Kaiserpinguine — Einstufung als «bedrohte» Art gefordert | Polarjournal
Kaiserpinguine haben ihr Brutgeschäft genau mit dem Rhythmus des Meereises synchronisiert. Bricht es zu früh auf, können die Jungen mit ihrem Flaumgefieder noch nicht schwimmen. Foto: Dr. Michael Wenger

Kaiserpinguine sind die Ikonen der Antarktis — und sie sind zunehmend gefährdet, weil ihr Lebensraum, das Meereis, aufgrund der globalen Erwärmung schrumpft. Daher hat der U.S. Fish and Wildlife Service im August diesen Jahres auf der Basis jahrzehntelanger Forschung vorgeschlagen, die Art im Rahmen des US-amerikanischen Endangered Species Act (Gesetz über gefährdete Arten) als «bedroht» einzustufen. 

Kaiserpinguine (Aptenodytes forsteri) sind für ihr Brutgeschäft und die Mauser zwingend auf das Festeis — Meereis, das mit dem antarktischen Kontinent verbunden ist — und auf dessen pünktlichen jahreszeitlichen Rhythmus angewiesen. Auf Veränderungen in der räumlichen und zeitlichen Ausdehnung und der Dicke des Meereises reagieren die Populationen deshalb äußerst empfindlich. So erlitt beispielsweise eine Kolonie in der Halley-Bucht im Weddellmeer im Jahr 2016 einen katastrophalen Brutausfall, weil das Meereis brach bevor die Küken ihr wasserdichtes Federkleid ausgebildet hatten und schwimmen konnten. Wissenschaftler gehen davon aus, dass damals 10.000 Küken ertrunken sind. 

«Der Grund, warum eine dicke, stabile Meereisfläche so wichtig ist, liegt darin, dass die Küken, die während der Brutzeit im Winter aufgezogen werden, ein flaumiges Gefieder haben, das aber wasserfest werden muss, damit sie im kalten Wasser überleben können», erklärt Stephanie Jenouvrier, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Seevogelökologin der Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI) in Massachusetts. «Wenn das Meereis zu früh in der Saison aufbricht, haben sie ihr wasserfestes Gefieder noch nicht ausgebildet und ertrinken und sterben im antarktischen Wasser, so dass es zu einem kompletten Brutausfall kommt.»

Lebenszyklus der Kaiserpinguine: Die Zeit von Dezember bis März verbringen die Kaiserpinguine im Wasser, um zu fressen. Im April wandern die erwachsenen Kaiserpinguine 100 bis 160 Kilometer über das Festeis zu ihren Brutkolonien. Nach der Fortpflanzung und Eiablage im Mai/Anfang Juni verlassen die Weibchen die Kolonie, um zu fressen. Die Männchen brüten das einzelne Ei aus. Im August, wenn die Küken schlüpfen, kommen die Weibchen zurück und bringen Nahrung für ihr Küken mit. Jetzt gehen die Männchen auf Nahrungssuche und wechseln sich im September und Oktober bei der Fütterung der Jungen mit den Weibchen ab. In dieser Zeit erreicht das Meereis seine maximale Ausdehnung und nimmt dann ab, sodass sich der Weg für die Eltern verkürzt. Im Dezember bekommen die Jungen ihr wasserdichtes Gefieder, wenn auch das Meereis beginnt aufzubrechen. Grafik: Zina Deretsky/National Science Foundation

Seit Jahrzehnten erforschen Wissenschaftler aus aller Welt die Auswirkungen des Klimawandels auf die Kaiserpinguinkolonien in der Antarktis, darunter auch ein Team der WHOI. Die langjährigen Studien ergaben, dass zum Schutz der Kaiserpinguine dringend Klimaschutzmaßnahmen erforderlich sind.  Durch das Verschwinden des Meereises werden sie in Richtung Aussterben getrieben. Kaiserpinguine gelten als Indikatorarten, deren Bestandstrends die Folgen des Klimawandels veranschaulichen können.

In einigen Regionen der Antarktischen Halbinsel ist der WHOI zufolge die Meereisbedeckung in 30 Jahren um 60 Prozent zurückgegangen, was dazu geführt hat, dass schon jetzt eine Kolonie praktisch verschwunden ist. Jenouvrier und weitere Wissenschaftler fanden in einer 2019 veröffentlichten Studie heraus, dass es für Kaiserpinguine noch Hoffnung gibt, wenn es dem Menschen gelingt, den Temperaturanstieg auf der Erde auf 1,5 oder 2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Sollte sich die Erwärmung jedoch mit der derzeitigen Geschwindigkeit fortsetzen, werden voraussichtlich mehr als 80 Prozent der Kaiserpinguinkolonien bis zum Jahr 2100 praktisch aussterben. Eine aktuelle Studie von Jenouvrier et al. aus diesem Jahr, die die Einstufung der Kaiserpinguine als gefährdete Art fordert, zeichnet allerdings ein noch düstereres Bild und prognostiziert bei gleichbleibendem Voranschreiten des Klimawandels ein Aussterben von 98 Prozent der Kaiserpinguinkolonien.

Die alarmierenden Studien der Wissenschaftler sowie das Drängen des Center for Biological Diversity, das 2011 erstmals den Schutzstatus für den Kaiserpinguin forderte, haben den U.S. Fish and Wildlife Service im August dazu veranlasst, einen Vorschlag auszuarbeiten, der die Einstufung des Kaiserpinguins im Rahmen des Endangered Species Act als «bedroht» beinhaltet.

Der Vorschlag des U.S. Fish and Wildlife Service, die Kaiserpinguine als «bedroht» einzustufen, ist eine wichtige Maßnahme zum Schutz der Tiere, da der Lebensraum der Tiere in den nächsten Jahrzehnten voraussichtlich weiter schrumpfen wird. Foto: Heiner Kubny

«Dieser Vorschlag ist ein wichtiger Schritt, um das Bewusstsein für die Auswirkungen des Klimawandels zu schärfen», sagt Jenouvrier. «Kaiserpinguine stehen, wie viele andere Arten auf der Erde, vor einer sehr schwierigen klimatischen Zukunft.» 

Philip Trathan, Leiter der Naturschutzbiologie beim British Antarctic Survey (BAS), fügt hinzu: «Dies ist nur ein wichtiger Schritt nach vorn für den Kaiserpinguin. Weitere Schutzmaßnahmen, einschließlich eines verstärkten Schutzes der Brutstätten und Futterplätze, sind ebenfalls notwendig.»

Eine Aufnahme des Kaiserpinguins in den Endangered Species Act bedeutet auch, dass gegen alle Aspekte, die die Art bedrohen, darunter der Treibhausgasausstoß und die industrielle Überfischung wichtiger Beutetierarten wie Krill und Tintenfische, Maßnahmen ergriffen werden müssen. Die Bundesbehörden müssten gewährleisten, dass ihre Aktivitäten, auch die die hohe Kohlenstoff-Emissionen verursachen, den Pinguin oder seinen Lebensraum nicht gefährden. Der Endangered Species Act ist das weltweit stärkste Umweltgesetz, das darauf abzielt, das Aussterben gefährdeter Arten zu verhindern und ihre Erholung zu erleichtern und wird zunehmend angewandt, um Arten zu schützen, die hauptsächlich oder teilweise durch den Klimawandel bedroht sind, wie das WHOI in einer Pressemitteilung erklärte. Im Jahr 2008 war der Eisbär die erste Art, die hauptsächlich aufgrund der globalen Erwärmung auf die Liste gesetzt wurde.

Julia Hager, PolarJournal

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