Fossile Babyzähne zeigen Sauriervielfalt in der Arktis | Polarjournal
T-Rex, die als Familie durch die arktische Wildnis Alaskas streifen und das ganze Jahr dort verbringen. So stellen sich die Forscher und der Maler James Havens die Situation in der Kreidezeit vor. Fossilienfunde von Forschern stützen die Vorstellung. Bild: James Havens via University of Alaska Fairbanks

Die «Jurassic»-Reihe hat in den Köpfen der Menschen das Bild von Dinosauriern in warmen, teils tropischen Umgebungen geprägt. Als Reptilien seien die Tiere wechselwarm gewesen und hätten eine entsprechende Umwelt benötigt. Doch die Realität sind anders aus, wie ein US-amerikanisches und kanadisches Forschungsteam zeigen konnte: Dinosaurier lebten das ganze Jahr über in der Arktis, sogar in der winterlich-kalten Dunkelzeit.

Das Team unter der Leitung von Dr. Pat Druckenmiller vom Museum of the North der Universität Alaska und Professor Gregory Erickson von der Florida State Universität entdeckten Fossilien von Babys von sieben verschiedenen Dinosaurierarten an den Ufern des Colville Rivers im nördlichen Alaska. Die sogenannte Prince Creek Formation enthielt kleine Knochen, Zähne und Fragmente von Saurierbabys aus der späten Kreidezeit, die entweder gerade erst geschlüpft waren oder sogar noch im Ei gelegen hatten, als sie starben. Insgesamt siebzig Prozent aller bekannten Saurierfamilien sind in den Funden repräsentiert. «Das war wie auf einer prähistorischen Geburtenabteilung», erklärt Gregory Erickson in einer Pressemitteilung.

Die Abbildung zeigt, wie klein die entdeckten Fossilienreste sind. Auf einem Penny-Stück sind die winzigen Zähne der verschiedenen Saurierarten aufgelegt und die Abbildung links zeigt die verschiedenen Gruppen und die Zähne von adulten Tieren. Bilder: Druckenmiller et al (2021)

Der Fund ist eine echte Überraschung für die Wissenschaft. Denn es war bisher zwar bekannt, dass Saurier bis in den hohen Norden gewandert waren und dass sogar zumindest eine Gruppe hier gebrütet hatte. Doch die Vielzahl der Arten, die der Fund zutage gefördert hat, überrascht sogar die Experten. «Eines der grössten Mysterien über arktische Saurier war es, ob sie saisonal in den hohen Norden gewandert waren oder ganzjährige Bewohner waren», meint Gregroy Erickson. «Wir haben jetzt den unwiderlegbaren Beweis, dass sie hier genistet hatten», fügt Hauptautor Patrick Druckenmiller an. Den Beweis dafür liefern die zahlreichen kleinen Fossilienreste von sieben verschiedenen Saurierarten. Unter den Funden sind sowohl grosse wie auch kleine Saurierarten gewesen, die zu bekannten Gruppen wie den Tyrannosauridae, den Ceratopsidae und den bereits in der Arktis nachgewiesenen Hadrosauridae und Dromaeosauridae zählen.

Die wirklich anstrengende Arbeit aber war die Identifizierung der kleinen Überbleibsel aus der Kreidezeit. Mit Mikroskopen und Binokularen wurden die Teile von restlichen Sandkörnern getrennt, katalogisiert und dann mithilfe kanadischer Wissenschaftler mit bekannten Saurierüberresten von weiter südlich lebenden Arten verglichen. Dabei zeigte sich, dass es sich nicht nur um Saurierarten, die den heutigen Vögeln nahestehen, handelte, sondern auch nicht-aviane Saurierarten, eine grosse Überraschung, die weitere Fragen aufwirft. Besonders die Art und Weise wie die bisher als wechselwarm betrachteten Tiere mit den Bedingungen der Arktis umgegangen waren, ist interessant.

Frühere Funde von Kieferknochen und Zähnen zeigten, dass Dromaeosauridae, eine wahrscheinlich gefiederte Sauriergruppe in der Arktis gebrütet haben muss. Deswegen weiss man, dass einige Arten mit den schwierigen Winterbedingungen zurechtgekommen sein müssen. Die Frage ist nur, wie. Bild: Andrey Atuchin

Da für Saurier eine Brutzeit von drei bis sechs Monaten angenommen wird und die Sommer in der Fundregion auch zu der damaligen Zeit kurz waren, die Winter aber dunkel und kalt, reichte die Zeit nicht aus, dass die Jungtiere am Ende des Sommers lange Wanderungen zurück in den Süden unternehmen konnten. Folglich mussten die Tiere entweder das ganze Jahr hier gelebt haben oder derart schnell gewachsen sein, dass sie gross genug gewesen waren, die lange Wanderung zurück überleben zu können. Sicher ist, dass mit dem Fund zwar eine lange im Raum stehende Frage gelöst worden ist, aber gleichzeitig zig-neue Fragen aufgeworfen wurden. Die Saurier der Arktis werden die Forschung also auch weiterhin beschäftigen… und den Filmemachern in Hollywood vielleicht neues Material liefern.

Das 3-minütige Video fasst die Erkenntnisse des Forschungsteams zusammen und erklärt die Bedeutung des Fundes (englisch). Video: University of Alaska Fairbanks

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Link zur Studie: Patrick S. Druckenmiller, Gregory M. Erickson, Donald Brinkman, Caleb M. Brown, Jaelyn J. Eberle. Nesting at extreme polar latitudes by non-avian dinosaurs. Current Biology, 2021; DOI: 10.1016/j.cub.2021.05.041

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