Baustart der neuen russischen Vostok-Station in Antarktika | Polarjournal
Die Fundamente, auf denen die neue Station stehen wird, werden hoch genug sein, damit die Gebäude nicht mehr im Schnee versinken werden. Insgesamt fünf Gebäudemodule werden auf den Stützen stehen. Bild: AARI

Russland gehört zu denjenigen Staaten, die seit Anfang des 19. Jahrhunderts Forschungen in der Antarktis durchgeführt hatten. Vor allem zu Zeiten der Sowjetunion wurden die meisten Forschungsstationen aufgebaut, darunter auch die Vostok-Station mitten auf dem Dome A. Doch die Station ist mittlerweile derart in die Jahre gekommen, dass die russische Regierung einen Neubau beschlossen hatte. Der Bau der neuen «Vostok»-Station hat richtig begonnen mit dem Aufstellen der Fundamente.

Wie das russische Arctic and Antarctic Research Institute AARI mitteilt, wurden die ersten Fundamente bereits auf einer vorbereiteten Fläche aufgestellt. Diese Fundamente bestehen aus einem grossen Fuss, auf den danach 3 Meter hohe Stützen aufgerichtet werden. Auf diesen Stützen werden danach die insgesamt 5 Gebäudemodule aufgebaut. Die Stützen sollen verhindern, dass der neuen «Vostok»-Station dasselbe Schicksal der alten widerfährt, nämlich das Versinken im Schnee.

Der neue Standplatz der Station ist eine während drei Saisons vorbereitete Fläche von 200 mal 120 Metern. Hier musste der Schnee derart stark verdichtet werden, damit die Fläche dem Gewicht der Station widerstehen kann und sie nicht versinkt. Bild: AARI

Um mit dem Aufstellen der Stützen überhaupt beginnen zu können, waren umfangreiche Vorarbeiten notwendig. So wurden in den vergangenen zwei Sommersaisons auf einer Fläche von 200 mal 120 Metern der Untergrund, der aus Eis und Schnee besteht, derart stark verdichtet, dass er dem fünffachen Druck der Station standhalten kann. Dazu mussten Schicht für Schicht der Untergrund auf insgesamt 3 Meter Tiefe verdichtet werden. Ausserdem wurde die Fläche geebnet, so dass nun ein maximaler Höhenunterschied von 10 Zentimetern besteht. Dieser kann durch die Fundamente ausgeglichen werden.

Damit das Baumaterial überhaupt an den Standort nahe der alten «Vostok»-Station gelangte, musste es erst an Bord von zwei Containerschiffen nach Antarktika transportiert werden. Ein Tanker und der schwere konventionelle Eisbrecher Kapitan Khlebnikov komplettierten den Konvoy. Das Ziel des Konvoys war die russische Station «Progress» an der Küste der Ostantarktis. Dort wurde es auf Schlitten verladen, die von schweren Raupenfahrzeugen auf einer 1’460 Kilometer langen Piste zur Station «Vostok» gezogen wurden. Mehrere Treibstoffdepots mussten unterwegs angelegt werden, damit die Fahrzeuge die Strecke zurücklegen konnten. Da aber nicht alles Material auf einmal transportiert werden kann, waren und sind mehrere Fahrten nötig. Bis anhin waren es derer fünf mit rund 900 Tonnen Material, zwei weitere für rund 300 Tonnen Material sind noch geplant.

Die Station steht in der Nähe der alten Vostok-Station (im Hintergrund), die nach über 60 Jahren Betrieb einerseits tief im Schnee eingesunken ist und andererseits den Anforderungen einer modernen Station nicht genügt. Bild: Screenshot Russian Geographical Society

Das Ziel Russlands ist es, in dieser Saison die Fundamente und Stützen fertiggestellt zu haben, um dann in der kommenden Saison mit dem Bau der Module zu beginnen. Diese werden aus zwei Arbeits- und zwei Wohnmodulen bestehen plus ein Betriebsmodul mit Dieselgenerator, Elektrizitätssystem und Wasseraufbereitungsanlage. Dazu kommen noch eine Garage und ein Gebäude mit Ersatzgenerator. Insgesamt 140 Meter lang und 13.5 Meter breit, 17.5 Meter hoch und bis zu 80 Zentimeter dicke Wände sind die technischen Masse der neuen Station. Platz bietet sie für maximal 35 Personen.

Das einzige nuklear betriebene Containerschiff der Welt, die eisverstärkte «Sevmorput» hätte eigentlich letztes Jahr das Baumaterial nach Antarktika liefern sollen. Doch die Fahrt stand unter einem schlechten Stern und der Verlust von zwei Propellerblättern vor Angola beendeten den Transport. Bild: Rosatom

Eigentlich war geplant gewesen, bereits in dieser Saison mit dem Aufbau der Module starten zu können. Doch technische Schwierigkeiten des Nukleartransporters Sevmorput im Dezember 2020 verhinderten eine erfolgreiche Lieferung des Materials nach Antarktika. Erst in dieser Saison gelang es nun, die notwendigen Materialien und das Personal nach Antarktika zu bringen, notabene ohne Zuhilfenahme des einzigen atombetriebenen Containerschiffes der Welt.

Russland ist nicht die einzige Nation, die gegenwärtig ihre Stationen aufwertet und stark modernisiert. Auch Neuseeland, Grossbritannien und die USA setzen ihre Modernisierungspläne für einige Antarktisstationen um. Denn viele von ihnen entsprechen nicht mehr den von den Nationen selbst gesetzten Umwelt- und Sicherheitsstandards.

Das Video der russischen geographischen Gesellschaft zeigt den logistischen Aufwand für den Bau der Station.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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