Ein Bakterium bedroht Moschusochsen | Polarjournal
Moschusochsen bevorzugen als Lebensraum niederschlagsarme Tundren.  Überwiegend halten sie sich in tiefer gelegenen Ebenen und Flusstälern auf. Gelingt es nicht wegen schlechter Weide- und Wetterbedingungen eine für den Winter ausreichende Fettreserve aufzubauen, droht der Hungertod, meist im Spätwinter und zu Frühjahrsbeginn. (Foto: Walter Notter)

Moschusochsen, zottig behaarte arktische Überlebende des Pleistozäns, sahen sich seit dem Ende der letzten Eiszeit vielen Herausforderungen gegenüber. Jetzt gibt es eine weitere: ein Bakterium, das häufiger bei südlichen Nutztieren wie Schweinen und Hühnern vorkommt. Anzeichen auf das Bakterium «Erysipelothrix rhusiopathiae» wurde nach vermehrten Todesfällen von Moschusochsen nach weitgehenden Tests gefunden. Dies berichtete die Zeitschrift PLOS ONE in einer Studie.

Untersuchungsgebiet und Herkunft der Proben von 818 Moschusochsen, die auf «Erysipelothrix rhusiopathiae» untersucht wurden. Für jede Region wird die Anzahl der Seropositiven/Anzahl der getesteten Moschusochsen und der Prozentsatz der Positiven angegeben. A: Nunivak-Island; B: Game Management Unit (GMU) 22; C: GMU 23; D: GMU 26; E: Banks Island; F: Victoria-Island; G: Kitikmeot-Festland.

«Erysipelothrix rhusiopathiae» verursacht Infektionen, die für Tiere meist tödlich verlaufen. Das Bakterium wird für das kürzliche sterben der Moschusochsen auf Banks Island und Victoria Island in den kanadischen Nordwest-Territorien verantwortlich gemacht. Gebiete, die große, aber rückläufige Populationen von Moschusochsen beherbergen. Das mit dem Bakterium zusammenhängende Tiersterben trat im Sommer auf und wurden als plötzlich und ohne Zusammenhang mit Nahrungsmangel beschrieben.

Als Informationen über sommerliche Todesfälle eintrafen, schlossen sich Wissenschaftler aus Kanada und Alaska zusammen, um zu versuchen das Ausmaß der Infektion bei Moschusochsen zu verstehen.

„Als das Bakterium auf Banks Island und Victoria-Inseln auftauchte, war das eine ziemlich große Sache“, sagte Layne Adams, Biologe des U.S. Geological Survey und Mitautor der neuen Studie. Bei seiner Arbeit im Nordwesten Alaskas ist sie ebenfalls auf ein sommerliches Sterben von Moschusochsen gestossen.

Heute leben Moschusochsen in größerer Zahl in Grönland, Kanada, Sibirien und Alaska sowie als kleinere Herden in Norwegen und Schweden. Allerdings ist nur ihr Vorkommen im Norden Kanadas und im Nordosten von Grönland natürlichen Ursprungs. (Foto: Walter Notter)

Die neu veröffentlichte Studie analysierte 818 Blutproben, die von Moschusochsen in Alaska und Kanada entnommen wurden. Mehr als ein Viertel davon wurden positiv auf das Bakterium getestet. Das Bakterium ist laut der Studie schon seit langer Zeit in Moschusochsen-Populationen nachweisbar. Es gibt aber Anzeichen dafür, dass die Ansteckungen unter den Moschusochsen steigen.

„In einigen Populationen scheint die Erkrankung mit dem Bakterium zugenommen zu haben“, sagte der Schweizer Tierarzt Fabien Mavrot von der Universität Calgary und Hauptautor der Studie. „Aber es gibt Lücken in den Informationen, so dass allgemeine Schlussfolgerungen verfrüht sind. Wir können nicht mit Sicherheit sagen, dass es sich um einen allgemeinen Trend für jede Moschusochsen-Population handelt, die wir getestet haben“, sagte er.

„Das Bakterium «Erysipelothrix rhusiopathiae» ist sehr wohl in der Lage, von einer Art zur anderen zu springen“, so Mavrot weiter. Bei Moschusochsen trägt «Erysipelothrix rhusiopathiae» zu einer Reihe von Stressfaktoren für die Tiere bei, die sie in Kombination anfällig machen können.

Obwohl das Bakterium bekannt ist Nutztiere zu infizieren, wurde es auch bei Wildtieren wie Hirschen, Wölfen und Füchsen gefunden. Es kann von Fischen, Meeressäugern und Vögeln übertragen werden. Im hohen Norden können Karibus und Moschusochsen, die über das Meereis laufen, das Bakterium möglicherweise von Insel zu Insel tragen.

Beim Menschen gelten Infektionen als Berufsrisiko für Tierärzte, Landarbeiter, Jäger und andere Menschen, die mit Tieren arbeiten. Das übliche Ergebnis einer Infektion ist ein Hautausschlag, der leicht mit Antibiotika behandelt werden kann.

Heiner Kubny, PolarJournal

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