Sonnenbrand in der Antarktis bei Tieren und Pflanzen wegen Ozonloch | Polarjournal
Gefangen zwischen globaler Erwärmung und extremem UV-Index ist die antarktische Tier- und Pflanzenwelt schwierigen Umweltbedingungen ausgesetzt. Foto: Julia Hager

Das Ozonloch über der Antarktis schließt sich immer später und setzt Pflanzen und Tiere vermehrt schädlicher UVB-Strahlung aus, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie.

Der in den späten 1970er Jahren entdeckte Rückgang der Ozonschicht in der Antarktis weist eine Art Zyklus auf. Das Ozonloch öffnet sich zu Beginn des südlichen Frühlings (September) und schließt sich im Oktober wieder. In den letzten Jahren haben Wissenschaftler jedoch festgestellt, dass eine Reihe von ungewöhnlichen Ereignissen dazu geführt hat, dass das Ozonloch über den November hinaus bis in den Dezember hinein bestehen blieb. Dies hätte mögliche, aber noch schwer abzuschätzende Auswirkungen auf die lokale Flora und Fauna, so eine Studie, die am 25. April in der wissenschaftlichen Zeitschrift Global Change Biology veröffentlicht wurde.

Die Ozonschicht schützt uns vor schädlicher Sonnenstrahlung, einschließlich UVB-Strahlen, die für die meisten Hautkrebserkrankungen verantwortlich sind. Wenn sich ein Loch in der Ozonschicht über der Antarktis bildet, funktioniert der Schutz dieser Schicht aber nicht mehr. Der UV-Index, der die Intensität der Sonnenstrahlung misst, steigt auf einen Wert von 14, was dem Wert in den Tropen entspricht.

Bisher bildete sich das Ozonloch zu Beginn des Frühlings und schloss sich an dessen Ende wieder. Während dieser Zeit waren Tier- und Pflanzenarten, die sich noch in der Ruhephase befanden, durch das Meereis oder den Schnee auf dem Boden vor den schädlichen Strahlen geschützt. Diese Situation könnte sich mit dem späteren Schließen des Ozonlochs ändern: „Der Abbau der Ozonschicht im Frühsommer ist besorgniserregend: Die hohe Inzidenz von UVB-Strahlung, die mit der Schneeschmelze und dem Aufkommen der Vegetation zusammenfällt, bedeutet, dass die Biota stärker belastet wird“, so die Autoren in ihrer Studie. „Der Frühsommer ist auch die Hochsaison für die Fortpflanzung vieler Tiere, so dass eine extreme UVB-Exposition […] zu einem gefährlichen Zeitpunkt in ihrem Lebenszyklus kommen kann.“

Darstellung des Ozonlochs über der Antarktis in den Jahren 2019 und 2020. Es ist deutlich zu erkennen, dass das Ozonloch im November 2019 verschwand, während es im Jahr 2020 noch bis in den Dezember hinein bestand. In dieser Konstellation sind Tier- und Pflanzenarten einem UV-Index von 14 ausgesetzt. Zum Vergleich: Der UV-Index in der Antarktis in den 1970er Jahren, also bevor sich das Loch bildete, betrug 6. Illustration: NASA Ozone Watch, CC BY-NC-NC

Das Fortbestehen des Ozonlochs über den Monat Oktober hinaus wurde für die Jahre 2020 und die darauffolgenden Jahre festgestellt. Die Forscher sehen den Grund dafür in einer Reihe von ungewöhnlichen Ereignissen. Die Buschfeuer, die zwischen 2019 und 2020 in Australien wüteten, und der Vulkanausbruch des Hunga Tonga-Hunga Haʻapai im Jahr 2022 setzten große Mengen ozonzerstörender Aerosole frei, was erklären dürfte, warum sich das Ozonloch im Oktober nicht schloss.

Gleichzeitig ist das Meereis in den letzten vier Jahren zurückgegangen, wodurch die lokale Flora und Fauna noch stärker gefährdet ist. Weniger Meereis oder Schneebedeckung bedeutet weniger Schutz vor UVB-Strahlen und weniger Rückstrahlung durch den Albedo-Effekt.

Die Folgen für die Tierwelt sind noch schwer abzuschätzen, heißt es in der Studie, an der Forscher der University of Wollongong, Australien, der University of Canterbury und der Colorado State University beteiligt sind. Die Auswirkungen von UV-Strahlung auf Tiere und Pflanzen wurden bisher nur wenig erforscht. Es ist jedoch bekannt, dass UV-Strahlen Schäden an Haut und Augen verursachen können. Dies gilt insbesondere für die Augen von jungen Pinguinen und Robben, die normalerweise im späten südlichen Frühjahr geboren werden.

Einige Arten, wie antarktische Algen oder Pflanzen, produzieren ihren eigenen Sonnenschutz, beispielsweise der Königspinguin oder Goldschopfpinguine, die einen Augenschutz gegen Sonnenstrahlen produzieren. Dieser natürliche Schutz ist normalerweise für einen UV-Stärke von 6 geeignet. Bei doppelt so hohen Werten müssen diese Arten jedoch mehr Energie verbrauchen, um diesen Sonnenschutz zu produzieren, was zu Lasten ihrer Entwicklung geht.

Wissenschaftler bereiten sich darauf vor, im Oktober 2023 einen Ballon mit einer Ozonsonde zum Südpol zu starten. Nach dem Verbot von FCKWs gingen Wissenschaftler davon aus, dass sich die Ozonschicht bis zur Mitte dieses Jahrhunderts erholt haben wird. Allerdings könnten große Vulkanausbrüche und Wald- oder Buschbrände diesen Termin hinausschieben. Während es unmöglich ist, erstere zu kontrollieren, können wir auf letztere Einfluss nehmen, indem wir unsere Kohlenstoffemissionen reduzieren, die zum Teil für diese Brände verantwortlich sind. Foto: Marc Jaquart / IceCube / NOAA

Aber ein anderes Tier könnte bei dieser extremen UV-Bestrahlung stark gefährdet sein: der Krill. Die UV-Strahlen können länger in den Ozean eindringen, besonders wenn kein Meereis vorhanden ist, was den Krill dazu zwingt, tiefer in den Ozean zu tauchen, was wiederum Auswirkungen auf andere Arten hat, da der Krill die Grundlage der antarktischen Nahrungskette bildet. „Weniger Meereis bedeutet, dass mehr Strahlung in den Ozean eindringt. Wenn dies mit dem Abbau von Ozon zusammenfällt, wird mehr UV- und sichtbare Strahlung in die Wassersäule eindringen“, heisst es in der Studie. „Es ist bekannt, dass ein Anstieg der UV-Strahlung das Verhalten und das Überleben von Primärproduzenten beeinflusst, mit Kaskadeneffekten auf Organismen, die in der Nahrungskette weiter oben stehen.“

Die Autoren begrüßen zwar die globale Reduzierung der FCKWs, die vor allem auf das Montrealer Protokoll von 1987 zurückzuführen ist, fordern aber dennoch eine Reduzierung der CO2-Emissionen in die Atmosphäre, insbesondere um Busch- und Waldbrände zu begrenzen, die so schädlich für die Ozonschicht sind.

Link zur Studie: Robinson, S. A., Revell, L. E., Mackenzie, R., & Ossola, R. (2024). Extended ozone depletion and reduced snow and ice cover-Consequences for Antarctic biota. Global Change Biology, 30, e17283. https://doi.org/10.1111/gcb.17283

Mirjana Binggeli, Polar Journal AG

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