Vogelgrippe erreicht Südgeorgien | Polarjournal
Seevögel wie solche grossen Raubmöwen (Brown Skua) legen grosse Strecken im Südlichen Ozean zurück und können so Krankheitserreger wie das HPAI-H5N1 von einer Ecke in die andere transportieren. Auf Bird Island wurden Verdachtsfälle untersucht und forensisch bestätigt. Archivfoto: Michael Wenger

Schon seit langem grassiert weltweit das hochansteckende Vogelgrippevirus HPAI-H5N1 und verursachte den Tod von Millionen von Vögeln. Auch in Südamerikas südlichen Regionen wurde der Erreger sowohl in Vögeln wie auch bei Meeressäugern festgestellt. Doch nun haben sich die Warnungen von Expertinnen und Experten bewahrheitet und das Virus hat die Antarktis erreicht.

Gemäss einer Pressemitteilung der Verwaltung von Südgeorgien und den Südsandwichinseln GSGSSI wurde das Virus bei grossen Raubmöwen, die auch als Skuas oder Brown Skuas bekannt sind, auf Bird Island festgestellt. Damit hat das HPAI-H5N1 Virus offizielle die Antarktis erreicht.

Sowohl das GSGSSI wie auch die British Antarctic Survey (BAS) erklären, dass die Proben genommen worden waren, nachdem mehrere Vögel Symptome der Vogelgrippe gezeigt hätten und es auch zu unerklärlichen Todesfällen gekommen war. Forscherinnen und Forscher, die auf Bird Island Arbeiten über die verschiedenen Vogelarten durchführten, haben die Proben von den potentiellen Fällen entnommen und sie an das Animal and Plant Health Agency Labor im britischen Weybridge geschickt. Dort konnten Spezialistinnen und Spezialisten das hochansteckende Virus nachweisen. Die entsprechenden Resultate wurden dann an die BAS und GSGSSI weitergeleitet. Beide Behörden bestätigen, dass dies die ersten offiziellen Fälle von HPAI-H5N1 sind, die in der Antarktis nachgewiesen wurden.

Die Behörden glauben, dass die Vögel das Virus aus Südamerika eingeschleppt haben. „HPAI breitet sich in erster Linie auf natürlichem Wege aus, wahrscheinlich durch Vögel, die von ihren Wanderungen vom südamerikanischen Kontinent zurückkehren, wo die Krankheit weit verbreitet ist,“ schreibt die GSGSSI. Überrascht sind die Behörden aber nicht, denn schon länger hatten Expertenteams davor gewarnt, dass die Vogelgrippe in dieser Saison in die Antarktis eingeschleppt werden dürfte. Es sei keine Frage mehr „ob“, sondern nur noch „wann“, waren sich Expertinnen und Experten einig.

Auch für die Expertinnen und Experten der BAS steht das Auftreten der Krankheit mit den Wanderbewegungen der Raubmöwen zusammen. Gemäss einer Studie aus dem Jahr 2015 ziehen Raubmöwen im südlichen Winter weit in den Nordatlantik und bis nach Alaska hoch, um dort zu fressen. Erst mit Beginn des Südfrühlings ziehen sie der südamerikanischen Küste entlang bis zurück nach Südgeorgien und die antarktische Halbinsel. Dort nisten sie häufig in der Nähe von grossen Vogelkolonien, wo sie Nahrung in Form von Eiern, Küken und toten Tieren suchen. Dadurch besteht die Gefahr, sich mit dem Virus zu infizieren und es auch so weiterzugeben.

Sowohl die BAS wie auch die GSGSSI haben sofortige Massnahmen in Kraft gesetzt, die eine verstärkte Überwachung der Vogelkolonien und -populationen zum Ziel haben. Ausserdem unterstehen die betroffenen Stellen nun besonderen Sicherheitsvorkehrungen, was in erster Linie die Forschungsteam betrifft. Für Besuche bleibt der Ort bis auf weiteres geschlossen. Für Bird Island gilt ab sofort eine Gefahrenstufe 2, der Rest der Insel sind auf Stufe 1 angehoben worden. Damit gelten für alle Besuche verstärkte Biosicherheitsmassnahmen wie Reinigung der gesamten Aussenbekleidung und Ausrüstung, kein Bodenkontakt ausser mit den Füssen, kein Berühren der Tiere und eine erhöhte Wachsamkeit gegenüber symptomatischen Erscheinungen.

Eine Schliessung der Landestellen steht zurzeit noch nicht zur Debatte, erklärt die Verwaltung. „Es ist nicht möglich, die Auswirkungen von HPAI auf Südgeorgien vorherzusagen, da die Muster der Übertragung und der Sterblichkeit über den gesamten Artenraum in Europa und Nord- und Südamerika sehr unterschiedlich waren,“ erklärt die GSGSSI. Weil aber das Virus mittlerweile nicht nur unter den Vögeln zu erhöhter Sterblichkeit führt, sondern auch Meeressäuger wie Robben befällt und tötet, behält sich die Verwaltung eine Verschärfung der Massnahmen vor.

Die IAATO, die Vereinigung der antarktischen Tourbetreiber, hat bereits im Vorfeld der antarktischen Saison seine Regeln angepasst und setzt auf eine verstärkte Reinigung und auf Aufklärungsarbeit.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Wer mehr zu den Biosicherheitsmassnahmen auf Südgeorgien erfahren will, kann hier die neueste Ausgabe des „Handbuch für Biosicherheit“ herunterladen (pdf, in Englisch)

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