Der polare Rückblick – Globaler Zusammenhang arktischer Ereignisse | Polarjournal
Der “polare Rückblick” fasst Geschehnisse rund um die Arktis und Antarktis in der Woche zuvor etwas zusammen und stellt einen oder mehrere bestimmte polare Aspekte ins Zentrum. Dieses Mal stehen arktische Ereignisse und ihre globalen Zusammenhänge im Fokus.

Wir liefern täglich Informationen über die Arktis und Antarktis, die oft miteinander direkt oder indirekt zusammenhängen. Dabei kann es passieren, dass der Überblick etwas verloren geht aufgrund der Informationsmenge. Deswegen liefern wir nun jeden Montagmorgen den «polaren Rückblick» und fassen hier die Geschehnisse rund um die Polarregionen der Woche zuvor etwas zusammen und stellen dabei einen oder auch mehrere bestimmte Aspekte ins Zentrum.

Ab sofort weht eine neue Flagge vor dem Nato-Hauptquartier. Mit Schweden als 32. Mitglied der Nato ist eine weitere arktische Nation dem nordatlantischen Verteidigungsbündnis beigetreten. Das könnte sich auch auf den Arktisrat auswirken. Foto: Nato

Letzte Woche stand die Arktis einmal mehr im Zentrum des medialen Interesses. Global gesehen sorgte vor allem der Beitritt Schwedens, einer arktischen Nation, zur Nato für Schlagzeilen. Ein weiteres Mitglied des Arktisrates trat nun offiziell dem nordatlantischen Verteidigungsbündnis bei und erhöht die Zahl der arktischen Nato-Mitglieder auf sieben. Russland, dass sich nach offizieller Darstellung des Kremls von der Nato bedroht fühlt, dürfte dieser Beitritt nicht gefallen. Denn damit sitzen auch im Arktisrat, dem wichtigsten Gremium für arktische Belange, sieben Nato-Mitglieder Russland gegenüber. Offiziell hängen die beiden Organisationen zwar nicht zusammen, doch politisch gesehen ist das Ganze trotzdem brisant.

Nach langen Verhandlungen haben sich die Arktisratsstaaten darauf geeinigt, dass auf der Ebene der Arbeitsgruppen der Dialog zwischen Russland und den übrigen Staaten wieder aufgenommen werden soll und so direkte Treffen auf virtueller Ebene wieder möglich werden, um Projekte voranzubringen. Foto: Arctic Council

Fast gleichzeitig zum Beitritt des Arktisratsmitgliedes Schweden zur Nato erklärte der Arktisrat, dass man sich auf die Wiederaufnahme von virtuellen Treffen innerhalb der Arbeitsgruppen des Rates geeinigt habe. Damit soll de facto ein verbessertes Funktionieren des Rates und seiner Projekte wieder erreicht werden. Gleichzeitig bleibt aber der Rat nicht wirklich beschlussfähig, denn auf der höchsten politischen Ebene herrscht immer noch Eiszeit, die mit dem Nato-Beitritt Schwedens kein Auftauen erleben dürfte.

Kommt dazu, dass seit letztem Donnerstag in Nordnorwegen, also direkt vor der Haustüre Russlands, die Nato mit ihrer Grossübung «Nordic Response 2024» den Ernstfall eines kombinierten Angriffs auf einen Nato-Partner unter arktischen Bedingungen probt. Diese Übung ist nur eine von vielen, die im Rahmen der Serie «Steadfast Defender» von der Nato in Teilen von Europa durchgeführt werden. Expertinnen und Experten sehen darin eine klare Botschaft an Russland, welches in den letzten Wochen und Monaten selbst mehrere Manöver in seinem arktischen Territorium durchgeführt hatte. Wie erwähnt, dürfte all dies die Arbeit des Arktisrates auf den höheren Ebenen nicht gerade begünstigen.

Der Klimawandel sorgt für stärkere und häufigere meteorologische Extremereignisse, die aber dank neuen Forschungsergebnissen besser vorhergesagt werden können. Doch für die Bevölkerung müssen Massnahmen zum Schutz beschlossen werden. Und mit einem blockierten Arktisrat wird dies sehr schwierig. Foto: Michael Wenger

Gerade für die Bevölkerung der arktischen Regionen, immerhin rund vier Millionen Menschen, wäre aber ein funktionierender Rat wichtig. Denn dort können koordinierte Massnahmen beschlossen werden, um die Auswirkungen des Klimawandels in den Regionen abzufedern. Zu diesen zählen auch extreme Wettereignisse wie die grossen Temperaturschwankungen, die rund um die Arktis zurzeit gemessen werden oder die massiven Schneemengen, die in einigen Teilen der Arktis für Schäden an der Infrastruktur sorgen.

Eine bessere Koordinierung der Forschungen und ihrer Ergebnisse, die in den Arbeitsgruppen des Rates vorgenommen wird, kommt auch uns weiter im Süden lebenden Menschen zugute. Denn die extremen Wetterereignisse, die wir auch hier erleben, finden ihren Ursprung teilweise in den arktischen Regionen und dem Abschmelzen des Meereises. Versteht man die Abläufe dort, können Modelle die Vorhersagen für Extremereignisse verbessern und so Schutzmassnahmen ergriffen werden, die eine Reduktion der Schäden und der Opferzahlen zur Folge haben könnten.

Das wiederum wirkt sich auch positiv auf die Wirtschaft aus, sowohl bei uns wie auch in der Arktis. Eine Studie zeigte vor kurzem, wie hoch der wirtschaftliche Nutzen der Antarktis ist. Da dürfte es klar sein, dass für die Arktis ebenfalls ein hoher ökonomischer Wert besteht. Investitionen liefern dann nicht nur einen wirtschaftlichen Mehrwert für Firmen und Investoren, sondern sorgen auch dank moderner Infrastruktur für bessere Lebensbedingungen und ermöglichen besonders Ureinwohnern neue Perspektiven, ihre traditionellen Lebensweisen mit der Moderne zu verbinden und gleichzeitig ihr Jahrtausende altes Wissen und ihre Kultur einzubringen, um die Veränderungen zu bewältigen.

Letzte Woche zeigt also sehr schön, dass die zahlreichen Informationen und Artikel, die bei uns und all den anderen Plattformen erschienen sind, nicht nur einzelne Ereignisse darstellen, sondern durchaus miteinander im Zusammenhang stehen und eine ganze Geschichte erzählen.

Dr. Michael Wenger, Polar Journal

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