Chiles selbstgebauter Eisbrecher nimmt Gestalt an | Polarjournal
Noch sieht Chiles künftiger Eisbrecher noch skelettartig aus. Doch schon in 6 Monaten soll der Stapellauf erfolgen und ab 2024 die chilenischen Antarktisstationen versorgen und Polarforschung betreiben. Bild: ASMAR Shipyard

Der Bau von Eisbrechern wird meist arktischen Ländern überlassen aufgrund der Erfahrung und der technischen Möglichkeiten. Doch mittlerweile wollen einige Länder diese technisch anspruchsvolle Aufgabe nicht mehr anderen überlassen, sondern nehmen es in ihre eigenen Hände. Dazu zählt auch Chile, welches vor zwei Jahren mit dem Projekt «Antarctica-1» Schlagzeilen machte. Das Projekt sieht vor, einen eigenen Eisbrecher, den ersten in Lateinamerika, zu bauen. Mittlerweile ist der Bau weit fortgeschritten, wie die Werft und die chilenische Marine bestätigen.

Nach Angaben der ASMAR Schiffswerft in Talcahuano ist der Bau des Schiffes mittlerweile zu 60 Prozent fortgeschritten und das Schiff kann zwischen Dezember 2022 und Januar 2023 gewassert werden. «Wir hoffen, dass wir in den nächsten Monaten die Installation von Blöcken abschliessen, die Installation von Systemen und die Fertigstellung von Wohnbereichen weiter vorantreiben können. Der nächste wichtige Meilenstein ist der Stapellauf des Rumpfes ins Meer,» erklärt Jaime Sotomayor Bustamante, der Direktor von ASMAR.

Der Bau des Eisbrechers begann zwar schon 2018, wurde aber vor allem durch die Pandemie im Zeitplan nach hinten geworfen. Ursprünglich hätte das Schiff bereits 2023 in Richtung Antarktis unterwegs sein sollen. Der neue Zeitplan sieht nun vor, dass im Dezember 2023 die Systeme eingebaut und Testfahrten unternommen werden. Den ersten Einsatz soll das Schiff dann in der Antarktissaison 2024/25 sehen. Da der Bau des Eisbrechers Chiles Ambitionen in der Antarktis unterstreichen soll, indem er eigenständig in Chile gebaut wird, wird er von der Regierung genau beobachtet und unterstützt. Für die Werft ist der Bau der bisher komplexeste und grösste in der Geschichte und ebenfalls ein Prestigeprojekt. Denn es handelt sich um den ersten in Lateinamerika gebauten Eisbrecher.

So wird der neue 111-Meter lange Eisbrecher aussehen, wenn er Ende 2024 seine Aufgaben in der Antarktis aufnehmen wird. Seine PC5-Eisklasse soll es ihm erlauben, bis zu einem Meter dickem einjährigen Eis mit konstanten drei Knoten zu brechen. Bild: ASMAR Shipyard

Der neue Eisbrecher wird den bisherigen im Einsatz stehenden Eisbrecher Almirante Oscar Viel ersetzen. Denn das ursprünglich in Kanada gebaute Küstenwachschiff ist mittlerweile mit seinen 53 Jahren an das Ende seiner Zeit gekommen. Seit 1995 versah sie ihren Dienst und versorgte die chilenischen Stationen, führte Forschungsfahrten durch und unterstützte auch die Stationen anderer Länder. Das neue Schiff wird neben einer grösseren Reichweite und einer längeren Selbstversorgungszeit auch eine höhere Eisklasse aufweisen. Ausserdem werden zwei Hubschrauber in einem Hangar Platz finden, um so die Möglichkeiten der Versorgung und Forschung erweitern. Insgesamt 86 Crewmitglieder, 34 Forscher und 19 20-Fuss-Container plus 400 Kubikmeter Treibstoff und ebenso viel Material sollen auf dem 111 Meter langen Schiff Platz finden. Angetrieben wird das 10’000 Tonnen Schiff mit 2 dieselelektrischen Motoren und einer Gesamtleistung von 20’000 PS angetrieben.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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