Hitlers geheime Pläne von Eisbären durchkreuzt | Polarjournal
Erstmals wurden die Überreste der Wetterstation unser dem Decknahmen «Schatzgräber» im Sommer 2016 wiederentdeckt. (Foto, Evgeniy Ermolov)

Es existieren viele Verschwörungstheorien über Nazi-Einrichtungen im ewigen Eis. Doch es gab auch Unternehmungen, die tatsächlich existierten. Die Mission der Wetterstation «Schatzgräber» musste jedoch wegen eines bizarren Vorfalls abgebrochen werden.

Die spärlichen Überreste sind weit verstreut. (Foto, Evgeniy Ermolov)

Östlich von Spitzbergen, auf der ehemalig sowjetischen Inselgruppe Franz Joseph Land wurde unter dem Decknamen «Schatzgräber» eine weitere deutsche Wetterstation eingerichtet. Die Station war mit der damals neusten Technik ausgestattet. Nachschub erhielten sie per U-Boot oder Fallschirmabwurf. Die Wetterbeobachtungen und –messungen sollen darauf abgezielt haben, Schläge auf zentrale Gegenden der damaligen UdSSR aufzuführen oder Waffenlieferungen aus dem Westen an die Sowjetunion über die Barentssee zu unterbinden.

Einige Utensilien konnten noch ihrer Bestimmung zugeordnet werden. (Foto, Evgeniy Ermolov)

Am 30. Mai 1944 erlegten der Wetterinspektor Gerhard Wallik und der Marine-Obergefreite Werner Blankenburg einen Eisbären, dessen Fleisch vom letzteren – gleichzeitig Koch der Wetterstation – zu Hackfleisch verarbeitet und von der Besatzung in rohem Zustand verspeist wurde. Nach wenigen Tagen erkrankte als erster der Obergefreite Blankenburg, der das meiste Tatar verspeist hatte, an Schmerzen in den Beinen und hohem Fieber. Innerhalb eines Monats erkrankten neun weitere Angehörige des Wettertrupps, bis auf den Sanitäter Gerhard Hoffmann, der das rohe Fleisch nicht gegessen hatte, weil er Vegetarier war. Per Funk-Ferndiagnose wurde vom Sanitätsdienst des Marinekommandos in Oslo Trichinellose festgestellt. Das Unternehmen wurde daraufhin abgebrochen, eine Evakuierung per Flugzeug mit Focke-Wulf 200 Condor umgehend befohlen. Am 11. Juli landete das Flugzeug, mit einem auf Alexandraland notdürftig reparierten Fahrwerk und mit allen Mitgliedern des Wettertrupps «Schatzgräber» an Bord in Trondheim. Die Beobachtungsstation wurde später durch Soldaten abgebaut und per U-Boot verfrachtet.

Die erkrankten Soldaten wurden mit einem Flugzeug evakuiert.

Der zum Schutz der Wetterstation angelegte Minengürtel konnte während der Abholung des Wettertrupps nicht entfernt werden. Als den Veteranen der Unternehmung in den 1950er Jahren bekannt wurde, dass die Sowjetunion ganz in der Nähe inzwischen eine eigene Wetterstation eingerichtet hatte, versuchten die Deutschen zur Sowjetführung Kontakt aufzunehmen, um dieser die Lage der Minen mitzuteilen, was allerdings von der sowjetischen Seite ignoriert wurde. Erst im Jahr 1990 konnten die Minen durch eine Expedition des norwegischen Polarinstituts gesichert und entschärft werden. Die alten Minenkarten des Wettertrupps Schatzgräber dienten hierbei als Grundlage.

Die ehemalige Station«Schatzgräber» liegt auf der Alexander Insel im Westen der Inselgruppe Franz-Joseph-Land unweit der russischen Militärbasis Nagurskaja

Mehr als 70 Jahre später stehen russische Wissenschaftler in den Ruinen der sagenumwobenen Station, um ihr die letzten Geheimnisse zu entreißen. «Über die deutsche Polar-Operation existieren viele Mythen, aber wenige Belege», sagt Expeditionsleiter Evgeniy Ermolov. Aktuell werden diese neusten Funde für einen Abtransport nach Archangelsk vorbereitet.

Heiner Kubny, PolarJournal

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