Experten diskutieren Schadstoffproblematik in Polargebieten | Polarjournal
Schadstoffe finden ihren Weg in die Polarregionen auf vielfältige Weise. Teilweise werden sie über Luft- und Wasserwege transportiert, teilweise sind sie schon seit langer Zeit dort und verunreinigen die Umwelt seither. Bild: Heiner Kubny

Auch in der Arktis und der Antarktis steigt die Belastung durch Schadstoffe. Das Umweltbundesamt (UBA) und das Helmholtz-Zentrum Hereon veranstalteten gemeinsam den Workshop „Act now – Legacy and Emerging Contaminants in Polar Regions“. Dabei kamen am 25. und 26. Januar 2022 Expertinnen und Experten aus vier Kontinenten zusammen. Sie diskutierten über die möglichen Auswirkungen von bekannten und neuartigen Schadstoffen, die sich in Schnee, Eis und Lebewesen anreichern. Experten aus den verschiedensten Bereichen diskutierten erstmals gemeinsam drängende Probleme durch die Schadstoffbelastung in den Polargebieten. Untersuchungsprogramme und Bewertung der Auswirkungen der Schadstoffe in den Polargebieten sollen enger mit den Aktivitäten der Umweltprobenbanken verknüpft und Datenlücken geschlossen werden.

Die zunehmende Anreicherung von Schadstoffen in den Polargebieten erfordert ein stärkeres Engagement politischer und gesellschaftlicher Entscheidungsträger. Durch vielfältigste Anwendungsbereiche werden in immer größerem Maße Chemikalien produziert, die zum Teil in die Umwelt gelangen und negative Auswirkungen auch für den Menschen haben können. Wir sprechen heute auch vom „Chemischen Anthropozän“, dem Zeitalter, in dem unsere Gesellschaft, die Umwelt und die menschliche Gesundheit maßgeblich durch Chemikalien beeinflusst werden.

In zahlreichen Projekten versuchen Forscher Schadstoffe aus dem Eis von Gletschern und aus dem Schnee zu gewinnen. Bild: Anja Rutishauser, University of Alberta

Ein erheblicher Anteil der Chemikalien ist sehr langlebig und kann bis in die Arktis oder die Antarktis gelangen. Aufgrund der spezifischen Eigenschaften der Polargebiete, den dort herrschenden tiefen Temperaturen und sehr langsamen Abbauraten reichern sich Schadstoffe besonders stark in den Polgebieten an und sind auch noch viele Jahrzehnte nach ihrer Verwendung dort nachweisbar. Aufgabe der Wissenschaft ist es, wissenschaftliche Daten bereitzustellen und Maßnahmen für nachhaltige Lösungen zu entwickeln.

In Ny Ålesund auf Svalbard sitzt über der Ortschaft eine von vielen Luftmessstationen in der Arktis. Diese zeigen, dass Schadstoffe aus weit entfernten Regionen im Süden bis weit in die Arktis transportiert werden. Teilweise sind dies auch bisher unbekannte Stoffe. Bild: Michael Wenger

Expertinnen und Experten aus Amerika, Asien, Australien und Europa trafen sich am 25. und 26. Januar auf dem vom Umweltbundesamt (UBA) und dem Helmholtz-Zentrum Hereon gemeinsam veranstalteten Online-Workshop “Act now – Legacy and Emerging Contaminants in Polar Regions“. Sie thematisierten die möglichen Auswirkungen von sogenannten Altchemikalien („legacy contaminants“), deren Produktion und Anwendung bereits verboten oder nur noch in Ausnahmefällen erlaubt sind. Besonderes Augenmerk legten sie auch auf die Vielzahl neuartiger Chemikalien („emerging contaminants“), über deren Verhalten und Auswirkungen in der Umwelt wenig bekannt ist.

Der Klimawandel verändert die physikalischen Bedingungen für Schadstoffe und es werden bisher gebundene Stoffe freigesetzt, die sich dann in der Nahrungskette ansammeln, mit entsprechenden Konsequenzen von Bakterien bis Eisbären. Bild: Michael Wenger

Eine entscheidende Rolle spielt die globale Erwärmung. Mit dem Schmelzen der Gletscher und dem Auftauen von Permafrostböden werden Altchemikalien in Polargebieten freigesetzt, die bereits lange verboten sind. Diese können sich dann erneut in der Nahrungskette anreichern.

Die internationalen Expertinnen und Experten von Monitoring-Programmen, Umweltprobenbanken und Chemikaliendatenbanken diskutierten neue Forschungsansätze und Möglichkeiten einer verstärkten Kooperation, um die Chemikalienbelastung in der Arktis und Antarktis zu erforschen und zu bewerten. Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Europäischen Kommission und des Stockholmer Übereinkommens über persistente organische Schadstoffe wurden Fragen der Umweltchemikalienpolitik und deren Auswirkungen auf die Polargebiete erörtert.

Maßgebliches Ergebnis des Workshops sind Empfehlungen für zielgerichtete Forschungsaktivitäten, um dringende Fragen zu klären und mögliche zukünftige Maßnahmen zur Erhaltung eines guten Umweltzustands der Arktis und der Antarktis vorzuschlagen. Dies ist auch von besonderem Interesse für die Ende Mai 2022 durch Deutschland in Berlin ausgerichtete Antarktis-Vertragsstaatenkonferenz.

Pressemitteilung Helmholtz-Zentrum Hereon

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