Australien kürzt Budget für die Antarktisforschung | Polarjournal
Die Mawson Station, eine der Stützpunkte der Australian Antarctic Division auf dem eisigen Kontinent, wird im Süd-Sommer 2023/24 mit reduziertem Personalbestand betrieben. (Foto: AAD)

Wichtige wissenschaftliche Projekte, darunter Arbeiten, die den Rückgang des Meereises rund um Antarktika und den der Pinguinpopulationen untersuchen sollten, werden aufgrund von Budgetkürzungen bei der Australian Antarctic Division (AAD) voraussichtlich abgesagt, verzögert oder eingeschränkt. Die Kürzung erfolgt unmittelbar nach der Nachricht, dass das Meereis in der Antarktis einen drastischen und überraschenden neuen Tiefpunkt erreicht hat.

Im Juli 2023 teilte das AAD-Management den Mitarbeitern per E-Mail mit, dass es sein jährliches Betriebsbudget für das nächste Jahr um 16% kürzen müsse. Dadurch würden mehrere Projekte, die von den Stationen Davis und Mawson aus durchgeführt werden sollten, in der kommenden Saison nicht weiter unterstützt. Insgesamt knapp AUS$ 25 Millionen (ca. 14.9 Millionen Euro) soll die AAD gemäss den Plänen der australischen Labor-Regierung von Anthony Albanese einsparen und dazu in den kommenden 12 Monaten Pläne vorlegen.

Die Davis Station ist die südlichste australische Forschungsstation in der Antarktis. Aus Budgetgründen fallen luftgestützte Untersuchung der Meereisdicke und Beobachtungen des Festeises an der antarktischen Küste aus dem Programm. (Foto: AAD / David Barringhaus)

Nun befürchten Wissenschaftler auf der ganzen Welt, dass die Forschung, die untersucht, wie sich der Klimawandel auf die Antarktis auswirkt, unterbrochen wird. Andere befürchten, dass die Forschung abgebrochen oder zumindest verzögert wird, obwohl dringend Antworten auf die Klimakrise benötigt werden. 

Die Kürzung kommt überraschend, nachdem die Regierung des früheren Premierministers Scott Morrison im Februar 2022 noch eine 800-Millionen-Dollar-Investition in die Abteilung angekündigt hatte, um den Kontinent „konfliktfrei“ zu halten.

Wissenschaftler, die auf eine zuverlässige Logistik und Transporte zu den von der AAD betriebenen Stationen angewiesen sind, haben sich ebenfalls beklagt, dass die Budgetkürzung sich nun auf ihre Forschung auswirkt. Denn die Kürzungen betreffen auch die Luft- und Seetransporte sowohl von Menschen wie auch Material.

Auch der Senator der australischen Grünen, Peter Whish-Wilson, forderte die Labor-Regierung auf, die Ausgaben der Abteilung nicht zu kürzen, und verwies auf die Bedeutung der Forschung zu den Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels.

Emma Campbell, die neue Leiterin der Abteilung hat im verschickten E-Mail darauf hingewiesen, dass Verträge mit befristet angestellten Mitarbeitern aufgrund der Budgetkürzung möglicherweise nicht mehr verlängert werden. (Foto: AAD)

Eine interne Liste, die noch vor Beginn der kommenden Sommersaison 2023/24 überarbeitet werden könnte, ist lang und weist 56 Projekte aus, deren Unterstützung eingestellt werden könnte, wie Medienstellen wie der britische „The Guardian“ berichten. Beispielsweise sind Kürzungen bei der Besetzung der Stationen Davis und Mawson vorgesehen, wo sechs Wissenschaftler brütende antarktische Seevögel überwachen sollten und unter anderem auch mögliche Auswirkungen der Vogelgrippepandemie untersuchen sollen.

Auf der Davis-Station kann nur ein vorrangiges Projekt vollständig von der Abteilung unterstützt werden. Zu den Studien, welche aus Budgetgründen nicht mehr unterstützt werden gehören luftunterstützte Messungen der Meereisdicke und Beobachtungen des Festeises, demjenigen Bereich des Meereises, welches permanent mit dem Festland verbunden ist und das für viele antarktische Tierarten eine wichtige Rolle spielt. Andere Projekte könnten von Australiens dritter Station Casey aus durchgeführt werden, geht aus den Dokumenten hervor.

Aus einem internen Dokument geht ausserdem hervor, dass das „Cleaner Antarctica Program“ aus Budgetgründen nicht durchgeführt werden wird. Das Programm sollte eigentlich als „ein wissenschaftliches Vorzeigeprojekt“ dienen, welches „Australiens wissenschaftliche und ökologische Führungsrolle stärken“ soll. Geplant war, durch menschliche Aktivitäten verursachten Schäden, einschliesslich der Verschmutzungen durch Treibstoffe und Öl, zu beseitigt.

Ebenso schwer wiegen die Auswirkungen der Kürzungen bei anderen Forschungseinrichtungen, denn einige der Forschungsprojekte werden in Zusammenarbeit mit Polarinstitutionen wie dem Alfred-Wegener-Institut oder verschiedenen Universitäten durchgeführt. Auch Nachwuchsforscherinnen und -forscher dürften von den Kürzungen betroffen sein, was für deren wissenschaftliche Karrieren ein ziemlicher Nackenschlag bedeuten könnte.

Heiner Kubny / Polarjournal

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