Deutschlands «Polastern II» wird Realität | Polarjournal
Seit 1982 pflügt die «Polarstern» unermüdlich durch die arktischen und antarktischen Gewässer im Dienst der deutschen Polarforschung und für das AWI. Dabei hat das Schiff distanzmässig mehr als 82-mal die Erde umrundet. Zeit, langsam den Ruhestand anzutreten. Bild: Folke Mehrtens

Seit mehr als 40 Jahren verrichtet Deutschlands bekanntestes Forschungsschiff, der Eisbrecher «Polarstern» zuverlässig und treu seinen Dienst in der Arktis und Antarktis. Doch nun neigt sich die Lebenszeit des blau-weissen Forschungseisbrechers langsam seinem Ende entgegen. Schon seit über zehn Jahren liegen Pläne beim Alfred-Wegener-Institut für Meeres- und Polarforschung AWI, einen Nachfolger bauen zu lassen. Diese Pläne können nur endgültig in die Realität umgesetzt werden.

Der Deutsche Bundestag hat am vergangenen Freitag, 3. Juni, kurz vor Pfingsten, offiziell das Haushaltsbudget 2022 beschlossen und damit auch den zusätzlichen 2 Millionen Euro für das Vergabeverfahren für den Bau des neuen Forschungseisbrechers. Das deutsche Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF hat nun dem AWI offiziell durch seine Zustimmung den Auftrag erteilt, mit der Ausschreibung des neuen Forschungseisbrechers zu beginnen. Damit wird das neue Schiff Realität und soll bis 2027 bereitstehen, die deutsche Polarforschung, die ein wesentlicher Bestandteil der internationalen Bemühungen zum Verständnis der Arktis und Antarktis ist, auch weiterhin auf höchstem Niveau zu halten.

Die deutsche Polarforschung ohne die «Polarstern» ist kaum denkbar. Denn das Schiff dient dem AWI und zahlreichen nationalen und internationalen Partnern als zuverlässige und multifunktionale Forschungsplattform. Bild: Martin Schiller

Für das AWI geht mit dem Beschluss ein langegehegter Traum in Erfüllung und soll die deutsche Polarforschung weiter vorantreiben. «Das Ziel des Neubauprojekts ist ganz klar: Wir wollen ein Forschungsschiff bauen, das wie sein Vorgänger der internationalen Wissenschaft eine Basis bietet und die Möglichkeit eröffnet, in den extremsten Umfeldern der Welt den Puls unseres Planeten zu fühlen», erklärt die AWI-Direktorin Professorin Antje Boetius in einer Pressemitteilung. «Das neue Schiff ist dabei auch ein wichtiger internationaler Beitrag Deutschlands zur UN-Dekade der Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung, um die globalen Nachhaltigkeitsziele der UN-Agenda 2030 zu erreichen. Außerdem soll die neue «Polarstern» dank modernster Ausstattung und klimafreundlicher Technik zu einer Botschafterin für Nachhaltigkeit in der Schifffahrt werden.»

Auch die deutsche Politik hat erkannt, wie wichtig der Bau einer neuen und zukunftsträchtigen Forschungsplattform für Deutschland ist. BMBF-Ministerin Bettina Stark-Witzinger sagt dazu: «Die Polarregionen sind ein Frühwarnsystem für die Folgen des Klimawandels. Sie erlauben uns einen tiefen Blick hinein in die Zukunft unseres Klimas und Wetters. Es ist deshalb existenziell wichtig, dass wir die Vorgänge an den Polen noch besser verstehen. Denn gute Klimaforschung ist die Grundlage für besseren Klimaschutz. Die «Polarstern II» wird als leistungsfähiges und nachhaltiges Forschungsschiff einen wichtigen Beitrag dazu leisten.»

Mit dem Beschluss, dass nun mit dem Vergabeverfahren für den Bau begonnen werden kann, hat das AWI auch weitere Informationen über den neuen Forschungseisbrecher bekanntgegeben. So soll das Schiff eine noch höhere Eisbrecher-Leistung liefern als bisher, die Fähigkeit zur Überwinterung im Packes besitzen, mit einem «Moonpool» (einen geschützten Bereich im Rumpf zur Verwendung von Tauchrobotern) besitzen und für mindesten 30 Jahre Betriebsdauer ausgelegt sein. «Wir brauchen ein leistungsfähiges Schiff, das unter allen Eisbedingungen in Arktis und Antarktis einsetzbar ist und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit gibt, Beobachtungen und Daten aus den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Regionen zu liefern», sagt Professorin Antje Boetius dazu.

Nachhaltig, sicher, effizient, sauber und eine Plattform für internationale Forschung, das sind einige der Vorgaben, die das neue Schiff ab 2027 erfüllen muss. Eine Projektgruppe im AWI sorgt für die notwendige Koordination beim Bau. Bild: Stefan Hendricks

Auch in Sachen Nachhaltigkeit soll das Schiff neue Massstäbe in der deutschen Forschung setzen. Emissionen durch Stickstoffoxid und Russpartikel sollen durch den Einbau von Abgasnachbehandlungsanlagen und Partikelfilter auf ein Minimum gesenkt werden, umweltfreundliche und nachhaltige Materialen für den Bau verwendet werden und für einen Energie-effizienten, sicheren und zuverlässigen Betrieb sorgen. Eine Projektgruppe des AWI unter der Leitung von Ingenieur Detlef Wilde ist mit der Koordination der Bauführung beauftragt worden. «Wir wollen diese Messlatte überspringen und der Wissenschaft mit der «Polarstern II» ein modernes, leistungsfähiges und nachhaltiges Schiff und damit eine mehr als würdige Nachfolgerin liefern,» meint der Ingenieur zum neuen Schiff. Die Vergabe wird europaweit ausgeschrieben. «Die geeigneten Bewerber werden wir nach erfolgreichem Abschluss des Teilnahmewettbewerbes zur Abgabe von Angeboten auffordern. Nach Abschluss des Ausschreibungsverfahrens und erfolgter Zuschlagserteilung sollte die Arbeit auf der ausgewählten Werft 2023 beginnen.» Startschuss für den Einsatz soll nach den Plänen des AWI das Jahr 2027 sein. Bis dahin wird die gute alte «Polarstern» noch weiterhin die Weiten des Arktischen und Südlichen Ozeans auf der Suche nach polaren Informationen durchpflügen.

Beitragsbild: (C) Mario Hoppmann

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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