Urs Stoller’s Grönland | Polarjournal
Elefantenfussgletscher, Romer See, Nordgrönland, 1995. (Foto: Urs Stoller)

Im Juni 2021 verstarb unerwartet Urs Stoller (1949-2021) aus Frutigen an den Folgen von Covid19. Er war 36 Jahre als Hubschrauberpilot auf Grönland tätig. Und hinterliess als begeisterter Fotograf auch etwa 1,800 Aufnahmen von Land und Leuten, die unter dem Titel „Bezaubernde Insel Grönland – farbige Erinnerungen“ in einer Auswahl von März bis Juni 2021 in der Zimmermann-Stiftung im Alten Dorfschulhaus in Wattenwil zu sehen war. Diese und eine Sammlung an Skulpturen, eine geologische Sammlung und andere Stücke, wurden nun von seiner Familie dem Museum Cerny übergeben.

Beschriftung für Elefantenfussgletscher von Urs Stoller für die Ausstellung in Wattenwil.

Die Ausstellung gab mit über 100, teils grossformatigen Bildern einen Überblick über den Stollers Aufenthalt und Arbeit auf Grönland. Ergänzt durch Skulpturen und andere Arbeiten der Inuit, eine geologische Sammlungen und die Kameras von Urs Stoller, füllte die Ausstellung zwei grosse Räume.

Schädel eines Moschusochsen, Ostgrönland, 1988. (Foto: Urs Stoller)

Über seine Zeit dort schrieb Stoller in der Einführung zur Ausstellung: „Ich habe einen grossen Teil meines Lebens in Grönland verbracht. Von 1974 bis 2010 habe ich als Hubschrauberpilot im ganzen Küstengebiet der Insel, das sich auf eine Länge von ca. 7 000 Kilometern erstreckt, gearbeitet. Dabei hat mich vom ersten bis zum letzten Tag meine Fotoausrüstung: Olympus OM-1, Pentax 67 und Linhof Technika 4×5″, begleitet.

Unter anderem habe ich an 16 Sommerexpeditionen der «Geological Survey of Denmark and Greenland» (GEUS), mit Sitz in Kopenhagen, teilgenommen. Dadurch hatte ich das Privileg an Orte hinzukommen, die nur wenigen Menschen zugänglich sind. Im Nationalpark, übrigens dem grössten der Erde, hatte ich die Gelegenheit fünf Sommer zu verbringen.

Ich habe für Glaziologen, Zoologen und Geodäten (Fachleute für das Vermessungswesen) gearbeitet. Gewohnt haben wir fast immer im Zelt. Nach anfänglich sieben Sommeraufträgen mit der «Schweizerischen Helikopter AG» wurde mir im 1987 eine Festanstellung bei der Air Greenland angeboten. Somit konnte ich auf vielen weiteren Einsatzgebieten im ganzen Land arbeiten.

Mütze aus Qiviuk (Moschusochsenfell), dass in der Zeit des Fellwechsels der Tiere aufgesammelt wurde. (Foto: Urs Stoller)

In längeren Freiperioden habe ich die Gelegenheit genutzt, mich im Kajak in der unberührten Natur der Küstengebiete zu bewegen. Meinem Tagebuch kann ich entnehmen, dass ich über dreitausend Kilometer unterwegs war, was 170 Übernachtungen im Zelt erfordert hat.

Während zwanzig Jahren habe ich im eigenen Fotolabor selber Diapositive auf den Qualitätsträger Ilfochrome vergrössert. Eine Selektion dieser Aufnahmen habe ich anschliessend in Passepartouts eingefasst und dazu auch sämtliche Bilderrahmen selber aus Holz angefertigt. Diese Arbeiten haben in den letzten Jahren viel Zeit in Anspruch genommen.“

Steatitskulptur, Frauenkopf, von der grönländischen Künstlerin Sara Kristoffersen (*1937) aus Nuuk, Westgrönland. (Foto: Urs Stoller)

Bereits während der ersten Jahre seines Aufenthaltes, begleitete Urs Stoller eine geologische Expedition nach Nordgrönland, die zur Entdeckung einer neuen Insel, der nördlichsten Insel der Welt, Oodaq Ø, führte. Jüngere Untersuchungen zeigen, dass es sich hier eventuell nicht um eine wirkliche Insel handelt, sondern ein geologisches Phänomen, das zur temporären Aufschüttung von Sedimenten führt. In einer Publikation zum Thema von Ole Bennike und Jeff Shea von 2019 findet eines der Fotos von Urs Stoller von 1979 Verwendung.

„Mein letztes Bild“, Eisberge vor der Küste von Sardloq, an der Südspitze von Grönland, 2016. (Foto: Urs Stoller)

Neben den Menschen interessierte sich Stoller für die Tier- und Pflanzenwelt und dokumentierte akribisch, was er wann und wo sah. Das Ergebnis ist ein beeindruckender Schatz an Informationen zu Klima und Umwelt der grössten Insel der Welt über mehrere Jahrzehnte. Dank der Grosszügigkeit der Familie, bleibt die Sammlung am Museum Cerny als geschlossene Einheit erhalten. Ein Teil dessen wurde für die in Wattenwil gezeigte Ausstellung bereits aufgearbeitet. Um diesen Schatz international nutzbar und zugänglich zu machen, soll noch in diesem Jahr ein Projekt zur Aufarbeitung begonnen werden.  

Martin Schultz, Museum Cerny

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