Ocean Warrior Foundation Expeditions ein voller Erfolg | Polarjournal
Ein glückliches Expeditionsteam nach einer erfolgreichen Reise. Foto: Ocean Warrior

Die beiden zehntägigen «Foundation Expeditions» des Ocean Warrior-Projekts führten im September in den Nordosten Svalbards und verliefen auf ganzer Linie erfolgreich. Mit ihnen wurde der Grundstein gelegt für ein Jahrzehnt der Klimaforschung in bisher kaum oder gar nicht erforschten Regionen in der Arktis.

«Es hat perfekt funktioniert. Ich hätte nicht glücklicher sein können am Ende der Expeditionen. Ich denke, wir haben unsere Ziele in den ersten zehn Tagen erreicht», erzählt uns Jim McNeill, Expeditionsleiter und Gründer des Ocean Warrior-Projekts, im Interview kurz nach seiner Rückkehr. «Wir erhielten enorme Unterstützung. Ich habe “Ocean Warrior” erst im Januar gestartet. Die Welle des Interesses ist einfach fantastisch. Es wurde auf dem Fundament von “Ice Warrior” aufgebaut, das seit 22 Jahren läuft, das hat vielleicht geholfen. Ich wusste, was ich wollte und was funktionierte, aber ich war wie ein Fisch auf dem Trockenen. Es ist ein völlig neuer Bereich für mich.»

Das Ziel der beiden Expeditionen war es, die S/V Linden — Europas größter Holzschooner — genau kennenzulernen, sie in Aktion zu erleben, gemeinsam mit den Wissenschaftlern zu entscheiden, wie das Schiff konfiguriert werden soll, welche Instrumente installiert und welche Parameter Jahr für Jahr gemessen werden sollen. 

Außerdem war es wichtig zu erfahren, ob sich die teilnehmenden (Bürger-) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Bord wohlfühlen und mit allem zurechtkommen und ob die abwechselnden Wachen funktionieren. «Wir haben all dies durchgespielt und ich bin sehr zufrieden. Wir sind jetzt in einer Position, in der wir die Dinge vorantreiben können», so Jim McNeill. 

Auf der S/V Linden dürfen und sollen alle Crewmitglieder mit anpacken. Foto: Ocean Warrior

Mit an Bord waren zwölf bzw. zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter Wissenschaftler, Bürgerwissenschaftler, Journalisten, Fotografen, Naturforscher und Naturfilmproduzenten, die von der zehnköpfigen professionellen Crew nicht nur bestens versorgt, sondern auch im Segeln auf dem Dreimaster perfekt geschult wurden. Selbst der mit 76 Jahren älteste Teilnehmer kletterte in die Takelage und setzte Segel. 

Die wissenschaftliche Beratung übernahm Prof. Icarus Allen, CEO des Plymouth Marine Laboratory, der maßgeblich daran beteiligt war, das Schiff für die zukünftigen wissenschaftlichen Aktivitäten vorzubereiten. Und Ian McCarthy, Naturforscher und -filmer  bei der BBC, brachte den Teilnehmern die arktische Tierwelt näher. Unter anderem konnten sie zahlreiche Robben, zwei Eisbären, unzählige Seevögel und etwa 60 Walrosse beobachten.

Jim McNeill, Expeditionsleiter und Gründer von Ocean Warrior (links), und Prof. Icarus Allen, CEO des Plymouth Marine Laboratory. Foto: Ocean Warrior

Auch über die professionelle, überwiegend dänische Crew kam Jim McNeill ins Schwärmen. Neben den beiden in wissenschaftlichen Vermessungen sehr erfahrenen Kapitänen, war er insbesondere von den jungen Seglern beeindruckt, die gerade die Segelschule abgeschlossen hatten und für die diese Expeditionen die ersten richtigen Reisen waren.

