Element hinzu. In der Tat dient der Vertrag, indem er „die Antarktis ausschließlich friedlichen Aktivitäten vorbehält und in dieser Region die internationale Harmonie aufrechterhält, den Absichten und Grundsätzen“, die von der Charta der Vereinten Nationen vertreten werden. Im Gegensatz dazu fordert Artikel X des Vertrags, dass „jede Vertragspartei sich verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die mit der Charta der Vereinten Nationen vereinbar sind, um zu verhindern, dass jemand in der Antarktis Aktivitäten unternimmt, die den Grundsätzen oder Absichten dieses Vertrags zuwiderlaufen“. Es geht hier also darum, von einer „antarktiszentrierten“ Sichtweise zu einer globaleren Betrachtung überzugehen, die das Ausmaß des offenen Konflikts zwischen Russland und der Ukraine – beide sind beratende Parteien – und die Auswirkungen auf die ukrainische Forschung berücksichtigt.
Zwar ist es dem System gelungen, die verschiedenen Legitimationskrisen zu überwinden, die durch die Ansprüche der Schwellenländer in den 1980er Jahren entstanden sind, doch würde die Nutzung der politischen Dimension innerhalb des Antarktisvertrags darauf hinauslaufen, eine wichtige (und vielleicht gewinnbringende?) rechtliche Bresche für eine unter der Ägide der Vereinten Nationen gesicherte Governance zu schlagen. Die Umsetzung eines Aktionsplans für den Südlichen Ozean mit der gemeinsamen Unterstützung zahlreicher Organisationen wie SCAR, IAATO und WWF, die Entwicklung des Projekts Antarctica InSync im Rahmen der UN-Ozeandekade unter der „Schirmherrschaft“ der UNESCO und die gelegentliche Einladung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und/oder von Beobachtern der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen zu den ACTMs zeugen von einer deutlichen Entwicklung des Antarktis-Vertragssystems „nach außen“.
Die Fragen, die sich schließlich stellen könnten, sind die folgenden. Ist es gerecht, eine Form des rechtlichen Exzeptionalismus in Bezug auf die Antarktis aufrechtzuerhalten? Oder würde das offensichtliche Ungleichgewicht zwischen Konsultativ- und Nicht-Konsultativparteien nicht eine Entwicklung des Systems in Richtung der Einführung von Schutzmaßnahmen für mehr Gerechtigkeit erfordern?
Anaïs Rémont, Doktorandin in Geopolitik und internationalem Recht, erforscht insbesondere die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Recht des Antarktisvertragssystems anhand von zwei großen Themen: Klimawandel und Verwaltung der Ozeane. Ihre Forschung ist an die Universität Wollongong und das Australian National Centre for the Study of Ocean Resources angegliedert.