Australischer Eisbrecher Aurora Australis geht in Rente | Polarjournal
Der liebevoll «Orange Roughy» genannte Eisbrecher war für Australien ein Sinnbild ihrer Arbeiten für die Antarktis. Nun blickt das Schiff neuen Horizonten entgegen. Bild: AAD / Kristin Yates

Eisbrecher sind für die Versorgung antarktischer Stationen, aber auch für die Forschung unerlässliche Hilfsmittel. Die Stahlkolosse sind daher in vielen Antarktisstaaten bekannt und haben ihre eigene Fangemeinde. Gestern Sonntag ging nun in Hobart, Australien eine Ära zu Ende: Der Eisbrecher Aurora Australis wurde offiziell ausser Dienst gestellt, nach mehr als 30 Jahren Service im Rahmen des australischen Antarktisprogramm.

Als am 25. März der Kapitän Gerry O’Doherty die Aurora Australis in Hobart ans Pier brachte und die Maschinen stoppte, endete die 31-jährige Dienstzeit des Schiffes und eine über 20-jährige Freundschaft zwischen Kapitän und dem liebevoll genannten «Orange Roughy». Der auffällig gestrichene Eisbrecher hatte sein letzte Versorgungsfahrt zu Australiens ältester Station, auf Macquarie Island, vollendet und damit auch das diesjährige australische Antarktisprogramm beendet. Mehr als 150 Fahrten hat das Schiff in seiner Laufbahn in die Antarktis unternommen und dabei mehr als 14’000 Forscher, Techniker und andere Personen zum südlichsten Kontinent gebracht. Der Leiter des Australian Antarctic Division (AAD), Kim Ellis, meinte dazu: «Jede Person, die auf der Aurora Australis mitgesegelt ist, hat den Eisbrecher in ihr Herz geschlossen. Entweder weil das Schiff mitgeholfen hatte, die Forschung weiterzubringen oder weil es sie nach Süden in ein antarktisches Abenteuer transportiert hatte. Sie ist mehr als ein Schiff. Sie war eine Rettungsleine, ein Heim, ein Symbol, das den antarktischen Geist in seiner Gesamtheit widerspiegelt.»

Die AAD drehte ein emotionales, aber spannendes 5-minütiges Video zum Abschied der Aurora Australis. Auch wenn es in Englisch ist, sollte man es sich nicht entgehen lassen. Video: AAD

Der Eisbrecher wurde 1989 in Newcastle in New South Wales, Australien, vom Stapel gelassen und unternahm ab Herbst 1990 die Versorgung und Forschungsfahrten für die AAD. Seine erste Reise ging zur australischen Station auf der subantarktischen Station Heard. In den darauffolgenden Jahren durchlebte das Schiff eine Menge an verschiedenen Situationen, diente als Rettungsschiff für verletzte und kranke Personen in Antarktika, holte Schiffe und Menschen aus Notsituationen im Eis, und lieferte auch für andere nationale Antarktisprogramme Mensch und Material auf den Südkontinent, zuletzt für das französische Antarktisprogramm. Doch das Schiff erlebte auch schwierige Situationen, wie beispielsweise Havarien mit Felsen, im Eis steckenbleiben oder einen Brand im Motorenraum. Legendär war auch sein Verhalten im rauen Ozean, was bei vielen Eisbrechern aufgrund ihrer flachen Unterseite der Fall. Mit einem Neigungswinkel von bis zu 45 Grad waren die Decks und Gänge an Bord teilweise steiler als alle Strassen in Australien und machte das Leben an Bord zu einer Herausforderung. Dies gab ihm, zusammen mit seiner Unverwüstlichkeit, den Namen «Orange Roughy».

Das knapp 95 Meter lange und über 20 Meter breite Schiff beherbergte bis zu 116 Passagiere und 24 Crew. In seinem Inneren waren neben Lagerräumen und Kabinen auch Labors, Aufenthaltsräume und andere Annehmlichkeiten eingebaut. Das Video nimmt uns mit auf eine Tour durch das Schiff. Video: AAD

Der Eisbrecher gehört eigentlich nicht der AAD, sondern der Firma P&O Maritime Services und wurde verchartert. Neben der AAD hatte auch das australische Verteidigungsministerium den Eisbrecher 2011 für Hilfs- und Versorgungsmissionen gechartert. Das Schiff war auch entsprechend gut ausgerüstet. Neben den normalen Lager- und Containerräumen waren auch verschiedene Labors für biologische, meteorologische und ozeanographische Arbeiten untergebracht. Insgesamt 116 Passagiere, die in 3er- und 4er-Kabinen logierten, fanden auf dem knapp 95 Meter langen Schiff Platz. Eine Bibliothek, ein Fitnessraum, Aufenthaltsräume und eine grosse Kantine bildeten die sozialen Treffpunkte für die Menschen an Bord. Angetrieben wurde das Schiff von Dieselmotoren mit einer Gesamtleistung von 10’000 kW und hatte die höchste Eisbrecher-Eisklasse. Bis zu 1.20 Meter dickes Eis konnte die Aurora brechen. Ihre Verdrängung betrug etwas mehr als 8’000 Tonnen. Mit an Bord waren auch drei Hubschrauber, die für Transporte an unzugängliche Orte verwendet wurden.

Die Nachfolgerin der Aurora Australis wird Australiens neuer Stolz, die Nuyina, sein. Das Schiff wird 2/3 grösser und stärker sein und mit den neuesten Technologien versehen, auch umwelttechnisch, um dem Schutz der fragilen antarktischen Ökosystemen Rechnung zu tragen. Sein Name bedeutet auch «Polarlicht» in einer der Aboriginal-Sprachen. Bild: Antarctic Logistics

Die Nachfolge des «Orange Roughy» wird Australiens neuester Eisbrecher, die RV Nuyina sein. Das 160 Meter lange Schiff, das mit einer Verdrängung von 25’500 Tonnen mehr als dreimal die Aurora übertrifft, wurde in Rumänien gebaut und sollte nach Australien geliefert werden. Eigentlich hätte sie kommende Saison ihren Dienst antreten sollen. Doch aufgrund der COVID-19-Pandemie mussten Lieferfristen für Teile und die notwendigen Probefahrten auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Als Ersatz für den Ausfall hat die AAD das eisverstärkte Multifunktionsschiff MPV Everest für die kommende Saison 20/21 gechartert. Nach Angaben der AAD wird sie bis zur Bereitstellung der Nuyina eingesetzt. Auch die eigentlich geplanten Abschiedszeremonien für die Aurora Australis mussten durch die Pandemie abgesagt werden. Die «Orange Roughy» wird also nun in Rente gehen, wie sie all die Jahre ihren Dienst geleistet hatte: ohne grosses Aufsehen, aber mit Würde und in aller Ruhe. Farewell, Orange Roughy!

Die MPV Everest ist ein Multifunktionsschiff mit einer hohen Eisklasse und genügend Platz für Material und Menschen. Das 2017 gebaute Schiff entspricht allen Anforderungen der AAD für die kommende Saison. Bild: AAD

Quelle: Australian Antarctic Division

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