Niederschläge in der Antarktis könnten zunehmen | Polarjournal
Am Neujahrstag 2014 fällt bei der französischen Dumont d’Urville Station in der östlichen antarktischen Küste Regen. (Foto: Bruno Jourdain UGA / CNRS / IPEV)

Laut einer neuen Studie könnten die Niederschlagsmenge, die Häufigkeit und auch die Intensität in den nächsten 80 Jahren entlang der Küste der Antarktis zunehmen. Wenn bis 2100 weiterhin Treibhausgase auf hohem Niveau freigesetzt werden, könnte der Regen auf dem gesamten Kontinent um durchschnittlich 240% zunehmen. Die Zunahme der Niederschläge könnte das Schmelzen einiger großer Eisflächen des südlichen Kontinents fördern. Dies würde folglich zu einem Anstieg des Meeresspiegels rund um den Globus beitragen.

Bei Kap Adare befindet sich die weltweit grösste Brutkolonie der Adeliepinguine mit über 250’000 Brutpaaren. Küken sind bei Regen besonders gefährdet, da ihr Federkleid noch nicht wasserdicht ist. Das kalte Wasser direkt auf der Haut führt zu Unterkühlung und zum Tod durch Erfrieren. (Foto: Heiner Kubny)

Regen kann auch dramatische Folgen für Kaiser- und Adélie-Pinguinküken haben. Da die Federn der Küken noch nicht wasserdicht sind, können sie gefrieren, wenn das nasse Wetter anschließend abkühlt und der Wind aufkommt. Die Brutzeit einer der größten Kolonien von Adélie-Pinguinkolonien rund um die Forschungsstation Dumont d’Urville in der südöstlichen Antarktis war in der Saison 2013-2014 aufgrund von Regenfällen völlig ausgefallen.

„Wir erwarten nicht nur häufigere Regenfälle, sondern auch intensivere Niederschläge“, sagte Etienne Vignon vom französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung und der Universität Sorbonne in Paris. Vignon ist Erstautor der neuen Studie, die in Geophysical Research Letters, veröffentlicht wurde und arbeitet zur Zeit im Labor von Studienleiter Professor Alexis Berne an der ETH Lausanne in der Schweiz.

Der meiste Niederschlag in der Antarktis ist Schnee. Regen ist ungewöhnlich und wenn er auftritt, ist er normalerweise an den Küsten des Kontinents anzutreffen. Die neue Studie schätzt, dass Regen durchschnittlich bis zu vier Tage pro Jahr über die Küste der östlichen Antarktis und durchschnittlich mehr als 50 Tage auf der nordwestlichen Antarktischen Halbinsel fällt.

Wo der Regen fällt: Jährliche Regentage in der Antarktis im Durchschnitt von 1979 bis 2017, wie von zehn Forschungsstationen berichtet. Die dunkleren blauen und grünen Bereiche erlebten regnerischere Tage. (Grafik: Vignon et al. (2021) Geophysical Research Letters / AGU

Dies kann sich jedoch ändern. Vignon und seine Mitautoren machten sich daran, den zukünftigen Regen auf dem Kontinent zu messen und vorherzusagen, nachdem die Forscher einen Anstieg der Regenereignisse festgestellt hatten.

Die Forscher wollten wissen, wie häufig Regen in der Antarktis ist und wie er vom Klimawandel beeinflusst werden könnte. Herkömmliche Systeme zur Klimaverfolgung sind jedoch aufgrund des extremen Wetters nicht in der Lage Niederschläge vorherzusagen. „Es ist immer noch eine Herausforderung, den Niederschlag in der Antarktis zu messen“, sagte Vignon.

Dr. Alexis Berne (links) ist ausserordentlicher Professor im Labor für Umweltfernerkundung an der ETH Lausanne und Studienleiter. Eines seiner Fachgebiete ist Niederschlagsforschung in Polarregionen. Dr. Etienne Vignon (rechts), der Hauptautor der Studie, stammt von der Sorbonne ist Atmosphärenphysiker und arbeitet zurzeit im Labor von Alexis Berne in Lausanne. Bild: Screenshot Youtube-Video EPFL News

Vignon und seine Co-Autoren sammelten Informationen über Regen aus mehreren Jahrzehnten aus Beobachtungsberichten von 10 Forschungsstationen auf dem gesamten Kontinent. Sie verglichen diese Berichte mit einer sogenannten atmosphärischen Neuanalyse, einer Kombination aus Modellsimulationen und verschiedenen Arten von Beobachtungen von Sensoren wie Radiosound, Radar und Radiometern am Boden oder an Bord von Satelliten.

So entwickelten sie eine Klimatologie des Niederschlags in den letzten 50 Jahren, die die gesamte Antarktis über die Gebiete unmittelbar um die 10 Forschungsstationen hinaus abdeckte.

Der meiste Regen fiel entlang der Küsten und der Antarktischen Halbinsel. „Im Durchschnitt fällt auf dem Hochplateau fast nie Regen, weil die Temperatur zu kalt ist“, sagte Vignon.

Insgesamt nahmen die Niederschläge auf der Halbinsel zwischen 1955 und 1999 zu. Überraschenderweise kehrte sich der zunehmende Trend von 2000 bis 2015 um und verhielt sich tatsächlich für einen bestimmten Zeitraum rückläufig. Vignon meinte, dies habe wahrscheinlich mit einer großen natürlichen Variabilität des Klimas in dieser Region zu tun.

Das Kaiserpinguin-Küken ist völlig ungeschützt. Kommt noch Feuchtigkeit dazu ist die Überlebenschance gleich null. (Foto: Heiner Kubny)

Prognose steht auf Regen

Die Forscher wollten aber auch sehen, was in Zukunft passieren wird. Sie kombinierten diese Klimatologie vergangener Niederschläge mit sieben verfügbaren zukünftigen Klimaszenarien, die im CMIP6 vom World Climate Research Programm, einem internationalen Programm zur Koordinierung der globalen Klimaforschung, beschrieben wurden. Die Ergebnisse zeigten, wie sich der Niederschlag in den verschiedenen Szenarien bis 2100 ändern könnte. Unabhängig davon, in welchem ​​Szenario sie ausgeführt wurden, zeigten die Modelle den gleichen Trend.

Zunehmender Regen könnte schwerwiegende Folgen für die Pinguine haben, die an den Küsten nisten. Es könnte sich aber auch auf den Anstieg des Meeresspiegels auswirken, da Regen das Schmelzen und Aufbrechen von Eisschelfs, insbesondere des Ronne- und Ross-Eisschelfs in der westlichen Antarktis, fördern könnte. „Regen kann das Schmelzen der Schneedecke fördern“, sagte Vignon.

Heiner Kubny, PolarJournal

Link zur Studie: Vignon, É., Roussel, M.‐L., Gorodetskaya, I. V., Genthon, C., & Berne, A. (2021). Present and Future of Rainfall in Antarctica. Geophysical Research Letters, 48, e2020GL092281. https://doi.org/10.1029/2020GL092281

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