Tanker ohne Eisklasse in der Nordost-Passage stösst auf Kritik  | Polarjournal
Der Massengutfrachter «Gingo» wurde im Jahr 2000 gebaut und fährt unter Liberianischer Flagge. (Foto: Harvey Wilson)

Wegen der Sanktionen des Westens hat Russland seinen Fokus verstärkt auf Lieferungen an asiatische Kunden gelegt. Der Transport von der Barentssee zum Hafen von Rizhao in China über die Nordost-Passage dauert 35 Tage, was 10 Tage weniger ist als die alternative Südroute durch den Suezkanal. Das Potenzial für Zeit- und Kraftstoffeinsparungen ist erheblich. Obwohl russische Reedereien viele Tanker der Eisklasse besitzen, reichen diese nicht aus, um alle Exporte nach Fernost über die Nordost-Passage durchzuführen.

Laut russischen Medienberichten war der Massengutfrachter «Gingo» das erste Schiff ohne Eisklasse welches von Murmansk die Nordost-Passage durchquerte, um 164.600 Tonnen Eisenerzkonzentrat nach China zu befördern. Unabhängig davon fuhr gleichzeitig der Aframax-Tanker «Leonid Loza» auch ohne Eisklasse durch die Nordost-Passage, eine weitere Premiere.

Der Tanker «Leonid Loza» hat keine Eisklasse und fährt unter Liberianischer Flagge. Baujahr des Schiffes ist 2011. (Foto: Hannes van Rijn)

Es scheint, dass die russischen Behörden bereit sind, die Sicherheit zu gefährden, indem sie den Einsatz von Schiffen, die nicht der Eisklasse angehören, auf der Fahrt über den Arktischen Ozean zulassen. Laut Experten des New Yorker Tankermakler-Unternehmens Poten & Partners riskiert Russland eine Umweltkatastrophe, wenn es auf seiner zunehmend befahrenen Nordost-Passage Schiffe ohne Eisklasse einsetzt. 

Das Wetter kann sich schnell ändern. Im November 2021 führte ein früher Kälteeinbruch dazu, dass mehr als 20 Schiffe in den arktischen Gewässern entlang der Route feststeckten. 

Im Juni dieses Jahres erklärte der russische Premierminister Michail Mischustin, dass in den nächsten 13 Jahren rund 21 Milliarden US-Dollar in die Entwicklung der Nordost-Passage investiert würden. Die Investition würde den Bau von 50 Eisbrechern und Schiffen der Eisklasse, den Bau von Häfen und die Schaffung einer Orbitalsatellitenkonstellation umfassen. All dies liegt weit in der Zukunft, während Umweltschützer über die Risiken besorgt sind, die in den kommenden Monaten entstehen.

Sian Prior, leitende Beraterin der Clean Arctic Alliance, ist besorgt über die Vorkommnisse in der Arktis. (Foto: CAA)

„Die rasche Ausweitung des arktischen Schiffsverkehrs, der fossile Brennstoffe nutzt, und die Öffnung der Arktis-Routen für die ganzjährige Schifffahrt zum Transport fossiler Brennstoffe erhöht das Risiko von Kraftstoffaustritten und Leckagen, erhöht die Lärmbelästigung unter Wasser und zerstört Eisökosysteme und Lebensräume eisabhängiger Arten wie wie Robben und Eisbären. Es stellt auch eine erhebliche Bedrohung für die Ernährungssicherheit und den Lebensunterhalt indigener Gemeinschaften dar, deren Überleben und Unterhalt von ihrer komplexen Beziehung zu einer gesunden arktischen Umwelt abhängt“, sagte Sian Prior, leitende Beraterin der Clean Arctic Alliance, letzten Monat gegenüber Splash.

Heiner Kubny, PolarJournal

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