Mit Grimsson-Stipendium ins Präsidentenhaus nahe am Polarkreis | Polarjournal
Ísafjörður existiert schon seit dem 9. Jahrhundert und ist heute eine aufstrebende Gemeinde, die neben Tourismus und Fischerei auch eine wichtige Biotechfirma beheimatet. Hier können die Gewinnerinnen und Gewinner des Grímsson-Stipendiums wirken und ihre Arbeiten umsetzen. Bild: Störlast Wiki Commons CC BY-SA 4.0

Forschungsarbeiten in der Arktis sind immer eine logistische Herausforderung, die auch nicht billig ist. Darum sind Forschende besonders über Stipendien froh, die ihnen einen längeren Aufenthalt ermöglichen. Ein solches Stipendium vergibt das Ólafur Ragnar Grímsson Center, wobei das Besondere daran ist, dass man im Geburtshaus eines ehemaligen Präsidenten lebt.

Das im November 2022 gestartete Grímsson-Stipendium des Centers erlaubt den Gewinnern einen zwei bis sechs wöchigen Aufenthalt in Ísafjörður, dem Hauptort der isländischen Westfjorden. Dort können sie ihre Arbeiten zu Themen wie Klimawandel, Umwelt, Gesundheit, Nachhaltigkeit, Sozial- und Naturwissenschaften durchführen. Auch Geschichte oder Kunst und Literatur sind als Themen gefragt. Das Stipendium deckt auch die Reisekosten und einen Teil der Lebenskosten in der Zeit ab. Das Programm des Centers steht nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern offen, sondern richtet sich auch an Kunstschaffende, Autorinnen und Autoren, Expertinnen und Experten zu den Themen jeglicher Nationalität. Das Ziel ist es, die Zusammenarbeit, der Wissensaustausch und der Aufbau eines Beziehungsnetzwerkes zwischen isländischen Gemeinden und internationalen Gemeinschaften.

Forschungsarbeiten und Schreiben in einem anderen Land ist normalerweise oft mit einem Aufenthalt in einem Hotel, einem B&B oder sogar in einem Zelt verbunden. Das Stipendium des Ólafur Ragnar Grímsson Centers erlaubt es aber den Gewinnerinnen und Gewinnern, den mehrwöchigen Aufenthalt im Geburtshaus des Center-Gründers und ehemaligen Präsidenten Ólafur Ragnar Grímsson zu verbringen. Ein Teil des blauen Hauses mitten in Ísafjörður wurde zu diesem Zweck extra in ein Gästehaus umgewandelt. Den Stipendiaten stehen so rund 140 Quadratmeter mit Küche, Wohn- und mehreren Schlafzimmern auf drei Stockwerken zur Verfügung. Die Grösse des Hauses und die Tatsache, dass vom Stipendium auch ein Teil der Lebenskosten abgedeckt werden, erlaubt es den Stipendiaten, auch ihre Familien mitzubringen.

Das Haus wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Norwegern gebaut und 1930 von Grímssons Vater Grímur Kristgeirsson nach Ísafjörður verschoben. Hier wurde dann 1943 der spätere Präsident von Island, Ólafur Ragnar Grímsson, geboren und hier verbrachte er auch seine Kindheit. Er gilt als eine der populärsten Präsidenten Islands, regierte von 1996 bis 2016 und ist auch heute noch ein gefragter Diplomat, der mit der Gründung des Arctic Circle und des Centers 2021 die internationale Zusammenarbeit zwischen verschiedensten Interessenvertretern in der Arktis fördern will.

Die Ortschaft Ísafjörður selbst ist schon seit dem 9. Jahrhundert bekannt und war zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als Grímssons Vater hierherkam, ein Fischereizentrum. Heute gehört der rund 3’900 Einwohner zählende Hauptort der Westfjorde zu einem beliebten Touristenziel. Fischerei spielt wieder eine wichtigere Rolle, besonders da die hier ansässige Biotechfirma Kerecis aus Fischhaut biomedizinische Produkte herstellt.

Auch die Bibliothek, die im ehemaligen Krankenhaus von Ísafjörður untergebracht ist, steht den Gewinnerinnen und Gewinnern zur Verfügung. Ausserdem können sie an der lokalen Universität arbeiten. Bild: Smiley Tourist Wiki Commons CC BY-SA 4.0

Neben der Tatsache, dass man in diesem historischen Haus lebt und arbeitet, steht den Gewinnerinnen und Gewinnern auch der freie Zugang zur Bibliothek und die Zusammenarbeit mit der Universität der Westfjorde in Ísafjörður zur Verfügung. Die einzige Bedingung, die an das Stipendium geknüpft ist, soll die Teilnahme an einem Seminar, eine Dialogrunde oder eine Gastvorlesung and der hiesigen Universität oder einer anderen in Island sein. Zu den Förderern des Stipendiums gehören neben dem Center auch die Universitäten von Reykjavik, Akureyri und Island und die in Ísafjörður beheimatete Biotech-Firma Kerecis an. Die Stipendien für dieses Jahr und die Jahre 2024 und 2025 sind bereits vergeben. Für 2025 und 2026 wird Anfang nächstes Jahr der Aufruf gestartet.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

Link zur Webseite für das Grímsson-Stipendium

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