Walbeobachtungssaison in Nordnorwegen läuft wieder | Polarjournal
Etwa 17 Kilometer vor der Küste Andoyas befindet sich der Tiefseegraben Bleik Canyon, wo sich die Pottwale besonders gerne aufhalten, um zu jagen. Bild: Stefan Leimer

Noch weit ins 20. Jahrhundert hinein waren Pottwale begehrte Beute von Walfängern wegen ihres Walratts und des Trans. Auch heute sind die Tiere eine begehrte Trophäe, aber auf andere Weise. Fotografen und Naturfreunde möchten gerne einen Blick auf die mächtigen Zahnwale werfen, um die sich so viele Legende ranken. Einer der besten Orte dafür liegt nahe der nordnorwegischen Insel Andøya. Und hier findet sich auch Gastautor und Journalist Stefan Leimer wieder, der mittlerweile als Guide für Whalesafari Gästen diese und andere Meeressäuger näher bringt. Nach dem Winter (und den Pandemiemassnahmen) konnte nun wieder die Saison eröffnet werden.

Am Mittwoch, dem 2.2.2022 war es endlich wieder so weit. 14 abgehärtete Touristen aus Holland, Österreich, der Schweiz und Spanien waren warm eingepackt an Bord der M/S Reine, als wir bei sonnigem Winterwetter und knackigen -4° am späten Vormittag den Hafen von Andenes verliessen. Ziel war der Bleik Canyon. Hier, zehn nautische Meilen vor der Küste Andøyas bricht die Kontinentalplatte steil in das Nordmeer hinunter bildet einen bis 3’000 m tiefen Tiefseegraben. Nirgends in Europa ist der Weg von der Küste an den Rand des Kontinentalschelfs kürzer als hier.

Ein Pottwal ruht sich vor der Küste Andoyas für seinen nächsten Tauchgang aus. Im Hintergrund der Leuchtturm von Andenes. Bild: Stefan Leimer

In dieser Unterwasserschlucht gibt es Nahrung im Überfluss und somit ideale Bedingungen für Pottwale, die in den Gewässern vor Andenes ihre Lieblingsnahrung Tintenfische jagen. Bis zu einer Tonne Nahrung frisst so ein Koloss jeden Tag. Ihr Lebensrhythmus besteht aus tauchen, jagen, auftauchen, ausruhen und wieder abtauchen, um zu jagen. Ca. 90% ihres Lebens verbringen diese Zahnwale unter Wasser und können dabei bis über 2’000 Meter tief und mehr als 2 Stunden tauchen. Um sich nach so einem kräftezehrenden Jagdvorgang wieder zu erholen, bleiben sie nach dem auftauchen ruhig an der Wasseroberfläche liegen und atmen alle 15 Sekunden geräuschvoll aus und ein. Das ist der Moment, in dem wir sie in aller Ruhe von unserem Boot, der M/S Reine aus beobachten können.

Whalesafari Andenes fahren mehrmals pro Woche von Andenens aus zu den Jagdgründen der Pottwale. Aber auch andere Wale wie Orcas, Finnwale oder Zwergwale können regelmässig beobachtet werden. Bild: Stefan Leimer

Der Bau der M/S Reine begann zwar vor dem Zweiten Weltkrieg wurde aber erst 1949 abgeschlossen. Die ursprünglich zur Robbenjagd gebaute M/S Reine wurde an die „Vester Steamship Company“ verkauft und als Fährschiff auf den Lofoten und den Vesterålen eingesetzt.

Die Winterpause von Anfang November bis jetzt wurde dafür genutzt, die M/S Reine in der Werft von Blokken für die anstehende Saison fit zu machen. Bild: Stefan Leimer

Später wurde sie zwar noch zum Fischerboot umgebaut, aber als die Reederei Maan Sjøfart A/S das Schiff im Jahr 1991 erwarb, war das Schiff vom Verfall gekennzeichnet und musste mit großem Aufwand renoviert werden. Im Jahr 1992 wurde die dann erstmals als Walbeobachtungsboot eingesetzt. In den vergangenen Jahren wurde das Schiff Schritt für Schritt erneuert und für Walbeobachtungen optimiert. Nicht zuletzt wurden 2001 zwei Hydrophone eingebaut, die es uns ermöglichen, die Pottwale auf Grund ihrer Klicklaute zu orten. Die Pottwale benutzen diese Klickgeräusche zur Navigation, zum Erbeuten ihrer Nahrung, aber auch für die Kommunikation. Dank der Unterwassermikrofone können die Wale lokalisieren, so dass wir, wenn sie auftauchen, bereits in ihrer Nähe sind und sie nicht durch schnelle Fahrten unnötig stören.

Hurtigruten und Rentiere verbindet man mit der Arktis. Rechts oben im Bild die M/S Reine auf dem Weg in Ihren Heimathafen in Andenes. Bild: Stefan Leimer

Nach einer 2-monatigen Pause wussten wir nicht so recht, was wir erwarten durften. Die Pottwale, – übrigens nur männliche Tiere; die Weibchen leben mit ihren Kälbern weiter südlich – halten sich zwar das ganze Jahr über in der Region auf. Aber es kann durchaus schon mal vorkommen, dass wir relativ weit auf das offene Meer hinausfahren müssen, bevor wir sie finden. Entsprechend gross war die Freude, als wir schon bald die ersten Klicklaute der Pottwale empfangen konnten. Zu unserer grossen Überraschung waren nicht nur ein oder zwei Pottwale in der Nähe. Die Klicklaute im Kopfhörer überlagerten sich und wir dürfen davon ausgehen, dass sich im Umkreis von nur wenigen Kilometern gut ein Dutzend Wale aufgehalten haben. Gleich mehrere Blas waren am Horizont zu sehen. Kaum war der erste vor unserem Bug abgetaucht, konnten wir uns dem nächsten zuwenden. Nachdem wir 5 Wale ausgiebig beobachtet und fotografiert hatten, entschied Kapitän Geir Maan die Heimfahrt nach Andenes anzutreten, wo wir um 14h00 wieder ankamen. Mit diesem wunderbaren Tag ist Whalesafari Andenes erfolgreich in seine 33 Saison gestartet.

Link zur Webseite von Whalesafari Andenes

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