Grönlands Zeiten(zonen) ändern sich, aber nicht problemlos | Polarjournal
Manchmal scheint es, als ob in Grönland die Zeit anders, langsamer läuft, als in anderen Teilen der Welt, was aber mehr an unserer Wahrnehmung als an der Realität liegt. Dass aber Grönland drei Stunden hinter der koordinierten Weltzeit liegt (UTC-3) ist eine Realität, die auch das tägliche Leben betrifft. Bild: Michael Wenger

Zeit ist für viele Menschen ein abstraktes Konstrukt und dessen Einteilung führt oft zu Diskussionen und Verwirrungen. Sei es die Sommerzeit oder die Zeitzonen. Auch in Grönland wurde über Zeit und die Zeitzone diskutiert und die Regierung hat beschlossen, dass sich die Zeit in Grönland änder muss, zumindest die Zeitzone. Doch Kritiker machen darauf aufmerksam, dass dies nicht so einfach geht und Probleme noch gelöst werden müssen.

Von drei Stunden auf zwei Stunden hinter der Standardzeit UTC zu gehen, ist eine beschlossene Sache in Grönland. Die Regierung von Múte B. Egede hatte letzte Woche eine entsprechende Änderung dem Parlament vorgelegt und ihn danach auch erfolgreich durchgebracht. Das bedeutet, dass im Herbst 2023, wenn Grönland die Zeit von Sommerzeit auf Winterzeit umstellen sollte, die Uhrzeiger bleiben werden, wo sie sind. Zumindest in den meisten Teilen der Insel. Das Gesetz wird am 25. März in Kraft treten, wenn Grönland die Sommerzeit startet und damit die Zeit auf UTC-2 ändern wird. Effektiv umgesetzt wird es dann im Oktober, wenn die Zeit nicht mehr zurückgestellt werden wird. Damit nimmt Grönland auch einen weiteren Aspekt einer Landesverwaltung in die eigenen Hände und überlässt es nicht mehr Kopenhagen, über die Zeiten in Grönland zu bestimmen. Eine entsprechende Vereinbarung wurde schon vor einiger Zeit getroffen.

Trotz seiner Grösse ist Grönland bis auf ein paar kleine Gebiete im Osten in eine Zeitzone eingeteilt, nämlich UTC-3. Nur die Gebiete von Danmarkshavn, Ittoqqortoormiit und der Thule Luftwaffenstützpunkt laufen unter anderen Zeitzonen (links). Würde man die Zeitzonen gleichmässig über die Breitengrade verteilen (alle 15°) würde sich Grönland gleich über 4 Zeitzonen erstrecken. Karten: Wikicommons CC BY-SA 3.0

Grönland ist mit seinen 1’050 Kilometern Breite und 2’670 Kilometern Länge eine riesige Landmasse, liegt aber trotzdem nur in einer Zeitzone. Die Ausnahme bilden die Regionen Danmarkshavn (UTC, wie Island) und Ittoqqortoormiit (UTC-1) im Osten der Insel, und der Luftwaffenstützpunkt Pituffik (auch als Thule bekannt), wo die die Zeitzone UTC-4 gilt. Diese Ausnahmen wären nach Angaben der Regierung von der Umstellung auch nicht betroffen.  Für den Rest der Bevölkerung würde aber UTC-2 gelten, unabhängig von der Region, in der man lebt und von der Jahreszeit. Damit würde Grönland de facto auch die Sommerzeit/Winterzeit-Umstellung abschaffen, ein Thema, das in den anderen europäischen Ländern immer noch diskutiert wird.

Das grönländische Parlament, der Sitz der Hüterinnen und Hüter der Zeit in Grönland. Denn jedes Land hat das Recht, seine Uhrzeit selber staatlich zu regeln und damit auch die Zeitzone. Die meisten orientieren sich dabei an der Sonnenzeit und am Greenwich-Meridian. Bild: Verwaltung Sermersooq

Die Idee einer Verlagerung der grönländischen Zeitzone ist nicht neu. Schon vor 3 Jahren war das Thema aktuell. Doch erst mit der Regierung von Múte B. Egede wurde das Ganze vorangetrieben und jetzt beschlossen. Doch es war nicht so einfach, wie es den Anschein hat. Denn im Parlament wurde stark über den Vorschlag der Regierung debattiert. Die Regierung hatte die zwar die Unterstützung der Wirtschaft, die sich von der Annäherung an Europa bessere Verbindungen erhofft. Aber Kritiker im Parlament führten vor allem die gesundheitlichen Probleme in der Bevölkerung ins Feld. Eine Studie in Island hatte nämlich gezeigt, dass gerade Jugendliche und junge Erwachsene mit der Zeitumstellung und der damit verbundenen längeren Dauer von Tageslicht nicht genügend Schlaf erhalten würden. Antriebslosigkeit und sogar Depressionen nähmen nach Ansicht der Autorinnen und Autoren der Studie zu. Daher hat sich das Parlament für die Durchführung einer ähnlichen Studie ausgesprochen und ein entsprechendes Budget verabschiedet. Bis 2024 sollen Ergebnisse der Studie für Experten und die Regierung vorliegen, dann aber schon in der neuen Zeit.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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