Longyearbyen macht Schluss mit der Kohle | Polarjournal
Aus dem Schornstein des letzten norwegischen Kohlekraftwerks kommt seit gestern kein Rauch mehr. Foto: Marcel Schütz

Es ist aus mit der Kohle: Vor etwas mehr als 24 Stunden ist in Longyearbyen eine Ära zu Ende gegangen. Über Jahrzehnte lieferte das Kraftwerk Strom und Wärme aus Svalbards eigener Kohle. Mit dem Wechsel auf Diesel halbieren sich die CO2-Emissionen.

Zeitgemäß war die Kohle-basierte Energieerzeugung in Longyearbyen schon lange nicht mehr und Umweltschützer forderten diesen Schritt seit Jahren. Gestern war es dann endlich so weit: Um 10:20 Uhr schalteten Hugo Olsen und Odd Jostein Sylte von Svalbard Energi per Knopfdruck Norwegens letztes Kohlekraftwerk ab. Seitdem kommt der größte Teil der Energie von Dieselgeneratoren. 

Man ist sich darüber im Klaren, dass Diesel nur wenig klimafreundlicher ist und nur eine Zwischenlösung sein kann auf dem Weg hin zur vollständig erneuerbaren Energieversorgung. Aber immerhin werden durch den Wechsel ungefähr 35.000 Tonnen Kohlendioxidemissionen pro Jahr vermieden — das Kohlekraftwerk hat jedes Jahr etwa die doppelte Menge CO2 ausgestoßen.

Svalbard Energi ist überzeugt, dass Diesel die Energieversorgung auch an den kältesten Tagen sicherstellen wird. Dennoch wird das Kohlekraftwerk für ein Jahr als Backup bestehen bleiben.

Die rund 2.600 Einwohner von Longyearbyen könnten die Umstellung auf Diesel laut Guttorm Nygård, dem Geschäftsführer von Svalbard Energi, vor allem in ihrem Geldbeutel spüren. Er sagte gegenüber NRK, dass es in Bezug auf den Dieselpreis eine große Unsicherheit gebe, die größtenteils auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen ist und weiter verschärft wird durch den Krieg im Nahen Osten. 

Das Denkmal in Longyearbyens Fußgängerzone wird noch lange an die über 100-jährige Kohlebergbaugeschichte erinnern. Auf den umliegenden Gebäuden werden unterdessen schrittweise Solarpaneele installiert. Foto: Julia Hager

Die norwegische Regierung will die Treibhausgasemissionen in den nächsten Jahren weiter reduzieren und strebt eine zu 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung an. Die Umstellung ist auch in vollem Gange und auf vielen Gebäuden sind bereits Solarpaneele installiert. Windkraftanlagen liefern ebenfalls schon Strom für die nördlichste Gemeinde auf dem 78. nördlichen Breitengrad. Um das Ziel zu erreichen, werden sicher auch Biomasse und Geothermie eine Rolle spielen ebenso wie riesige Batteriespeicher.  

Terje Aunevik, der neu gewählte Gemeinderatsvorsitzende von Longyearbyen, richtet seinen Blick ebenfalls auf die Zukunft und will den Ausbau der erneuerbaren Energien nun schrittweise beschleunigen.

Seit 1983 lieferte das abgeschaltete Kohlekraftwerk Energie für Longyearbyen. Sein Vorgänger war ab 1920 in Betrieb. Die Abschaltung bedeutet auch das baldige Ende der über 100-jährigen Kohlebergbaugeschichte. Bis zuletzt stammte die Kohle aus der einzigen verbliebenen norwegischen Mine «Gruve 7». Auf Svalbard gibt es nur noch in Barentsburg Minen, die von Russland betrieben werden.

Julia Hager, PolarJournal

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