Neben den vielen positiven Erfahrungen erzählte Jim McNeill leider auch Schockierendes: Die S/V Linden passierte eine Stelle mit 200 bis 250 verendeten Vögeln (Lummen und Schmarotzerraubmöwen), die sehr wahrscheinlich der Vogelgrippe zum Opfer gefallen waren und auf der Wasseroberfläche trieben. Hinzu kommt die für diese abgelegene Region unvorstellbare Menge an angespültem Plastikmüll, der viele Strände Svalbards säumt. 

Größer ist die neue CTD-Sonde nicht, die per App gesteuert wird. Foto: Ocean Warrior

Den kommenden Winter über wird die S/V Linden weiter ausgestattet, unter anderem mit Laboratorien und wissenschaftlichen Instrumenten. Während der Expeditionen testete das Team bereits eine brandneue, handliche CTD-Sonde von Valeport, die es erlaubt, die gesammelten Daten zu Salzgehalt, Temperatur, Tiefe und sogar Chlorophyll bequem per App herunterzuladen. Für das kommende Jahr steht zusätzliches außerordentlich nützliches Equipment, wie ein eDNA-Probenahmegerät und ein automatisches Mini-U-Boot, das in verschiedenen Tiefen selbständig Proben nimmt, schon in den Startlöchern. 

Die eigentliche Forschungsarbeit beginnt Mitte Juni nächsten Jahres mit der ersten «Resolute Expedition», die die S/V Linden von Longyearbyen zunächst in das Vereinigte Königreich führt, um Wissenschaftler und Ausrüstung an Bord zu nehmen. Von dort aus geht es in acht Fahrtabschnitten über Island um die Südspitze von Grönland, entlang Baffin Island bis in den Lancaster Sound nach Resolute Bay in der kanadischen Arktis. So sollen über zehn Jahre etwa 10’000 Seemeilen jährlich zurückgelegt und unzählige Proben gesammelt werden.

«Es geht darum, den Finger auf den Puls des Planeten zu legen», betont Jim McNeill. «Und einige der Gebiete, die wir auf unserer Route ab nächstem Jahr ansteuern werden, sind sehr wenig oder gar nicht erforscht. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Eine Datenaufnahme über zehn Jahre wird aufdecken, was in diesen Regionen passiert.»

Ihm ist besonders wichtig, dass die gesammelten Daten und gewonnenen Erkenntnisse, anders als bei klassischen Forschungsexpeditionen, auf möglichst direktem Weg bei den «normalen» Menschen, zum Beispiel auch in Schulklassen ankommen. «Bei Ocean Warrior dreht sich alles um die Wissenschaft, die unmittelbar sichtbar gemacht werden soll, anstatt auf die Überprüfung durch Fachkollegen und die Veröffentlichung zu warten. […] Das ist die Unmittelbarkeit, die wir heutzutage brauchen.» Dafür plant er für das nächste Jahr die Einrichtung einer Breitbandinternetverbindung auf der S/V Linden, um fast live von den Expeditionen  berichten zu können.

Die kommenden Monate wird der Polarforscher zudem damit verbringen, weitere Sponsoren zu gewinnen, aber auch Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler anzuwerben, die an den bevorstehenden Expeditionen teilnehmen möchten. Selbst wer nicht in der Lage ist, die finanziellen Mittel für eine solche Reise aufzubringen, hat gute Chancen, dennoch einen Platz zu ergattern, da Jim McNeill Interessierten erfolgreich beibringt, Sponsoren und Förderer zu finden.

Auf die Frage, was denn nicht geklappt hat — auf Expeditionen, gerade bei Premieren, geht ja meistens etwas schief — antwortete er, dass er, anders als befürchtet, nicht seekrank geworden ist. Also durch und durch ein gelungener Auftakt für die nächsten zehn Jahre Klimaforschung mit Bürgerbeteiligung in der Arktis.

Seit 1. Oktober veröffentlicht Jim McNeill täglich seine Erfahrungen und Erlebnisse, die er während der beiden Expeditionen sammelte, in einem englischsprachigen Blog auf der Ocean Warrior-Webseite.

Julia Hager, PolarJournal

Link zu Ocean Warrior: https://www.warrior-ocean.com/

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