Larsen-C-Schelfeis am stärksten von Sonneneinstrahlung bedroht | Polarjournal
Der Abbruch des riesigen Eisbergs A-68 vom Larsen-C-Schelfeis kündigte sich bereits drei Jahre zuvor durch einen großen Riss an. Die Karte zeigt die Lage der Schelfeise an der Antarktischen Halbinsel. Foto: Rosey Grant/British Antarctic Survey; Karte: Cook & Vaughan, 2009

Das Larsen-C-Schelfeis ist das größte verbliebene Eisschelf an der Antarktischen Halbinsel, von dem im Juli 2017 der Mega-Eisberg A-68 abbrach. Die durch den Klimawandel steigenden Temperaturen nagen weiter an ihm und Wissenschaftler befürchten, dass das Schelfeis zusammenbrechen könnte. Um die Prozesse rund um Larsen-C besser zu verstehen, ermittelten Wissenschaftler des British Antarctic Survey in einer neuen Studie die Faktoren, die für das Abschmelzen des Schelfeises verantwortlich sind nach ihrer Schwere. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Journal of Geophysical Research: Atmospheres veröffentlicht.

Für den Zusammenbruch der deutlich kleineren Nachbar-Schelfeise Larsen-A (1995) und Larsen-B (2002) machten frühere Studien atmosphärische Prozesse verantwortlich. Daher konzentrierten sich die Forscher des British Antarctic Survey in der aktuellen Studie ebenfalls auf die atmosphärischen Bedingungen. Mithilfe von Computermodellen, die auf direkten Beobachtungen der Antarktischen Halbinsel basieren, simulierten sie erstmals über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten die Muster der Oberflächenschmelze auf Larsen-C unter verschiedenen atmosphärischen Bedingungen. Sie konnten zudem feststellen, welche dieser Bedingungen am wichtigsten war.

Ihre Ergebnisse zeigen, dass die vorrangige Ursache für die Oberflächenschmelze in den Sommermonaten (Dezember, Januar, Februar), wenn 90 Prozent des Schmelzens stattfindet, derzeit die Sonneneinstrahlung ist. Als zweit- und drittwichtigste Einflussfaktoren identifizierten die Wissenschaftler Föhnwinde, besonders von März bis Mai, und Wolkeneigenschaften. Weitere entscheidende Faktoren sind großräumige Wettermuster, wie die Antarctic Oscillation (auch Southern Annular Mode, SAM) oder El Niño Southern Oscillation (ENSO). 

Momentan stellt Larsen-C noch eine Barriere für die dahinter liegenden Gletscher dar. Bei einem Kollaps des Schelfeises könnten diese ungehindert ins Weddellmeer abfließen und so zum Meeresspiegelanstieg beitragen. Foto: Dr. Michael Wenger

«Wir alle sollten uns um die Schelfeise kümmern, denn ihr Verlust betrifft uns alle. Wenn Schelfeis kollabiert, ist das, als würde man den Korken aus der Flasche ziehen. Die Gletscher, die zuvor zurückgehalten wurden, können ungehindert in den Ozean fließen und den globalen Meeresspiegel ansteigen lassen. Wenn wir wissen, was das Schelfeis jetzt zum Schmelzen bringt, können wir die Zukunft besser vorhersagen, und das wird uns letztlich helfen, uns auf künftige Veränderungen vorzubereiten und anzupassen», sagt Dr. Ella Gilbert, Klimamodelliererin beim British Antarctic Survey und Hauptautorin der Studie.

Wenn der Klimawandel weiter fortschreitet und die Temperaturen steigen, werden häufiger atmosphärische Bedingungen auftreten, die das Schmelzen ermöglichen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung herauszufinden, welche Muster für das Schmelzen der Schelfeisoberfläche am wichtigsten sind, um die Zukunft von Larsen-C besser vorhersagen zu können und Pläne zur Eindämmung der Auswirkungen des Klimawandels zu erstellen.

Julia Hager, PolarJournal

Link zur Studie: Gilbert, E., Orr, A., Renfrew, I. A., King, J. C., & Lachlan-Cope, T. (2022). A 20-year study of melt processes over Larsen C Ice Shelf using a high-resolution regional atmospheric model: Part 2, Drivers of surface melting. Journal of Geophysical Research: Atmospheres, 127, e2021JD036012. https://doi.org/10.1029/2021JD036012

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