In den USA sind die Gesetze, die den Handel mit Elfenbein regeln, nicht einheitlich. Während in einigen Staaten der Handel nur mit Elefantenzähnen verboten ist, sind in anderen Staaten die Gesetze strenger ausgelegt und verbieten den Handel mit sämtlichen Elfenbeinprodukten. Nun plädieren Vertreter der Inuit in Alaska für eine Lockerung der Gesetze in Bezug auf Walrossprodukte.
Wer in den USA Gegenstände aus Elfenbein erwerben möchte, muss beachten, in welchem Staat eingekauft wird. In den meisten Staaten ist der Handel mit Elfenbeinwaren, die aus den Stosszähnen von Elefanten hergestellt werden, komplett verboten. Einige Staaten sind aber einen Schritt weiter gegangen und haben den Handel mit Produkten aus allen Elfenbeinquellen verboten. Darunter fallen auch handgeschnitzte Produkte aus Alaska. Diese Situation möchten Vertreter der Inuit ändern, um dem lokalen Handwerk der Elfenbeinschnitzer eine Verdienstmöglichkeit zu gewähren. Dazu ist Melanie Bahnke, die Präsidentin der Non-Profit-Organisation Kawerak in Nome, Alaska, nach Washington D.C. gereist, um vor dem Senat ihre Standpunkte darzulegen und für eine Änderung zu plädieren. «Der Ausdruck des Abscheus auf den Gesichtern von Touristen, wenn sie merken, dass ein Gegenstand in ihren Händen aus Walross hergestellt ist und sie gleichzeitig Echtlederschuhe (oder Jacken mit Pelzkragen, Anm. d. Red.) tragen, ist reine Ironie», erklärt Melanie Bahnke.
In dieser Woche fand ein Forum über Elfenbein aus Alaska vor dem US-Senat statt, bei dem einige Sprecher aus der Beringregion ihr Anliegen vorbringen konnten. Der Tenor der Fürsprecher war, dass sie nicht nur gegen Gesetze antreten müssten, sondern auch gegen soziale Normen. Denn auf der Strasse ist die Haltung, dass jeglicher Handel mit Elfenbein, auch aus Walrossen, verboten bleiben muss. Doch Bahnke machte im Forum klar: Walrosselfenbein ist nicht Elefantenelfenbein. Ihrer Meinung und die vieler Einheimischen aus Alaska nach, sind die Walrosspopulationen in der Beringstrasse noch in gesundem Zustand. Ausserdem seien sie nicht auf der Jagd nach Walrossen wegen der Zähne, sondern weil sie «unsere Nahrungsquellen sind. Und sie sind unsere spirituelle Verbindung zu unseren Vorfahren. Und es ist wunderschöne Kunst. Und sie sollte nicht verboten werden», sagte sie vor dem Ausschuss. Weiter fügte sie an, dass das Leben in den kleinen Gemeinden Alaskas sehr teuer ist und die Schnitzer nicht viele Verdienstmöglichkeiten haben. Sie schloss ihr Plädoyer im Forum mit dem Aufruf, die Geschichte des Elfenbeins aus Alaska zu verbreiten.
Dass diese Geschichte zwar sehr stark, aber auch sehr stark umstritten ist, ist klar. Denn bessere Verdienstmöglichkeiten würden dazu führen, dass die Leute mehr Walrosse jagen. Dadurch wird eine Art, die bereits durch den Klimawandel unter Druck gekommen ist, noch weiter geschädigt. Und die Abgeschiedenheit der Gebiete macht es für Kontrollen sehr schwierig, bzw. für den illegalen Handel einfach, an Elfenbein zu kommen. Auf der anderen Seite fliessen in die Arbeiten der Schnitzer Tradition, Kunst und ihre Geschichten ein. Aspekte, die lange Zeit unterdrückt worden sind und jetzt mit dem wiedererstarken der eigenen Kultur auch gepflegt werden müssen, um nicht zu verschwinden. Die Frage bleibt, ob die Öffnung für Walrosselfenbein aus Alaska langfristig nachhaltig betrieben werden könnte oder Gier und verstärkte Nachfrage schliesslich zum Ende der Walrosse und damit auch der Elfenbeinschnitzer aus Alaska führen würde. Welcher Weg auch eingeschlagen wird, einen Verlierer wird es immer geben.
Dr. Michael Wenger, PolarJournal