Kaiserpinguine gehen düsteren Zeiten entgegen | Polarjournal
Der Klimawandel hat schon jetzt dramatische Auswirkungen auf einige Kaiserpinguinkolonien. In der Bellingshausensee, wo in der vergangenen Brutsaison das Meereis aufbrach, bevor die Küken ihr wasserdichtes Gefieder entwickeln konnten, erlitten vier Kolonien einen totalen Brutausfall. Foto: Michael Wenger

Auf lange Sicht wird es der Klimawandel den Kaiserpinguinen sehr schwer machen, einen geeigneten Standort zum Brüten zu finden. Allerdings sind sie bei der Platzwahl flexibler als bisher angenommen, wie eine neue Studie zeigt.

Sie halten während ihrer Brutzeit im antarktischen Winter die extremsten Bedingungen aus, die es auf unserem Planeten gibt, und stellen entsprechend hohe Ansprüche an ihren Lebensraum. Die wichtigste Komponente ist Festeis als Plattform während der Brutzeit — küstennahes Meereis, das mit dem Kontinent oder mit dem Schelfeis verbunden ist. Das Festeis jedoch wird mit zunehmender Erwärmung kein verlässlicher Lebensraum mehr sein. Düstere Aussichten für die ikonischen Kaiserpinguine. Prognosen gehen davon aus, dass bis Ende des Jahrhunderts mehr als 90 Prozent der Kaiserpinguinkolonien aussterben könnten.

Ein internationales Forschungsteam aus Frankreich, den USA, Kanada, Neuseeland und Australien zeigt jetzt in seiner neuen interdisziplinären Studie, dass zumindest einige dieser einzigartigen Seevögel unter gewissen Bedingungen und in bestimmten antarktischen Regionen für ein paar Jahrzehnte überleben könnten. 

Dafür ist die reine Existenz von Festeis jedoch nicht ausreichend. Dieses muss gewisse Merkmale aufweisen: Die Kaiserpinguine benötigen eine stabile, ausreichend große Festeisplattform, die die gesamte Brutsaison überdauert und dessen Kante nah genug am offenen Wasser liegt zur Nahrungsbeschaffung. Die Beständigkeit des Festeises ist von besonderer Bedeutung, damit die Küken ausreichend Zeit haben, ihre wasserfesten Schwimmfedern auszubilden. Darüberhinaus müssen weitere Faktoren für einen guten Lebensraum für Kaiserpinguine erfüllt sein, wie das Team feststellte. 

«Es hat sich herausgestellt, dass die wichtigsten Merkmale, die den wünschenswertesten Lebensraum für Kaiserpinguine definieren, eine Kombination aus physikalischen und biologischen Variablen sind – Beständigkeit des Festeises, seine jahreszeitliche Amplitude, wie stark es aufbricht und sich neu bildet, wann es sich bildet, wann es schmilzt, die Topographie des Meeresbodens und wie nah sie an Adélie-Pinguinen oder anderen Nahrungskonkurrenten liegen», sagt Dr. Sara Labrousse, Forscherin am Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) in Frankreich und Hauptautorin der Studie, in einer Pressemitteilung des Australian Antarctic Program Partnership.

Kaiserpinguine sind standorttreu und kehren immer wieder zu ihren Brutkolonien zurück, wären aber vermutlich in der Lage nach geeigneteren Lebensräumen zu suchen, falls sich die Bedingungen verschlechtern sollten. Foto: Heiner Kubny

In der Fachzeitschrift Science Advances vom 29. September beschreiben die Forschenden aber auch, dass Kaiserpinguine flexibel sind was die Wahl ihres Lebensraums betrifft. Zu diesem Schluss kamen sie nach einem Vergleich der Lebensräume, die die 55 Kolonien in der Antarktis nutzen. Diese unterscheiden sich in ihren Umweltbedingungen deutlich, sodass das Team fünf geographische Lebensraumtypen identifizieren konnte. Innerhalb dieser verschiedenen Regionen waren die Unterschiede zwischen den einzelnen Standorten der Kolonien hingegen gering.

Von den fünf identifizierten Lebensraumtypen scheinen vier mit den vier verschiedenen genetischen Metapopulationen der Kaiserpinguine – Weddellmeer, Mawson, Rossmeer und Ostantarktis – übereinzustimmen, die zuvor erkannt worden waren, heißt es in der Pressemitteilung.

Für das Autorenteam birgt diese Erkenntnis Hoffnung, denn sie deutet daraufhin, dass Kaiserpinguine bei sich ändernden Meereisbedingungen möglicherweise in der Lage sind, auf andere Standorte auszuweichen, wenn es nötig sein sollte. «Frühere Forschungen haben jedoch bereits gezeigt, dass die Fähigkeit der Kaiserpinguine zur Ausbreitung und zur Suche nach geeigneteren klimatischen Zufluchtsorten begrenzt ist, und dies wird durch die in unserer Studie gezeigte genetische Aufteilung [innerhalb der Populationen, Anm. d. Red.] zwischen den antarktischen Regionen bestätigt», erklärt Dr. Labrousse.

Die aktuelle Studie hat jedoch die Nahrungsverfügbarkeit für die Kaiserpinguine nicht mit einbezogen, die möglicherweise ebenfalls einen Einfluss auf die Wahl ihres Lebensraums hat. Mit dem Schwinden des Meereises könnten in Zukunft die Fischereiaktivitäten zunehmen aufgrund sich neu eröffnender Gebiete, womit die Konkurrenz zwischen Krillfischerei und Pinguinen steigen könnte.

Die Forschenden stützten sich in ihrer Studie erstmals auf hochauflösende Satellitenbilder, die sie mit Land-Eis-Metriken sowie geografischen und biologischen Faktoren kombinierten, um die gleichmäßig über die Antarktis verteilten Lebensräume der Kaiserpinguine zu untersuchen.

Sie sehen eine Zukunft für diese einzigartigen Vögel, wenn es gelingt, mit der Einrichtung von Schutzgebieten genügend Lebensraum zu bewahren und durch die drastische Reduktion von Treibhausgasemissionen die Meereisschmelze zu verlangsamen. 

Julia Hager, PolarJournal

Link zur Studie: Sara Labrousse et al., Where to live? Landfast sea ice shapes emperor penguin habitat around Antarctica. Sci. Adv. 9, eadg8340 (2023). DOI:10.1126/sciadv.adg8340

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