Bibereffekte an Alaska-Tundra vom Weltraum aus sichtbar | Polarjournal
Eigentlich sind Biber beliebte Tiere, denn sie sehen hübsch aus und erinnern durch ihr Verhalten oft an Menschen. Doch weil sie ihren Lebensraum durch ihre Dämme sehr stark umgestalten, leidet ihre Reputation. Und auch als Neueinwanderer sind sie nicht gerne gesehen. Bild: Ken Tape

Dass immer neue Arten durch das sich verändernde Klima in die Arktis einwandern, ist hinlänglich bekannt. Auch dass sie dabei die lokalen Ökosysteme dabei verändern, ist keine neue Erkenntnis. Das gilt auch für den Nordamerikanischen Biber, der sich in Alaska immer stärker ausbreitet und dabei seinen neuen Lebensraum verändert. Doch was eine neue Studie zeigt, ist das erstaunliche Ausmass der Veränderungen und die Geschwindigkeit. Denn beide ist vom Weltraum aus sichtbar.

Mehr 11’000 durch Biber verursachte Tümpel in der Region zwischen der Seward Halbinsel und der Brooks-Bergkette sind auf Satellitenbildern sichtbar, die eine US-amerikanische Forschungsgruppe der Universität von Alaska mit Beteiligung von zwei Wissenschaftlern des Alfred-Wegener-Instituts ausgewertet haben. Hochgerechnet auf das gesamte Gebiet, das von den Autoren als arktisches Alaska definiert wird, sind es weit über 12’500 Tümpel insgesamt, die durch Biber seit Anfang der 1980er Jahre entstanden sind. Gebremst wird die Ausbreitung zurzeit nur durch die quer durch Alaska laufende Brooks Range. Die Veränderungen in der betroffenen Region, die dadurch entstanden sind, scheinen zu einem weiteren Auftauen des Permafrostes und einer Verstärkung der bereits wirkenden Klimaerwärmung zu führen, schreibt das Team in ihrer Arbeit, die in den Scientific Reports veröffentlicht wurde.

Biber waren bis in die 1980er Jahre in der arktischen Tundra von Alaska unbekannt. Doch die lokale Bevölkerung von Orten wir Kotzebue auf der Seward Halbinsel beobachteten immer häufiger auftretende Tümpel und Dämme, die von den emsigen Nagetieren im Laufe der Jahre errichtet worden waren. Deshalb gingen Dr. Ken Tape von der Universität von Alaska Fairbanks und seine Kollegen der Frage nach, wie stark und weit Biber mittlerweile die sich erwärmende Region in Beschlag genommen hatten. Dazu untersuchten sie Satelliten- und Luftbildaufnahmen seit 1949 und verglichen diese miteinander und besuchten solche Stellen auch zur Verifizierung. Dabei entdeckten sie, dass tatsächlich seit Mitte der 1970er Jahren die ersten Dämme und Tümpel auftauchten und sich dann aber in immer schnellerem Tempo über die Region ausbreiteten und in Richtung Brooks-Bergkette gingen. «Alles was sie machen mussten, war Strom abwärts zu schwimmen», erklärt Ken Tape in einem Interview mit der Plattform Business Insider. Vor allem zwischen 2000 und 2019 verdoppelte sich die Zahl der Biber-induzierten Tümpel und Seen, die teilweise mehrere Hektare umfassen.

Biber bauen Dämme, um ihre Burgen mitten in den entstehenden Tümpel bauen zu können und so vor Räubern geschützt ihre Jungen aufziehen zu können. Viele der von Ken Tape und seinen Kollegen entdeckten Seen sind mittlerweile permanent geblieben und tauen so den darunterliegenden Permafrost wahrscheinlich schneller auf. Bild: Ken Tape

Das Forschungsteam entdeckte auch, dass viele der Tümpel und Seen in der Landschaft blieben und damit das Gesicht der Region langfristig verändern und wahrscheinlich auch die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf den Permafrostboden verstärken werden. Denn die Seen und Tümpel mit ihren dunklen Wasserflächen nehmen viel mehr Sonnenwärme auf und leiten diese auf den Grund, wo sie den Permafrost abschmelzen lässt. Zusätzlich verändern die Tümpel die Hydrologie der Region, indem abfliessendes Wasser die Wärme weiter transportiert, beeinflussen die Lebensumständen von Pflanzen und anderen Tierarten wie Fische, Insekten und Säugetiere und könnten auch einen Einfluss auf die meteorologischen Bedingungen in der Region haben. Die Liste neuer Fragen, die sich aus den Ergebnissen der Studie von Dr. Ken Tape und seinen Kollegen ergibt, ist lang. Für Tape und das Team sind die Tiere neben stärkeren Buschfeuern, Überflutungen und aufbrechende Permafrostböden eine weitere neue Störung, die durch den Klimawandel in die arktische Region Alaskas gelangt ist, und zwar auf lange Sicht. «Wenn man die Arktis so mochte, wie sie einst war, sind Biber schlecht dafür», sagt Ken Tape. «Wenn man aber diese neue Arktis akzeptiert, sind Biber tatsächlich die neuen Champions.»

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Link zur Studie: Tape, K.D. et al. Expanding beaver pond distribution in Arctic Alaska, 1949 to 2019. Sci Rep 12, 7123 (2022). https://doi.org/10.1038/s41598-022-09330-6

Beitragsbild: Nordamerikanischer Biber in Kanada, Bild: Wikicommons CC BY-SA 3.0

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